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Politik: Was Oberbürgermeister Matthias Platzeck in der Preußenmetropole erreicht hat und was zu tun bleibt

Vor anderthalb Jahren ist Matthias Platzeck als Oberbürgermeister angetreten, um aus Potsdam eine blühende Stadt zu machen. Jetzt will er zusätzlich die Führung der märkischen SPD übernehmen.

Vor anderthalb Jahren ist Matthias Platzeck als Oberbürgermeister angetreten, um aus Potsdam eine blühende Stadt zu machen. Jetzt will er zusätzlich die Führung der märkischen SPD übernehmen. Möglicherweise wird Platzeck, dessen Amtszeit erst 2006 zu Ende geht, auch schon bald einem Ruf von Kanzler Schröder folgen oder Ministerpräsident Stolpe beerben. In Potsdam sind kritische Stimmen zu hören, dass viele Probleme in der Preußenresidenz nicht gelöst seien. Was hat der Oberbürgermeister erreicht, was bleibt zu tun?

Stimmung und Image der Stadt

Kein Zweifel, unter Platzeck - dies bestreitet nicht einmal die auf jeden Fehler lauernde oppositionelle PDS - ist ein Ruck durch Potsdam gegangen. Die Stimmung habe sich spürbar gewandelt, die Jammerzeiten seien vorbei, heißt es überall. Investoren und Mäzene engagieren sich für die frühere Sorgenstadt: Der englische Telekommunikations-Konzern Telint Global wird für 100 Millionen Dollar seine Europazentrale in Potsdam errichten. Der deutsche Software-Milliardär Hasso Plattner finanziert mit 100 Millionen Mark nicht nur ein High-Tech-Institut, er investiert in den königlichen Kutschstall am Neuen Markt und in die Grauen Kasernen im Norden der Stadt, wo eine Denkfabrik mit 7000 High-Tech-Arbeitsplätzen entstehen soll. "Silicon Versailles", textete eine überregionale Tageszeitung. Der Otto-Konzern und Phillip Reemtsma spenden Millionen, damit das Belvedere auf dem Pfingstberg rekonstruiert werden kann. Hiobsbotschaft: Die französischen Eigentümer der Medienstadt Babelsberg bremsen ihre Investitionen, auch ein Rückzug ist möglich.

Innenstadt und Stadtbild

Der Fortschritt ist enorm: Zwei Drittel der barocken Innenstadt, darunter fast das gesamte Holländische Viertel, sind bereits hergerichtet. Aber es gibt kein Konzept für die Fußgängerzone Brandenburger Straße, in der Ramsch und Tristesse dominieren. Ein Lichtblick am Horizont ist das 80-Millionen Projekt von Karstadt, dessen Zustandekommen Platzeck nach langer Zitterpartie erreicht hat. Den Konflikt um das monströse Potsdam-Center konnte er teilweise lösen: Der Streit, welche Sortimente in diesem neuen Einkaufszentrum am neuen Bahnhof innenstadtverträglich sind, dauert an. Die Arbeiten an den Anlagen der Bundesgartenschau laufen auf Hochtouren. Aber: Es gibt viele Schmuddelecken, Hausbesetzer-Graffiti, wilde Plakate.

Stadtmitte und Stadtschloss

Das Stadtparlament hat sich nach langen Querelen zum historischen Wiederaufbau des Schlosses bekannt und den Startschuss für die Investorensuche gegeben. Als erster Schritt wird ab September - durch Vermittlung des Neu-Potsdamers Günter Jauch - das Fortuna-Portal aufgebaut. Eile und straffes Management sind beim Schlossaufbau geboten: Die Fördermittel von EU, Bund und Land werden ab 2004 nicht mehr so reichlich sprudeln wie bisher. Ein Teilstück des historischen Stadtkanals wird zur BUGA freigelegt, die Finanzierung der Gesamtrekonstruktion ist offen.

Rathaus und Verwaltungsreform

Der Amtsschimmel wiehert nach wie vor. Investoren beklagen bürokratische Genehmigungsverfahren und die mangelnde Flexibilität der Ämter. Eine Reform der aufgeblähten Verwaltung ist eingeleitet, gegen den beabsichtigten Personalabbau gibt es heftigen Widerstand. Die Haushaltslage der Stadt ist nach wie vor katastrophal, die Konsolidierung steht erst am Anfang. Andererseits dramatischer Investitionsstau bei öffentlichen Bauten, besonders bei Schulen.

Kultur

Die jahrelangen Theater-Querelen sind beigelegt. Das neue Theater wird in der Schiffbauergasse in der Berliner Vorstadt errichtet. Die unter Platzeck beschlossene Auflösung der Philharmonie ist auf massive Kritik gestoßen. Potsdams neue Konzertstätte, der Nikolai-Saal mit 700 Plätzen, soll von einem kleineren Kammerorchester bespielt werden.

Verkehr

Eine Lösung des Verkehrsproblems ist bisher nicht in Sicht, es gibt kein zukunftsweisendes Konzept. Derzeit werden die Haupteinfahrtsstraßen gleichzeitig für die Bundesgartenschau 2001 saniert, was für Ärger und Dauerstaus sorgt. Hauptmangel: Kein intelligentes Verkehrsleitsystem.

Fazit

Die Landeshauptstadt braucht noch einige Jahre, ehe sie über den Berg ist. Sollte Platzeck entgegen seinem Versprechen, für eine volle Amtszeit (bis 2006) anzutreten, seinen Posten früher verlassen, entstünde nach Ansicht der meisten Stadtpolitiker eine Lücke, die nicht geschlossen werden kann.

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