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Knapp gescheitert ist Andrej Babis bei der Wahl in Tschechien. Dabei galt er als Favorit.

© Petr David Josek/dpa

Wahlsieg der tschechischen Konservativen: Das Ende der Skandal geplagten Ära Babis

Tschechiens Konservative gewinnen überraschend die Wahl gegen Premier Babis – nun wollen sie die Gesellschaft wieder einen. Kann das gelingen?

Mit dem Jubel mussten die Anhänger des konservativen Parteienbündnisses Spolu („Gemeinsam“) lange warten. Als in Tschechien die ersten Wahlbezirke ausgezählt waren, sah es noch nach einem haushohen Sieg des amtierenden Ministerpräsidenten Andrej Babis aus.

Selbst als schon fast zwei Drittel der Stimmen ausgezählt waren, lag er mit seiner populistischen Bewegung ANO noch vorn. Erst danach arbeiteten sich seine Herausforderer schrittweise heran. Am Ende gewann Spolu mit 27,79 Prozent hauchdünn vor Babis mit 27,12 Prozent.

„Das ist der Wandel, wir sind der Wandel“, rief am Ende Petr Fiala den feiernden Parteimitgliedern zu. Fiala ist mit diesem Wahlergebnis zum designierten Premier geworden und könnte das größte Ziel erreichen, das er sich im Wahlkampf gesetzt hat: Die Regierung von Babis zu beenden.

Die vierjährige Amtszeit des Milliardärs war geprägt von Skandalen, in denen es um Interessenskonflikte und Betrugsvorwürfe ging. Fiala mit seiner bürgerlichen Partei ODS hatte sich dafür mit zwei anderen konservativen Parteien zu einer gemeinsamen Liste zusammengeschlossen, um so zur stärksten Kraft zu werden.

Präsident Zeman entscheidet, wer mit der Regierungsbildung beauftragt wird

Eine gewichtige Rolle hat jetzt Präsident Milos Zeman, der gerade ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. Nach der tschechischen Verfassung ist er es, der einen Politiker mit der Regierungsbildung beauftragen muss – und dabei ist er nicht an das Wahlergebnis gebunden.

Bereits vor der Abstimmung ließ er durchblicken, dass er Babis unabhängig von dessen Abschneiden beauftragen würde. Der allerdings dürfte keine Mehrheit finden: Seine bisherigen Partner, die Sozialdemokraten, sind an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert.

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Politologen erwarten deshalb langwierige Koalitionsverhandlungen. Als wahrscheinlich gilt eine gemeinsame Regierung des Bündnisses Spolu mit der Piratenpartei und der Partei der Bürgermeister; gemeinsam erreichen sie eine bequeme Mehrheit im Abgeordnetenhaus.

Als vierte Kraft haben die Rechtspopulisten mit leichten Verlusten den Einzug geschafft. Die kommunistische Partei hat erstmals den Einzug ins Parlament verpasst.

Prag könne Babis nicht leiden, sagt der Wahlverlierer

Babis war vom Wahlsieg der politischen Konkurrenz spürbar überrumpelt. „Prag kann Babis nicht leiden“, sagte er vor seinen Anhängern. Tatsächlich lag es am Stadt-Land-Gefälle, dass er seine Mehrheit verlor.

Viele Tschechen in kleineren Gemeinden und vor allem Rentner halten trotz aller Vorwürfe und Enthüllungen zu Babis, der zuletzt die Renten, aber dafür auch die Staatsverschuldung deutlich erhöhte. Genau das sind die Wahlkreise, die wegen ihrer geringen Größe auch als erstes ausgezählt sind.

Deshalb lag Babis am Wahltag so lange in Führung. In den Großstädten hingegen, deren Ergebnisse erst ganz am Schluss feststehen, liegt die Opposition weit vorn.

Petr Fiala hat gute Chancen, Tschechiens neuer Regierungschef zu werden.
Petr Fiala hat gute Chancen, Tschechiens neuer Regierungschef zu werden.

© Michael Cizek/AFP

Der designierte Ministerpräsident Fiala gilt unter Beobachtern als geeigneter Kandidat, um die gesellschaftlichen Gräben zu schließen: Der 57-Jährige ist Politikprofessor und war vor seinem Einstieg in die Politik Präsident der Universität in Brünn.

Mit seiner besonnenen Art und seiner scharfen Argumentation überzeugte er auch in den Fernsehdebatten viele Tschechen und wurde so zum Gesicht der Opposition. Die Piratenpartei, die zusammen mit ihrem Bündnispartner, der Partei der Bürgermeister, noch im Frühling in allen Meinungsumfragen als Wahlgewinner gehandelt wurde, verlor wohl auch deshalb im Endspurt viele Stimmen an das konservative Bündnis.

Fiala hat die Konservativen reformiert

Fiala wurde 2012 tschechischer Bildungsminister, allerdings stürzte die damalige Regierung bereits ein Jahr später. 2013 wurde er Vorsitzender der Partei ODS, die in ihrer Vergangenheit viele Premierminister stellte.

Er übernahm sie in inhaltlich und personell ausgelaugtem Zustand, bei der Wahl 2013 erreichte sie nicht einmal acht Prozent. Fiala schaffte es aber, die Partei zu einen und das Programm zu reformieren. Ein konservativer, aber zugleich wirtschaftsliberaler Kurs ist es, für den er steht.

Auch die früher euroskeptische Haltung eines großen Teils der ODS-Mitglieder hat sich gewandelt. In ihrem Programm verpflichtet sich die Partei auf einen Kurs der Westorientierung. Außenpolitisch ist das eine der größten Veränderungen, die unter einem möglichen Premier Fiala zu erwarten sind. Denn Andrej Babis und vor allem der Präsident Milos Zeman liebäugelten oft eher mit Moskau und Peking als mit Brüssel.

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