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Der russische Außenminister Lawrow wirft Kiew vor, die Verhandlungen im Ukraine-Krieg zu bremsen.

© Alexander Zemlianichenko/Pool AP/dpa

Update

„Der gute Wille hat seine Grenzen“: Was Lawrows Warnung vor einem dritten Weltkrieg bedeutet

Russlands Außenminister Lawrow wirft der Ukraine mangelnden Verhandlungswillen vor und sprach von der Gefahr eines dritten Weltkriegs – das sorgte für Beunruhigung.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow sieht eine reale Gefahr für den Ausbruch eines Dritten Weltkriegs. „Die Gefahr ist ernst, sie ist real, sie darf nicht unterschätzt werden“, sagte Lawrow in einem Interview im russischen Fernsehen, das das Außenministerium am Montagabend in seinem Telegram-Kanal teilte.

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Gleichzeitig erklärte er, dass er nicht wolle, dass in einer derartigen Situation wie dem Ukraine-Krieg die Risiken noch weiter künstlich aufgebläht würden. Es gäbe viele Seiten, die das wollten, sagte er, ohne konkret zu werden. Die Unzulässigkeit eines Atomkrieges bleibe die prinzipielle Position Russlands.

Insbesondere den USA und Großbritannien warf Lawrow vor, die Verhandlungen mit der Ukraine zu bremsen. Man wisse mit Sicherheit, dass „weder London noch Washington“ dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj raten würden, die Verhandlungen zu beschleunigen, sagte er in dem Interview. „Sie raten Selenskyj jedes Mal, seine Position zu verschärfen.“

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Lawrow behauptete, Kiew zögere die Verhandlungen hinaus. Zuletzt etwa habe die ukrainische Seite angegeben, man habe noch keine Zeit gehabt, sich mit dem neuesten russischen Vorschlag auseinanderzusetzen. Aus Kiew gab es dazu keine Angaben.

Verschiedene Journalist:innen und Expert:innen ordneten das Interview im Laufe des Abends ein und beschwichtigten, indem sie unter anderem auf die Aussage Lawrows, „ein Atomkrieg ist inakzeptabel, das ist Moskaus prinzipielle Position“, verwiesen. Genauso wie seine Aussage zu einem möglichen dritten Weltkrieg, die nicht als Androhung zu verstehen seien. Vielmehr hätte er damit seine Sorge über einen solchen zum Ausdruck gebracht.

„Der gute Wille hat seine Grenzen“

Gegenüber der Ukraine schlug er aber erneut scharfe Töne an. Den ukrainischen Präsidenten Selenskyj bezichtigte Lawrow, seine Verhandlungsbereitschaft nur „vorzutäuschen“. Deshalb „sagen unsere politischen Analysten, warum mit dem Team von Selenskyj sprechen, man muss mit den Amerikanern reden, mit ihnen verhandeln, eine Art Vereinbarung erzielen“. Von russischer Seite sind zuletzt immer wieder die Eigenständigkeit und das Existenzrecht der Ukraine infrage gestellt worden.

Dennoch werde Russland die Verhandlungen mit der ukrainischen Delegation fortsetzen, sagte Lawrow. Der Außenminister betonte zugleich: „Der gute Wille hat seine Grenzen.“ Wenn er nicht auf „Gegenseitigkeit“ beruhe, „hilft dies dem Verhandlungsprozess nicht“.

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Mit Blick auf ein mögliches Abkommen zur Beendigung des Konflikts in der Ukraine sagte Lawrow, die „Rahmenbedingungen“ einer solchen Vereinbarung würden vom „Stand der Kampfhandlungen“ abhängen, die zum Zeitpunkt des „Realwerdens des Abkommens stattgefunden haben werden“.

Die Verhinderung eines Nato-Beitritts und ein neutraler Status der Ukraine sind Hauptziele des russischen Angriffskriegs gegen den Nachbarstaat. Selenskyj hatte sich bereit gezeigt, über einen neutralen Status des Landes und Sicherheitsgarantien von Drittstaaten zu reden. Greifbare Ergebnisse bei den Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland gibt es aber bisher nicht.

Kommunikation in Kubakrise sei besser gewesen

Auf einen Vergleich der aktuellen Situation mit der Zeit der Kubakrise angesprochen sagte Lawrow, dass es „damals tatsächlich nur wenige Regeln gab, geschriebene Regeln“. Aber die „Verhaltensregeln“ seien ziemlich klar gewesen – in Moskau sei klar gewesen, wie sich Washington verhalte, und Washington sei klar gewesen, wie sich Moskau verhalte.

Auch heute gebe es wenige Regeln, sagte Lawrow weiter und verwies auf den atomaren Abrüstungsvertrag New Start. Aber „gleichzeitig sind alle anderen Instrumente der Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung praktisch zerstören“. Während der Kubakrise habe es zudem einen Kommunikationskanal gegeben, dem die Führer der Sowjetunion und der USA vertrauten. Heute gebe es keinen derartigen Kanal und niemand versuche, ihn zu schaffen.

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In der Kubakrise 1962 standen die USA und die Sowjetunion kurz vor einem Atomkrieg. New Start, der Vertrag über die strategische atomare Abrüstung, ist das einzige verbliebene große Abkommen zur Rüstungskontrolle der USA mit Russland. Dieser begrenzt die Nukleararsenale beider Länder auf je 800 Trägersysteme und je 1550 einsatzbereite Atomsprengköpfe.

Nato-Waffenlieferungen bedeuteten Stellvertreterkrieg

Darüber hinaus erklärte Lawrow, dass Russland die Waffenlieferungen der Nato an die Ukraine als berechtigte Angriffsziele für sein Land betrachtet. „Natürlich werden diese Waffen ein legitimes Ziel für die russischen Streitkräfte sein“, sagte Lawrow in dem Interview.

Lager, auch in der Westukraine, seien bereits mehr als einmal zu solchen Zielen geworden. „Wenn die Nato über einen Stellvertreter de facto in einen Krieg mit Russland tritt und diesen Stellvertreter bewaffnet, dann tut man im Krieg, was man im Krieg tun muss“, sagte Lawrow weiter.

Von den Nato-Ländern kündigten zuletzt immer mehr an, auch direkt schwere Waffen für den Kampf der Ukraine gegen die russischen Angreifer zu liefern. Unter schweren Waffen versteht man Kampf- und Schützenpanzer, schwere Artillerie, Kriegsschiffe, Kampfflugzeuge und -hubschrauber und größere, schwer gepanzerte Fahrzeuge. (dpa, AFP)

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