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Wirecard verdirbt die Schmunzellaune: Olaf Scholz sieht sich vielen Fragen zu seiner Rolle in der Affäre um den Pleitekonzern ausgesetzt (Archivfoto).

© F. Bensch, Reuters

Wirecard erreicht den Finanzminister: Wie die Dax-Konzern-Pleite zum Risiko für Olaf Scholz wird

Was hat Olaf Scholz wann gewusst? Der Wirecard-Skandal könnte den Ruf des Finanzministers stark beschädigen. Dabei lief es gerade gut für ihn. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Es lief doch gerade so schön, und zwar auf ihn zu: Olaf Scholz. Der, ziemlich schmachvoll geschlagener Anwärter auf den SPD-Bundesvorsitz, hatte cool auf seine übrigen Ämter gesetzt, das des Finanzministers und Vizekanzlers, um sich darin als Kanzlerkandidat der Partei zu profilieren. Und jetzt kommt ausgerechnet aus dieser Ecke der Wirecard-Skandal.

Mögen sich seine Gefolgsleute gegenwärtig auch alle Mühe geben, Scholz aus der Schusslinie zu bringen – gefährlich ist das Ganze für ihn trotzdem.

Gar nicht gut nämlich wirkt, dass der Minister so früh eine Warnung erhielt, im Februar 2019. Und was ist dann genau geschehen? Ja, dafür gibt es Staatssekretäre, die haben auch Aufgaben, und die von Jörg Kukies war, der Sache auf den Grund zu geben, bei der Bafin, bei Wirecard. Grünen-Chef Robert Habeck wirft aber dem Minister vor, „trotz aller Warnsignale“ zu spät gehandelt zu haben. Einen Untersuchungsausschuss schließt er nicht aus. Womit der Fall hochpolitisch wird.

Erstens sind die Grünen einer der Koalitionspartner, mit denen Scholz, wenn überhaupt, nicht nur Kandidat, sondern Kanzler werden kann. Zweitens ist Habeck ein Kandidat fürs Finanzministerium, was heißt, er arbeitet sich erkennbar in die Materie ein. Drittens: Neben den Grünen sind es die Freidemokraten, die ganz offiziell mehr wissen wollen als bisher. Und die sind der zweite Koalitionspartner, den Scholz bräuchte; mit den Linken würde er ja wohl kaum koalieren (können).

Florian Toncar ist in der FDP nicht irgendwer, sondern Parlamentarischer Geschäftsführer der Bundestagsfraktion. Der hat sich schriftlich über die unzureichende Aufklärung beschwert, gewiss mit Wissen seines Fraktions- und Parteichefs Christian Lindner. Toncar findet: „Die Zeit für eine umfassende Aufklärung auf normalem Wege läuft ab.“ Dann die – ernstzunehmende – Drohung: „Wenn sich die karge Informationspolitik des Ministeriums fortsetzt, werden wir einen Untersuchungsausschuss brauchen.“

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Hier braut sich eine, sagen wir, nachsommerliche Kaltluftfront zusammen. Zusätzlich will die Linken-Fraktion mehr Information, und in der Unionsfraktion gibt es auch einige, die im Wirecard-Skandal eine gute Möglichkeit wittern, die SPD mit Scholz deutlich auf Abstand zu halten. Immerhin haben CDU und CDU derzeit selbst eine unliebsame Kandidatendebatte.

Für Scholz geht es also darum nachzuweisen, dass er alles richtig gemacht hat. Denn besonders seit der Zeit als Bürgermeister von Hamburg lebt Scholz vom Nimbus, regieren zu können. Und davon, dass er alles im Griff hat, nach Helmut-Schmidt-Art, der auch schon vor der Kanzlerschaft, als Finanzminister, alles besser wusste. Mindestens der Ruf ist bedroht.

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