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Unterstützer von Emmanuel Macron feiern am Eifelturm

© Ludovic Marin/AFP

„Werden eine Woche lang nur feiern“: Als Macron-Fans den Moment der Erlösung erleben

Am Eiffelturm brandet im Macron-Lager nach der Wahl Jubel auf. Auf die „Wut“ im Land will er antworten. Bei Le Pens Wahlabend waren Buhrufe zu hören.

Drei Minuten, bevor die Hochrechnungen auf dem großen Bildschirm vor dem Eiffelturm auftauchen, fängt die Macron-Unterstützerin Therese Boyer heftig an zu zittern und zu atmen. Sie steht unter freiem Himmel vor der großen achteckigen Bühne, die auf dem Champs de Mars vor dem Eiffelturm in Paris aufgebaut ist, inmitten von Anhängern des Präsidenten.

Es ist die Siegerkulisse für Emmanuel Macron. Doch zu diesem Zeitpunkt weiß noch keiner sicher, ob er die Stichwahl gewinnen wird.

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Therese Boyer weint. So heftig, dass die um sie herumstehenden Leute sie fragen, ob sie Hilfe braucht, ob jemand die Sanitäter holen soll. Sie hält sich ihr geblümtes Tuch vor ihr Gesicht, winkt vage ab.

Dann geht alles doch schnell: Die Menge beginnt von zehn herunter zu zählen, und auf dem großen Bildschirm, der hinter der Bühne steht, werden die ersten Ergebnisse angezeigt. 58,20 Prozent für Emmanuel Macron, 41,80 für Marine Le Pen. Die Menge jubelt, Therese Boyer geht in die Knie.

Danach erzählt sie: „Ich habe seit drei Nächten nicht geschlafen.“ Sie habe solche Angst gehabt, dass die rechtsextreme Marine Le Pen an die Macht komme, sagt die 68-jährige Französin.

Und davor, was das für Konsequenzen für sie und ihre Familie gehabt hätte. „Schauen Sie meine Hautfarbe an!“, sagt sie. Um sie herum schwenken derweil die anderen Unterstützer Frankreich- und Europaflaggen und tanzen zum Song „One more time - Celebrate“ – zu Deutsch: Feiert - Noch ein Mal.

Hat vor der Wahl drei Nächte nicht geschlafen: die Französin Therese Boyer.
Hat vor der Wahl drei Nächte nicht geschlafen: die Französin Therese Boyer.

© Anna Thewalt/Tsp

Macron zeigt sich nach der Wahl demütig. Erst um halb 10 kommt er vor dem Eiffelturm an. Hand in Hand läuft er mit seiner Frau Brigitte den Weg zur Bühne, währenddessen erklingt die europäische Hymne. Begleitet werden die beiden von Dutzenden Kindern – es sind Kinder von Mitgliedern des Wahlkampfteams und Unterstützern. Macron ist sichtlich gerührt.

In seiner Rede spricht er auch die an, die ihn nur gewählt haben, um Marine Le Pen zu verhindern: „Ich weiß, dass viele unserer Mitbürger heute für mich gestimmt haben, um die Ideen der Rechtsextremen zu verhindern und nicht, um die meinen zu unterstützen“, sagte der 44-Jährige. „Ich weiß, dass Ihre Stimme mich für die kommenden Jahre verpflichtet.“

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Mit Blick auf diejenigen Französinnen und Franzosen, die seine rechtsextreme Konkurrentin in der Stichwahl gewählt haben, sagt Macron: „Die Wut und der Dissens, die sie dazu gebracht haben, für dieses Vorhaben zu stimmen, muss auch eine Antwort finden. Das wird meine Verantwortung und derjenigen sein, die mich umgeben.“ Macron fügt hinzu: „Ich bin nicht mehr der Kandidat eines Lagers, sondern der Präsident aller.“

Bei Le Pens Wahlabend wird nicht getanzt

Bei Le Pens Wahlabend im Westen von Paris wird nicht getanzt: Vor 20 Uhr war die Stimmung bereits angespannt. Bei Bekanntgabe der ersten Ergebnisse beginnen die 600 anwesenden Gäste zu buhen.

Dabei war im schicken Pavillon Armenonville im Park Bois de Boulogne schon alles für den großen Triumph vorbereitet. Mit 13 Bussen, die ihr Porträt zieren, wollte Le Pen im Falle ihres Sieges durch Paris fahren. Die Plätze der französischen Geschichte sollten auf dem Weg liegen, Triumphbogen, Concorde und Bastille.

Die Verliererin der Stichwahl: Marine Le Pen.
Die Verliererin der Stichwahl: Marine Le Pen.

© MichaelBaucher/IMAGO/PanoramiC

Stattdessen tritt Le Pen schon kurz, nachdem die Ergebnisse veröffentlicht wurden, vor ihre Unterstützer. Sie erklärt: „Die Freiheit hätte kommen können.“ Dennoch sei das exzellente Resultat ein Sieg. Die Niederlage sei eine große Hoffnung auf Veränderung. „Die Franzosen haben eine große Opposition gezeigt.“ Sie werde ihr Engagement für das Land und die Franzosen fortsetzen. „Das vergessene Frankreich vergessen wir nicht.“

Nächstes Ziel seien die Parlamentswahlen. Das werde schwer für Macron, sagt Le Pen. Die Anwesenden jubeln und rufen: „Es lebe Frankreich!“ Der Tenor unter den Anhängern lautet: Es sei eine Enttäuschung, aber auch ein Sieg – so gut habe die Partei noch nie abgeschnitten. Andere Anwesenden äußern sich allerdings anders: Es sei doch nicht möglich, dass 58 Prozent diesen Idioten wählen, sagt einer von ihnen. „Putin wird kommen und den Élysée atomisieren.“

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Vor dem Eiffelturm wird derweil weiter gefeiert. Neben der erleichterten Therese Boyer stehen Dominique und Xavier. Das Paar trägt Macron-Shirts und Lederjacke; Dominique hält eine Europaflagge, Xavier die Frankreichflagge in die Höhe. „Das ist ein super Ergebnis für eine Wiederwahl“, sagt Xavier.

„Nach all den Krisen!“ Er denke sogar, dass das bedeuten wird, dass Macron bei den Parlamentswahlen wieder eine Mehrheit bekomme.

Therese Boyer blickt währenddessen auf ihr Handy. Ihre Verwandten, die in den USA und Deutschland leben, haben alle Macron gewählt und schreiben ihr gerade, erzählt sie. Auf die Frage, ob sie, nachdem Macron geredet hat, noch etwas vorhabe, antwortet sie laut und mit Nachdruck: „Keine Sorge – jetzt werden wir eine Woche lang nur feiern.“

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