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 Hier geht's lang. Die Ausspäh-Aktivitäten des US-Geheimdienstes NSA hatten Deutschland veranlasst, in den USA auf ein No-Spy-Abkommen zu drängen.

© Jim Lo Scalzo/dpa/EPA

Angela Merkel und das No-Spy-Abkommen: Vorwurf der SPD: Das Kanzleramt warf Nebelkerzen

Neu aufgetauchte Vermerke von 2013 über Gespräche mit den USA zu einem No-Spy-Abkommen bestätigen aus Sicht der SPD den Vorwurf: Das Kanzleramt nahm den Mund zu voll - weil es die Kanzlerin gut dastehen lassen wollte.

Von Hans Monath

Die Sozialdemokraten sehen ihren Verdacht bestätigt, wonach das Kanzleramt im Wahlkampf 2013 die Aussichten auf ein No-Spy-Abkommen falsch dargestellt hat. Entsprechende Versprechungen hätten keine Grundlage gehabt, sagte der SPD-Obmann im NSA-Untersuchungsausschuss, Christian Flisek, am Mittwoch im Deutschlandfunk. Er reagierte damit auf einen Bericht von NDR, WDR und „Süddeutscher Zeitung“ über interne Vermerke aus dem Kanzleramt. Danach war Merkel schon am 7. August 2013 informiert worden, dass die USA keine konkreten Zusagen machen würden. Fünf Tage später erklärte Kanzleramtsminister Ronald Pofalla öffentlich, die USA hätten Deutschland ein No-Spy-Abkommen angeboten. Dagegen sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch, der Bericht bestätige die Behauptung der Bundesregierung, wonach sie stets „nach bestem Wissen und Gewissen“ informiert habe.

Flisek bezeichnete Erklärungen von Pofalla und Seibert aus dem Jahr 2013 über ein Angebot der US-Seite nun als „Nebelkerzen“. Den Vorwurf der Lüge gegen Merkel und Seibert erhob der SPD-Außenpolitiker aber ausdrücklich nicht. „Ich bin vorsichtig mit so einem Begriff“, sagte er: „Lüge ist ein sehr, sehr harter Begriff, und wir werden den Sachverhalt im Ausschuss jetzt erst mal aufklären.“ Der Sozialdemokrat warf den Verantwortlichen vor, sie hätten ohne konkrete Zusagen von einem Angebot der US-Regierung für eine solche Vereinbarung gesprochen: „Man hat auf jeden Fall den Mund zu voll genommen.“ Ziel sei eine Erzählung gewesen, wonach die Kanzlerin dem großen US-Partner ein Abkommen abgerungen habe. „Sie sollte am Ende als Heldin dastehen“, meinte Flisek. Der Sachverhalt, so wie er sich aus den Akten und aus den Zeugeneinvernahmen im Untersuchungsausschuss ergebe, „erzählt eine andere Sprache“.

US-Geheimdienstchefs hatten sich im August 2013 einer deutschen Delegation gegenüber offen für ein No-Spy-Abkommen gezeigt, zugleich aber darauf hingewiesen, dass darüber nur die US-Regierung entscheiden könne. Darüber informiere laut dem neuen Bericht der Recherchegruppe von NDR, WDR und SZ zwei Tage später ein Vermerk die Kanzlerin („Lag der Bundeskanzlerin vor“). Der Verfasser, der Leiter der Abteilung 6 des Kanzleramtes, schätzte die Aussichten auf ein Abkommen positiv ein, wies aber darauf hin, dass nur die Politik darüber befinden könne. Der damalige Außenminister Guido Westerwelle (FDP) wandte sich am selben Tag an seinen US-Kollegen John Kerry. Laut einem Gesprächsvermerk zeigte sich Kerry „bereitwillig, ohne Konkretes zuzusagen“.

Regierungssprecher Seibert wies den Vorwurf zurück, er selbst und andere Verantwortliche hätten nicht die Wahrheit gesagt. Der jüngste Bericht vermittele zwar einen anderen Eindruck, widerlege aber die bisherige Darstellung der Bundesregierung keineswegs. „Wir fühlen uns bestätigt“, betonte Seibert. Unverändert gelte, dass sich die Bundesregierung nach bestem Wissen und Gewissen geäußert habe. Durch diverse Kontakte zur US-Seite sei der Bundesregierung im Jahr 2013 erkennbar gewesen, dass es eine „grundsätzliche Bereitschaft“ zu einem Abkommen gegeben habe. Auch habe es „Verhandlungen über einen Text im Sinne eines sogenannten No-Spy-Abkommens“ gegeben. Entschieden wies Seibert die These zurück, Pofalla habe damals nicht die Wahrheit gesagt. Auch Merkel hatte zuvor eine Vertrauenserklärung für ihren früheren Kanzleramtsminister abgegeben.

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