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Wirtschaftsminister Peter Altmaier (links) und sein französischer Amtskollege Bruno Le Maire im Dezember 2018 in Paris.

© dpa

Altmaier und Le Maire bei „Europe 2021“: Was Europa gegen den Rückstand seiner Digitalwirtschaft tun kann

Die EU hinkt im Digitalen den USA und China hinterher. Wirtschaftsminister Altmaier und sein Pariser Amtskollege Le Maire erklären, wie sich das ändern lässt.

Die „digitale Souveränität“ der EU ist ein Schlagwort, das den ganzen Spannungsbogen zwischen Anspruch und Wirklichkeit der europäischen Wettbewerbsfähigkeit verdeutlicht. Die EU will zwar in der Digitalwirtschaft eine größere Bedeutung erlangen. Aber in der Praxis – etwa bei der Bereitstellung von Cloud-Diensten – sind die USA und China weiter führend.

Von daher war es logisch, dass das deutsch-französische Cloud-Projekt Gaia-X im Fokus stand, als am Mittwoch Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und sein französischer Amtskollege Bruno Le Maire bei der Digitalkonferenz „Europe 2021“, veranstaltet von Tagesspiegel, Zeit, Handelsblatt und Wirtschaftswoche, Rede und Antwort standen.

Auf die Frage, ob es bei dem Gaia-X-Projekt darum gehe, dass die Europäer auf globaler Ebene eine Teil-Autarkie erlangen, antwortete Le Maire, dass es nicht um eine Entkopplung gehe. Vielmehr müssten Firmen in der EU es amerikanischen Unternehmen wie Boeing und Microsoft gleichtun und ebenfalls nicht der Konkurrenz ihre Daten überlassen.

„Das bedeutet nicht Protektionismus, sondern die Wahrung unserer Interessen“, sagte Le Maire. Inzwischen gibt es bei dem Gaia-X-Projekt erste  privatwirtschaftliche Anwendungsfälle. Altmaier stimmte seinem französischen Kollegen in diesem Punkt zu.

Fast alle großen Cloud-Projekte mussten in der jüngeren Vergangenheit auf amerikanische oder chinesische Anbieter zurückgreifen, weil die EU nichts Ebenbürtiges anzubieten hatte. Altmaier betonte indes, dass das Gaia-X-Projekt, für das die datenschutzrechtlichen Standards der EU gelten, auch offen sei für Wettbewerber aus den USA. Hier werde ein Verfahren gewählt, das auch bereits in der europäischen Batteriezellenproduktion praktiziert werde.

Milliarden-Förderung für Chipherstellung

Einen weiteren Bereich, in dem die EU erheblichen Nachholbedarf hat, bildet die Chipherstellung. Altmaier erläuterte, dass im Rahmen der europäischen Gemeinschaftsprojekte (IPCEI) die entsprechenden Beträge zur Förderung von den EU-Mitgliedstaaten annonciert werden.

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In den nächsten Wochen werde die Bundesregierung entschieden, welchen Beitrag Deutschland leiste. „Das wird in Milliarden-Größenordnungen gehen“, kündigte Altmaier an, ohne eine konkrete Zahl zu nennen.

Deutsch-französischer Dissens bei der Digitalsteuer

Unterschiedlicher Auffassung sind Le Maire und Altmaier indes in der Frage, wie Digitalkonzerne wie Google oder Facebook in der EU besteuert werden können. In diesem Punkt ließ Altmaier seinem französischen Amtskollegen gerne den Vortritt. „Ich sehe, dass Peter vorsichtig ist“, sagte Le Maire lachend.

Nach den Worten Le Maires sind digitale Konzerne wie Amazon die Gewinner der Pandemie. „Sie haben riesige Gewinne, aber sie zahlen kaum Steuern“, sagte er. Frankreich hat 2019 eine Digitalsteuer eingeführt und damit seither mehr als 400 Millionen Euro eingenommen.

Der französische Wirtschaftsminister zeigte sich zuversichtlich, dass auf Ebene der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bis zum Sommer eine Vereinbarung über die Digitalsteuer gefunden werden könne. Auch die USA, in denen Digitalriesen wie Amazon oder Google beheimatet sind, gehören der OECD an.

Altmaier wies indes darauf hin, dass die Europäer ein Interesse daran haben müssten, in der Frage der vom ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump verhängten Zölle auf Aluminium und Stahl demnächst „vernünftige Lösungen“ mit der neuen US-Administration zu finden. Im Klartext: Aus Altmaiers Sicht könnte es kontraproduktiv sein, in naher Zukunft in der Debatte um die Digitalsteuer vorzupreschen und außerhalb der OECD eine rein europäische Lösung zu suchen.

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