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Josef Joffe ist Herausgeber der "Zeit".

© Tsp

Vier Fragen an Josef Joffe: Was macht die Welt?

"Zeit"-Herausgeber Josef Joffe will Donald Trump kippen, glaubt an einen Sieg gegen den IS, vermisst Demos für Aleppo und hofft auf Olympia ohne Terror.

Donald Trump verkeilte sich vergangene Woche in einer Massenkarambolage. Ist dies das Ende einer Irrfahrt?

Er liegt zehn Punkte hinter Hillary; die Republikanischen Granden fallen von ihm ab, zum Beispiel John McCain, der Kandidat 2004 und der "Speaker" des Repräsentantenhauses Paul Ryan, der verfassungsgemäß Staatschef wird, falls Präsident und Vize ausfallen. Trumps tödlicher Fehler war seine Attacke gegen die Eltern eines gefallenen islamischen US-Soldaten; das hat den nationalen Flügel der Partei gegen ihn aufgebracht, dann die Streitkräfte und Veteranen. Da Trump ist, wie er spricht, ist weder Läuterung noch Umkehr zu erwarten. In der Partei ist er ein Alien, bösartig und unberechenbar. Sie muss sich jetzt dazu entscheiden, ihn zu kippen – aus reinem Selbsterhaltungstrieb. Oder zumindest um ihre Vorherrschaft im Kongress gegen den Parteifeind zu sichern.

Barack Obama sagt, der "Islamische Staat" (IS) werde "unweigerlich" besiegt. Woher weiß er das?

Irgendwann schon, weil Terrortrupps einem natürlichen Lebenszyklus unterliegen – siehe Qaida, der "Schwarze September" der Palästinenser, die europäischen Terrorbrigaden. Der IS aber hat ein Land, dem offensichtlich mit halbherzigen Bombardements nicht beizukommen ist. Die kaltäugige strategische Logik fordert Bodentruppen: 10.000 Amerikaner, 10.000 Europäer, 30.000 bis 40.000 arabische Soldaten. Strategische ist aber nicht gleich politische Logik. WmdW sieht keinen, der eine solche Koalition zusammenschirren könnte.

Aleppo wird von Assads und Putins Militär belagert, ausgehungert und in Stücke geschossen. Wo bleiben die Demonstrationen dagegen?

Eine gute Frage, wenn man an die Massenaufmärsche in Europa gegen den Irak-Krieg denkt, dann gegen Israel in den Gazakriegen 2008/9 und 2014. War die Wut damals so groß, weil Amerika und Israel zum Westen, also "zu uns", gehören? Der halben Million Ziviltoten in Syrien wird diese feine Unterscheidung egal gewesen sein. Könnten sie noch sprechen, würden sie von zweierlei moralischem Maß reden. Derweil richten die Israelis still und leise eine Sicherheitszone für syrische Flüchtlinge jenseits ihrer Grenze ein.

Ein vorvorletztes Wort zu Olympia...

Brasilien ist, äh, kein idealer Austragungsort – von A wie Administration bis Z wie Zika. Dennoch wird sich die Welt wie eh und je an dem Spektakel des "Höher, Schneller, Weiter" laben, an der größten Show der Welt. Wünschen wir den Gastgebern, dass keine ungebetene Terrormannschaft in den Disziplinen "Selbstmordbomben" und "Maschinengewehrfeuer" dabei ist. Der brasilianische Staat, ein Wackelgebäude schon in guten Zeiten, ist auf einen Anschlag wie in München 1972 nicht vorbereitet, trotz ausländischer Hilfe.

Josef Joffe ist Herausgeber der "Zeit". Die Fragen stellte Fabian Leber.

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