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Die Latino-Bevölkerung, die sich zu den Demokraten hingezogen fühlt, wächst.

© REUTERS/Edgard Garrido/File Photo

Erstmals seit 1996 gewinnen wieder Demokraten: Wie Joe Biden in Arizona die blaue Wende schaffen konnte

In Arizona ist eingetreten, worauf die Demokraten jahrelang gewartet haben: Die elf Wahlleute gehen an sie. Drei Faktoren waren dafür entscheidend.

Es war der Moment, als sich in der Wahlkrimi-Nacht abzeichnete, dass Joe Biden es doch geschafft haben könnte: als der Sender Fox News den Demokraten zum Sieger im traditionell konservativen Bundesstaat Arizona ausrief. Die Nachrichtenagentur AP folgte, unter anderem der Sender CNN hielt das Rennen dort allerdings noch nicht für entschieden.

US-Präsident Donald Trump tobte, dass ausgerechnet sein einstiger Lieblingssender vorgeprescht war, aber Fox News blieb dabei: Am 3. November hatte erstmals seit Bill Clinton im Jahr 1996 in Arizona bei einer Präsidentschaftswahl wieder ein Demokrat gesiegt. Die „blaue Wende“, auf die seit Jahren gewartet worden war, war eingetreten.

Auch CNN sieht Arizona nun als entschieden an

Am Donnerstagabend zogen auch CNN, NBS, CBS und ABC nach und schlugen Biden die elf Wahlleutestimmen zu – mit einem knappen Vorsprung von rund 11.000 Stimmen. Am Freitagabend sprachen sie Biden auch den US-Bundesstaat Georgia zu.

Damit baut der 77-Jährige seinen Vorsprung auf den Amtsinhaber aus. Er kommt nun auf 306 Stimmen in dem Wahlkollegium, das den neuen Präsidenten am 14. Dezember offiziell wählt, und liegt noch deutlicher über der für einen Sieg nötigen Mehrheit von mindestens 270 Stimmen. Damit gilt als sicher, dass er am 20. Januar 2021 als 46. Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt wird.

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Trump spricht weiter von „Wahlbetrug“

Trump erkennt Bidens Sieg allerdings immer noch nicht an, behauptet, ihm solle die Wahl „gestohlen“ werden, und untersagt seinen Regierungsmitarbeitern die eigentlich für diesen Zeitpunkt vorgesehene Zusammenarbeit mit Bidens Übergangsteam. Seine Anwälte reichten in diversen Bundesstaaten Klagen gegen das Ergebnis der Abstimmung ein, bisher ohne Erfolg. Belege für Wahlbetrug im großen Stil liegen in keinem der 50 Bundesstaaten vor.

Am Donnerstag teilte sogar das Heimatschutzministerium in einer gemeinsamen Erklärung mit den Vereinigungen der Wahlleiter der Bundesstaaten mit: „Es gibt keine Belege dafür, dass ein Abstimmungssystem Stimmen gelöscht oder verändert hätte – oder auf irgendwelche Weise kompromittiert worden wäre.“ Bei der Wahl am vergangenen Dienstag habe es sich um „die sicherste der amerikanischen Geschichte“ gehandelt. Trump ignoriert das.

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Dass in Arizona nicht nur Biden gewonnen hat, sondern auch der demokratische Kandidat für den Senat, Mark Kelly – nach Kyrsten Sinema 2018 –, zeigt, wie sehr sich der Grand-Canyon-Staat in den vergangenen Jahren verändert hat. Beide Senatoren, die Arizona in Washington vertreten, gehören nun den Demokraten an.

Der Bundesstaat verändert sich

Dass das möglich war, geht vor allem auf drei Faktoren zurück: auf die wachsende Latino-Bevölkerung, die hier stärker als in Florida den Demokraten zuneigt, den Zuzug aus liberaleren Staaten wie Kalifornien in das steuerlich deutlich günstigere Arizona sowie auf die zunehmende Zahl von Wählern im Speckgürtel von Städten wie Phoenix, die eine von Trump geführte Republikanische Partei ablehnen.

Die heutige Republikanische Partei hat in den Augen vieler nicht mehr viel mit der gemein, die in Arizona mit Politikern wie den verstorbenen Senatoren und einstigen Präsidentschaftsbewerbern Barry Goldwater und John McCain verbunden wird.

Die Latinos in Arizona haben zum Sieg von Joe Biden beigetragen.

© Edgard Garrido/REUTERS

So gilt die Tatsache, dass sich McCains Witwe Cindy McCain kurz vor der Wahl für Joe Biden aussprach, auch als einer der Faktoren, die den Demokraten über die Ziellinie halfen. Arizonas Ex-Senator Jeff Flake, der 2018 wegen Trump nicht mehr angetreten war, gehört auch zu den wenigen Republikanern, die den Wahlsieg Bidens bisher anerkannt haben.

Am Samstag demonstrieren Trump-Anhänger in Washington

Die meisten anderen Parteivertreter unterstützen die falschen Behauptungen des Noch-Amtsinhabers oder schweigen – aus Angst vor der Basis. Trump hatte seit Wochen darauf hingearbeitet, seine sich abzeichnende Niederlage als Wahlbetrug darzustellen. So hatte er die wegen der Corona-Pandemie extrem ausgeweitete Briefwahl als manipulationsanfällig bezeichnet, ohne dafür Belege zu haben.

Inzwischen zeigen sich Umfragen zufolge mehr als drei Viertel seiner Anhänger überzeugt davon, dass in Wahrheit Trump gewonnen habe – eine gefährliche Situation. An diesem Samstag werden viele seiner Fans, darunter auch rechtsextreme Milizen, zu Protesten in der Hauptstadt Washington erwartet. Auch Gegendemonstranten haben sich angekündigt.

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