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Der Helikopter, nachdem er beschossen worden ist.

© AFP

Kolumbien: Wer schoss auf den Präsidenten?

Kolumbiens Staatschef Duque entgeht einem Anschlag. Als Täter kommen rechte und linke Terroristen sowie Drogenhändler in Frage. Er selber könnte profitieren.

Etwa 20 Sekunden lang dauerte der Beschuss. Danach wies der „Black Hawk“ von Präsident Ivan Duque eine Handvoll tiefer Einschusslöcher auf. Wäre der Hubschrauber abgestürzt, wäre das Land führungslos gewesen.

Neben dem rechtsgerichteten Staatschef saßen auch Verteidigungsminister Diego Molano sowie ranghohe Amtsträger aus Justiz und Militär im Helikopter. Hätte der Hubschrauber abstürzen können? Darüber streiten sich Experten. Auf jeden Fall müssen sich die für die Sicherheit Duques verantwortlichen Beamten auf unangenehme Fragen gefasst machen.

Politisch brisanter ist allerdings eine andere Frage: Wer hat eigentlich geschossen? Weil es als Antwort auf diese Frage viele Spekulationen und Theorien gibt, wird offenkundig wie instabil die Lage in Kolumbien derzeit ist.

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Von einem inszenierten Attentat bis zu einer Racheaktion der Guerilla wird über alles spekuliert. Das Land wird seit Wochen von Sozialprotesten erschüttert, die die Regierung teilweise mit brutaler Polizeigewalt niederschlagen ließ. Es folgte eine Phase mit Straßenblockaden.

Es gab zudem zwei Attentate innerhalb kürzester Zeit. Bogotas Bürgermeisterin Claudia Lopez von der „Grünen Partei“ sprach mit Blick auf den Hubschraubervorfall von einem Anschlag auf die Demokratie, obwohl sie eine Kritikerin Duques ist.

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Harter Mann

Der versucht sich, als harter Mann zu präsentieren. „Diese Regierung wird nicht eine Minute verlieren im Kampf gegen den Drogenhandel, gegen den Terrorismus und das organisierte Verbrechen“, sagt Duque. Doch auch der Präsident weiß vorerst einmal nicht, von wem die Kugeln beim Landeanflug auf die westkolumbianische Grenzstadt Cucuta abgefeuert wurden.

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In der Region sind sowohl linksgerichtete Guerillagruppen wie die marxistische ELN als auch abtrünnige Kämpfer der inzwischen befriedeten Farc-Guerilla aktiv. Erst vor wenigen Wochen soll in der Grenzregion der prominente Farc-Kommandant Jesus Santrich ums Leben gekommen sein.

Hinzu kommen brutale rechtsgerichtete Paramilitärs, die die Vorherrschaft über die strategisch wichtige Grenzregion beanspruchen. Allesamt sind ebenso wie Politiker und Militärs in den Drogenhandel verstrickt.

Politisch interessant ist, dass Duque selbst am meisten von dem Attentat profitieren könnte. Denn er steht unter enormen Druck. Seine Zustimmungsraten sind im Keller. Vor allem die Polizeigewalt gegen anfangs friedliche, später aber in Einzelfällen gewalttätige Sozialproteste haben seinem Ruf geschadet. Nun wurde Duque selbst zum Opfer.

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