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Mehr Transparenz soll es künftig im Bundestag geben.

© S. Gabsch/imago images/Future Image

Bundestag verschärft Regeln für Nebentätigkeiten: Was Abgeordnete künftig offenlegen müssen

Nach der Maskenaffäre haben sich Union, SPD, Linke und Grüne auf schärfere Regeln für Abgeordnete verständigt. Die wichtigsten Neuerungen im Überblick.

Der Bundestag hat die Regeln für Nebenjobs von Abgeordneten deutlich verschärft. Abgeordnete von Union, SPD, Linken und Grünen stimmten für einen entsprechenden Antrag, den die vier Fraktionen am Ende gemeinsam eingebracht hatten. FDP und AfD enthielten sich.
Damit reagiert das Parlament kurz vor dem Ende der Legislaturperiode auf die Maskenaffäre um unlautere Geschäfte von Unionsabgeordneten. Es ist die bisher umfassendste Reform des Abgeordnetengesetzes. Die wichtigsten Neuerungen im Überblick:

Offenlegung von Nebeneinkünften

Künftig sind Abgeordnete verpflichtet, ihre Einkünfte neben dem Mandat nicht nur innerhalb großzügig bemessener Spannen anzugeben, sondern den genauen Betrag zu nennen. Gerade bei den Top-Verdienern im Bundestag mit sechsstelligen Summen im Jahr blieb nach dem bisherigen System unklar, in welcher Höhe sich die Einnahmen bewegen. Meldepflichtig sind Nebeneinkünfte nicht mehr wie bisher ab 10.000 Euro im Jahr, sondern bereits ab 3000 Euro. Auch wer mehr als 1000 Euro in einem Monat erhält, muss den Betrag beim Bundestagspräsidenten anzeigen.

[Lesen Sie bei Tagesspiegel Plus, welche Abgeordneten am meisten nebenbei verdienten.]

Auch für Unternehmensbeteiligungen gelten künftig strengere Regeln: Abgeordnete müssen diese nach dem neuen Gesetz bereits offenlegen, wenn sie mindestens fünf Prozent der Anteile besitzen, bisher lag der Schwellenwert für die Veröffentlichung bei 25 Prozent. Auch der Besitz von Anzeigeoptionen wird nun meldepflichtig. Der Fall des CDU-Abgeordneten Philipp Amthor, der für eine Firma Lobbyarbeit beim Bundeswirtschaftsministerium gemacht und dafür Aktienoptionen erhalten hatte, hat gezeigt, dass es in diesem Bereich ein Schlupfloch gab.

Verbot bezahlter Lobbytätigkeit und mehr Transparenz

In der geänderten Fassung des Abgeordnetengesetzes heißt es nun: „Unzulässig neben dem Mandat ist die entgeltliche Interessenvertretung für Dritte gegenüber dem Bundestag oder der Bundesregierung und sind entgeltliche Beratungstätigkeiten, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Mandatsausübung stehen.“ Damit ist Abgeordneten künftig bezahlte Lobbyarbeit verboten. Beratertätigkeiten gehören zu den häufigsten Nebenjobs der Parlamentarier.

Nach der Neuregelung ist es beispielsweise untersagt, dass ein Abgeordneter sich bei der Bundesregierung für eine Firma einsetzt, wenn er von diesem Unternehmen dafür bezahlt wird. Auch das Verbot von bezahlten Beraterjobs, die in „unmittelbarem Zusammenhang“ mit dem Mandat stehen, wird wahrscheinlich dazu führen, dass Abgeordnete ihre Nebentätigkeiten beenden müssen. Denn demnach wäre es wohl nicht mehr zulässig, dass ein Energiepolitiker sich in der Energiebranche etwas nebenbei verdient oder eine Gesundheitspolitikerin im Gesundheitssektor.

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Mitglieder des Bundestages, die in einem Ausschuss die Berichterstattung zu einem bestimmten Thema übernommen haben, müssen darüber hinaus eine „konkrete Interessenverknüpfung“ offenlegen, diese wird dann in den Bericht des Ausschusses übernommen. Damit sind auch diejenigen Nebentätigkeiten oder privaten Verbindungen abgedeckt, die nicht mit unmittelbaren finanziellen Vorteilen verbunden sind. Neu ist auch, dass sich Parlamentarier künftig für Vorträge nicht mehr bezahlen lassen dürfen. Damit entgeht einigen Abgeordneten eine lukrative Nebentätigkeit.

Auch die vielen Juristinnen und Juristen im Parlament, die neben ihrer Arbeit im Bundestag noch als Anwälte arbeiten, müssen künftig ein wenig mehr Einblicke zulassen. Sie können sich zwar auf eine Pflicht zur Verschwiegenheit berufen und müssen daher die Geldgeber nicht offenlegen. Allerdings sind sie künftig verpflichtet, die Branche ihrer Mandanten anzugeben.

Keine Einigung bei Parteispenden

Union und SPD konnten sich in wochenlangen Beratungen nicht auf schärfere Regeln für Parteispenden verständigen. Die Sozialdemokraten wollten durchsetzen, dass bereits bei Spenden ab 2000 Euro die Namen der Geldgeber öffentlich gemacht werden sollten. Bisher liegt diese Grenze bei 10.000 Euro. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte nach einem Abendessen mit Unternehmern in Leipzig Spenden in Höhe von jeweils 9999 Euro eingeworben.

In den Verhandlungen kam es jedoch zum Streit, weil die Union auch Unternehmensbeteiligungen von Parteien in die Neuregelung einbeziehen wollte. Das hätte dazu geführt, dass die SPD sich von ihrer Medienholding hätte trennen müssen. Vor der Bundestagswahl kommt der Bundestag nur noch zu einer Sitzungswoche zusammen, damit ist eine Neuregelung in dieser Legislaturperiode vom Tisch.

Abgeordnete, die gegen die neuen Regeln verstoßen, müssen mit einem fünfstelligen Ordnungsgeld rechnen. Außerdem wird Abgeordnetenbestechung zum Verbrechen hochgestuft, damit drohen im schlimmsten Fall bis zu zehn Jahre Haft.

Allerdings ist noch unklar, ob tatsächlich auch die Einhaltung der neuen Regeln für Abgeordnete in Zukunft effektiver kontrolliert wird als bisher. Die Kontrolle obliegt der Bundestagsverwaltung, die dafür personell nicht besonders gut ausgestattet ist. Auch für die strafrechtliche Verfolgung der Abgeordnetenbestechung gibt es relativ hohe Hürden, daran änderte der Bundestag nun allerdings nichts.

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