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Am Ende turbulenter Sitzungstage schafften es Alice Weidel und Tino Chrupalla an die Spitze der AfD-Fraktion.

© dpa

Wahl an die Spitze einer radikalen Truppe: Weidel und Chrupalla führen die AfD-Fraktion

Nur mit zwei Dritteln der Stimmen schaffen es Weidel und Chrupalla an die Spitze der AfD-Fraktion. Das maue Ergebnis hat eine Vorgeschichte.

Als Alice Weidel und Tino Chrupalla nach der Abstimmung gemeinsam in den Aufzug steigen, wirken sie erleichtert. Zwei Drittel der AfD-Abgeordneten haben die beiden Spitzenkandidaten gerade an die Fraktionsspitze gewählt.

Es ist kein gutes Ergebnis – zumal es keine Gegenkandidaten gab. Aber nach dem, was in den vergangenen zwei Tagen in der neuen AfD-Fraktion passiert ist, war das zu erwarten. „Das ist die Politik“, sagt Weidel lapidar.

Gleich zum Start wurde sichtbar, wie streitlustig, aber auch wie unberechenbar die neue Fraktion ist. 25 der 83 AfD-Abgeordneten sind erstmals ins Parlament eingezogen. Jetzt mischen sich dort neue Radikale unter alte Scharfmacher und Querulanten.

Anstatt zügig die Fraktionsvorsitzenden zu wählen, wurde bereits am Mittwoch stundenlang über die Tagesordnung diskutiert. Ein neuer Abgeordneter wird der Fraktion nicht angehören, weil während des Wahlkampfs gegen ihn wegen Chatnachrichten mit NS-Bezug eine Ämtersperre verhängt worden war.

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Weidel sollte verhindert oder beschädigt werden

Dazu kam: Eine Gruppe von Abgeordneten hatte über den Sommer eine Intrige gegen Weidel gesponnen, um sie als Fraktionschefin zu verhindern. Der Hebel: die Arbeitsordnung der Fraktion. Hier war bislang vorgesehen, dass zwei Kandidaten in gemeinsamer Kandidatur – also im Doppelpack – an die Spitze der Fraktion gewählt werden.

Die Idee der Putschisten war, entweder eine Einerspitze in der Arbeitsordnung zu verankern – dann wäre Chrupalla als alleiniger Fraktionschef gewählt worden. Oder aber eine Doppelspitze, in der sich jeder Kandidat einzeln zur Wahl stellen müsste. Die Weidel-Gegner setzten darauf, dass die Ökonomin nicht durchkommen würde oder zumindest stark beschädigt wäre.

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Weidel steht wegen ihres Führungsstils und angeblich mangelnder „Leistungsbereitschaft“ in der Kritik. Sie ist aber auch eine Gegenspielerin von Parteichef Jörg Meuthen, der einige Verbündete in der Fraktion hat.

Gestützt wurde Weidel von Alexander Gauland. Mit ihm hat sie die letzten vier Jahre gemeinsam die Fraktion geführt. Auch wenn der 80-Jährige wegen seines Alters an Autorität verloren hat, hat sein Wort immer noch Gewicht. Er betont in der Fraktionssitzung, er habe mit Weidel sehr gut zusammengearbeitet.

Auf Weidel und Chrupalla wartet kein angenehmer Job

Dennoch wird es knapp. 40 Prozent der AfD-Abgeordneten stimmen für eine Einzelspitze. Es ist ein Wert, der durchaus als Maß für das Misstrauen gegen Weidel gelten darf. Anschließend wird über die Frage abgestimmt, ob die Doppelspitze im Tandem gewählt wird. Diesmal geht die Abstimmung mit 37 zu 37 Stimmen unentschieden aus. Somit bleibt es bei der bisherigen Tandem-Regelung. Für Weidel ist in diesem Moment klar: Die wichtigste Klippe ist umschifft.

Doch auf sie und den Sachsen Chrupalla wartet kein angenehmer Job. Der holprige Fraktionsstart ist nur ein Vorgeschmack auf die nächsten Jahre. Auch viele der neuen Abgeordneten sind entsetzt, wie streitlustig und ineffektiv die Fraktion ist.

Dazu kommen strategische Probleme: Die Partei ist nicht mehr Oppositionsführerin, darf also nicht auf den Kanzler antworten. Das bedeutet weniger Aufmerksamkeit. Mit Sorge erfüllt Strategen in der AfD, dass die CDU womöglich in der Opposition landet. Diese könnte dann – so die Befürchtung von vielen in der AfD – die Begrenzung der Migration wieder stärker zu ihrem Thema machen. Zur Abgrenzung würde die AfD wohl auf noch radikalere Positionen und Tabubrüche setzen.

„Beratend“ zur Seite stehen soll dem Fraktionsvorstand jetzt Alexander Gauland. Er wurde zum Ehrenvorsitzenden gewählt. Doch auch das ging nicht ohne Streit über die Bühne: Am Ende einigte man sich darauf, dass der Ehrenvorsitzende in dem Gremium kein Stimmrecht haben soll.

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