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Demonstraten in den Straßen Bagdads.

© Alaa al-Marjani/Reuters

Update

Wegen massiver Proteste: Iraks Premier Mahdi verspricht Wahlrechtsreform

Iraks Premier Mahdi steht enorm unter Druck. Nun kündigt er Veränderungen an. Gleichzeitig aber attackieren Sicherheitskräfte Demonstranten.

Angesichts anhaltender massiver Proteste hat der irakische Ministerpräsident Adel Abdel Mahdi tiefgreifende Veränderungen bei der Machtverteilung innerhalb der Regierung versprochen. Bislang herrscht ein so genanntes Propozsystem, bei dem die Macht auf unterschiedliche religiöse und ethtnische Gruppen verteilt wird.

Es werde eine "wichtige Änderung" geben, kündigte Abdel Mahdi am Samstag an. Es gebe Forderungen, öffentliche Einrichtungen "jünger und effizienter" zu machen. Zudem solle es Reformen geben, um mehr Jobs und soziale Gerechtigkeit zu schaffen und Korruption zu bekämpfen.

Seit Anfang Oktober gibt es im Irak Massenproteste gegen die Regierung von Mahdi

Mahdi gab Fehler zu und versprach eine Wahlreform. "Politische Kräfte und Parteien sind wichtige Institutionen in jedem demokratischen System. Sie haben viele Opfer gebracht, aber sie haben auch viele Fehler gemacht", teilte Abdul Mahdi mit. Er rief die Demonstranten auf, für einen ungestörten Tagesablauf zu sorgen. Zu der Wahlreform äußerte er sich nicht näher. Sie solle in den kommenden Tagen angekündigt werden.

Seit dem Sturz von Langzeitherrscher Saddam Hussein im Jahr 2003 regelt das Proporzsystem die Vergabe von Ministerposten zwischen Schiiten, Sunniten und Kurden. Viele Politiker sehen in dem Proporzsystem die Ursache für ausufernde Korruption im Land.

Die Mehrheit der Iraker sind Schiiten und gehören somit zu einer der beiden großen Strömungen des Islam. Die Minderheit der Sunniten klagt, sie werde von den Schiiten benachteiligt. Die Schiiten wiederum wurden zu Saddam-Zeiten bei der Vergabe von Posten in der Regierung, Verwaltung, Armee und in den Geheimdiensten hinter Sunniten zurückgesetzt.

Abdel Mahdi hatte sein Amt vor einem Jahr angetreten. Zehntausende Iraker machen seit dem 1. Oktober ihrem Unmut über Arbeitslosigkeit und die schlechte Versorgungslage Luft. Sie werfen der Regierung Korruption vor. Auch nach der Erklärung von Präsident Barham Salih, dass Abdel Mahdi bereit sei zum Rücktritt, beruhigte die Lage sich nicht. Die Demonstranten fordern einen Rücktritt der gesamten Regierung, die Auflösung des Parlaments und ein neues politisches System. Am Samstag sagte Abdel Mahdi, die Proteste seien die "wichtigsten Ereignisse" im Land seit dem Sturz Saddam Husseins.

Abdel Mahdi hatte sein Amt vor einem Jahr angetreten.
Abdel Mahdi hatte sein Amt vor einem Jahr angetreten.

© Alain Jocard/AFP

Am Samstag drängten irakische Sicherheitskräfte Demonstranten von mehreren besetzten Brücken. Unter massivem Einsatz von Tränengas eroberten die Sicherheitskräfte die Kontrolle über die Tigris-Brücken Al-Sinek, Al-Schuhada und Al-Ahrar zurück, wie AFP-Reporter berichteten. Die drei Brücken verbinden die Protestlager am östlichen Tigrisufer mit dem westlichen Flussufer, wo Regierungsstellen und ausländische Botschaften ihren Sitz haben.

Teile der Protestbewegung im Irak werfen dem Iran vor, Mahdi zu stützen

Die Al-Sinek-Brücke war bisher die wichtigste Verbindung der Demonstranten zur Botschaft des Iran. Teile der Protestbewegung werfen dem Nachbarland vor, die Regierung in Bagdad zu stützen, der sie Korruption vorwerfen. Die Brücken Al-Ahrar und Al-Schuhada führen zum Büro des Ministerpräsidenten und der Zentrale des Staatsfernsehens.

Weiter besetzt hielten Demonstranten am Samstag die Al-Dschumhuriyah-Brücke. Bei der "Brücke der Republik" handelt es sich um die am südlichsten gelegene Brücke in der irakischen Hauptstadt. Sie liegt dem Haupt-Protestlager am zentralen Tahrir-Platz am nächsten. In die andere Richtung führt sie in die sogenannte grüne Zone, wo unter anderem die britische und die US-Botschaft liegen. Einer AFP-Zählung zufolge wurden seit Beginn der Proteste am 1. Oktober bereits fast 300 Menschen getötet. Die Regierung hat zuletzt keine aktuellen Zahlen mehr zu den Todesopfern veröffentlicht.

In Bagdad und mehreren südirakischen Städten hat sich Anfang Oktober eine Protestbewegung gegen die Korruption und hohe Arbeitslosigkeit im Land formiert. Trotz der Gewalteskalation und nächtlichen Ausgangssperren gehen die Iraker weiterhin auf die Straße und fordern mittlerweile den Sturz der Regierung. (dpa, AFP, Reuters)

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