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Angela Merkel fliegt Ende April zum Besuch von US-Präsident Donald Trump nach Washington.

© Jonathan Ernst/REUTERS

Was macht die Welt?: Symbolik stärkt die Normen, der Rest ist mühsame Kleinarbeit

Was macht die Welt? Macron zum Chef küren, auf Erdogan wetten, an Kim zweifeln und vor Antisemitismus warnen.

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Merkel und Macron fliegen diese Woche nacheinander nach Washington. Macron kriegt ein schickes Dinner, Merkel nicht. Ist Macron der neue Chef von Europa?

De facto ja. Erstens, weil er als Einziger eine stabile Regierungsmehrheit hinter sich hat. Zweitens ist er stark, weil die Konkurrenz schwach ist, zumal die beiden M’s. Theresa May steht in ihrer Partei auf Abruf, und Angela Merkel gibt die Meisterin des Ungefähren. Drittens hat sich Macron schon früh lieb Kind bei Trump gemacht und nun mit seinem Syrien-Einsatz bewiesen, dass nur Paris militärisch mitreden kann/will. Bloß braucht er beim Euro das Schwergewicht Berlin, das ihm auf den Weg in Transfer- und Schuldenunion nicht folgen wird.

Erdogan ruft Neuwahlen aus. So’n Krieg verleiht Schwung, oder?

In einer echten Demokratie sind Neuwahlen gefährlich. Siehe Schröder, der 2005 abgewählt wurde, und Mrs. May, die 2017 die absolute Mehrheit verlor. Aber keine Sorge. Erdogan ist wie Putin. Beide gehen so vor: „Ihr wählt, ich gewinne.“ Er lässt Rivalen antreten, die ihm nichts anhaben können, ihm aber eine demokratische Aura schenken. Der Krieg gegen die Kurden ist der Extra-Bonus. Nach dem Sieg in Afrin kann er sich als Retter der Nation präsentieren, mit einer üblen Rhetorik das Volk hinter sich versammeln. WmdW wettet auf Erdogan. Nach der Stärkung der Präsidialmacht im Referendum 2017 ist der Weg frei für eine „demokratische Diktatur“.

Mike Pompeo hat Kim Jong Un getroffen. Wird der Pariah-Staat zum Weltnormalbürger?

So what? Kim wird seine A-Waffen, seine Lebensversicherung, nicht abgeben. Gaddafi beendete sein Kernwaffenprogramm, um dem Westen zu gefallen. Der hat ihn 2011 weggebombt. Die Ukraine hat sich entnuklearisiert; die „Belohnung“ war der Verlust der Krim und des Südostens. Kim wird sich auf dem Gipfel im Glanze Trumps sonnen und wirtschaftliche Vorteile herausschlagen, dazu einen Deal anstreben, der ihm kein scharfes Kontroll-Regime aufzwingt. Selbst Indien, eine Demokratie, hat sein Atomprogramm insgeheim verwirklicht, Pakistan auch. Allerdings werden Trump und Kim auf dem Gipfel kriegen, wonach sie am meisten gieren: Aufmerksamkeit.

In D wächst der importierte Antisemitismus, Merkel bekräftigt Beistand für Israel. Können Kippa-Träger wieder Mut fassen?

Es geht um die Symbolik, welche die Normen stärkt. Der Rest ist mühselige Kleinarbeit, die vom Lehrer über den Imam bis zur Polizei reicht. Das Signal muss lauten: „Das geht gar nicht!“ Es wäre ein böser Treppenwitz der Geschichte, wenn jetzt von außen hereingetragen wird, was die Deutschen ausgetrieben haben.

Josef Joffe ist Herausgeber der „Zeit“.

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