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Kim Jong Un bei seinem Treffen mit Chinas Präsident Xi Jinping in Peking.

© AFP PHOTO/KCNA VIA KNS

Nordkorea und China: Warum Kim Jong Un wirklich in Peking war

Rückendeckung aus Peking. Was Nordkoreas Diktator mit seiner ersten Auslandsreise im Amt bezweckt hat. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Benedikt Voigt

Der „Irre mit der Bombe“ wird Kim Jong Un gelegentlich in westlichen Medien genannt. Zur Hälfte stimmt das auch, denn nach allem, was man weiß, steht Nordkoreas Diktator mindestens kurz davor, eine Atombombe zu besitzen, womöglich hat er sie schon. „Irre“ aber ist Kim Jong Un nicht, ganz im Gegenteil, sein politisches Verhalten zeugt von kühler Rationalität. Und dazu zählt auch seine jüngste Zugreise nach Peking.

Kim Jong Un hat sich in Peking der Rückendeckung seines wichtigsten Verbündeten China versichert. Das ist vor den geplanten Gipfeltreffen mit Südkoreas Präsident Moon Jae In und anschließend mit US-Präsident Donald Trump von großer Bedeutung. China hatte sich zuletzt aufgrund der provokanten Atomwaffentests zunehmend verärgert über den kleinen Nachbarn gezeigt, hatte die UN-Sanktionen verstärkt umgesetzt. Doch ganz abgewendet von Nordkorea hat es sich nie. Nach dem Gipfeltreffen von Peking ist klar: Beide sitzen wieder gemeinsam, sagen wir, in einem Zug.

Mit seiner Reise hat Kim Jong Un China aufgewertet und als wichtigen Akteur in den Gesprächsprozess aufgenommen. Es wäre ein fatales Signal für Peking gewesen, hätte Nordkoreas Diktator Südkorea zum Ziel seiner ersten Auslandsreise im Amt erkoren. Dort nämlich, im Grenzort Panmunjeom will sich Kim Jong Un Ende April mit Südkoreas Präsident treffen. Einen Monat später ist dann das Gipfeltreffen mit Donald Trump geplant. Durch seinen Aufenthalt in Peking hat der junge Diktator die aus nordkoreanischer Sicht historisch korrekte Reihenfolge der Beziehungen eingehalten. Auch sein Vater Kim Jong Il hatte sich durch Zugreisen der Unterstützung Chinas versichert.

Kims Handschlag mit Chinas Präsident Xi Jinping sendet auch ein wichtiges Signal in Richtung der USA. Die für Ende Mai geplanten Gespräche über Denuklearisierung scheinen ein aussichtsloses Unterfangen zu sein. Nordkorea will nach eigenen Angaben über Denuklearisierung verhandeln, zugleich aber gelten die Atomwaffen als Lebensversicherung des diktatorischen Regimes. Kaum vorstellbar, dass Kim Jong Un sie tatsächlich in Verhandlungen aufgeben wird. Nimmt man Donald Trumps mitunter erratisches Verhalten hinzu, wirkt ein Scheitern des US-Nordkorea-Gipfels weitaus wahrscheinlicher als ein Erfolg. Hardliner wie Trumps neuer Sicherheitsberater John Bolton setzen sogar auf ein Scheitern, um einen Grund für militärische Optionen zu haben. „Blutige Nase“ nennt sich eine derartige Strategie, die Kim Jong Un gewaltsam zum Abrüsten zwingen soll.

Die USA werden aber in dem Moment vor militärischen Optionen zurückschrecken, in dem eine militärische Eskalation droht. Und genau die müssen sie befürchten, wenn Nordkorea weiter von China unterstützt wird. So gesehen war die Reise nach Peking ein weiterer geschickter Zug vom gar nicht so irren Kim Jong Un.

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