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EU-Ratspräsident Donald Tusk, der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker (von links) bei der Pressekonferenz nach ihrem Treffen im bulgarischen Warna.

© Stoyan Nenov/Reuters

Gipfeltreffen Erdogan, Juncker, Tusk: Von Annäherung zwischen EU und Türkei keine Spur

Es sollte eine Wiederannäherung sein. Doch das Treffen zwischen den Spitzenvertretern der EU und dem türkischen Staatspräsidenten brachte nur die Differenzen zur Sprache.

Beim EU-Türkei-Gipfel in der bulgarischen Schwarzmeerstadt Warna haben beide Seiten in wichtigen Streitfragen keine Annäherung erzielt. EU-Ratspräsident Donald Tusk betonte am Montagabend nach den Gesprächen mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan, dass die EU weiter besorgt über die Rechtsstaatlichkeit in der Türkei sei. Zudem kritisierte er die Inhaftierung von EU-Bürgern in dem Land und die türkische Blockade von Erdgasbohrungen vor Zypern. Auch die Besorgnis der EU über die türkischen Militäraktionen in Syrien habe man zum Ausdruck gebracht.

Erdogan zeigte sich dennoch optimistisch, dass sich die Beziehungen zwischen der Türkei und der EU wieder verbessern könnten. „Wir hoffen, dass wir in den Beziehungen zwischen der Türkei und der Europäischen Union die schwierige Zeit hinter uns gelassen haben.“ Erdogan betonte, die Türkei strebe seit 1963 eine Mitgliedschaft in der EU an und sei immer noch Kandidat. Unmittelbar vor dem Gipfel hatte Erdogan von der EU gefordert, den eingefrorenen Beitrittsprozess wiederzubeleben.

Erdogan sprach sich dafür aus, die von Ankara angestrebte Modernisierung der Zollunion mit der EU schnell anzugehen und dabei politische Aspekte außen vor zu lassen. Er verwies darauf, dass seine Regierung im Februar der EU Vorschläge unterbreitet habe, wie die Türkei die noch offenen Bedingungen zur Visaliberalisierung erfüllen könnte. Die Visaliberalisierung müsse nun schnell umgesetzt werden.

Erdogan betonte: „Die Türkei ist ein demokratischer Rechtsstaat, der Menschenrechte und Grundrechte und Freiheiten respektiert.“ Zum Streit um die türkische Blockade von Erdgasbohrungen in Zypern sagte er, die Interessen der türkischen Zyprioten müssten berücksichtigt werden.

Die EU sicherte Erdogan zu, wie versprochen weitere drei Milliarden Euro für die Versorgung syrischer Flüchtlinge in der Türkei bereitzustellen. „Es sollte keinen Zweifel geben, dass die EU ihren Zusagen nachkommen wird“, sagte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.

Treffen sollte Beginn einer Wiederannäherung sein

Der Kommissionschef hatte vor dem Gipfel gesagt, er sehe dem Spitzentreffen mit gemischten Gefühlen entgegen. Auf türkischer Seite war es ähnlich. Das Treffen von Warna war ursprünglich als Beginn einer Wiederannäherung gedacht. Doch die EU und die Türkei sind inzwischen so weit auseinandergedriftet, dass es nicht mehr darum ging, ein besseres Verhältnis zu bauen, sondern nur noch darum, einen weiteren Niedergang abzuwenden. Das ist schwer genug: Erdogan kündigte kurz vor dem Treffen einen neuen Einmarsch seiner Armee in Syrien an.

Einfach getrennte Wege zu gehen, kommt für EU und Türkei nicht infrage. Die Türkei braucht die EU als Handelspartner, und die Europäer brauchen die Türken in der Flüchtlingspolitik. Alles, was über diese Kerninteressen hinausgeht, sorgt für Streit: Die Türkei stört die Erdgassuche des EU-Mitglieds Zyperns im Mittelmeer und legt sich mit Griechenland wegen der strittigen Grenzziehung in der Ägäis an. Erdogan lässt seine Armee in Syrien einmarschieren und wischt die Bedenken der Europäer vom Tisch. Europa wirft Ankara die massenweise Verletzung von Menschenrechten seit dem Putschversuch von 2016 und ein Abgleiten in die Diktatur vor – Erdogan vermisst die Solidarität seiner westlichen Partner bei der Verfolgung der Putschisten. (güs/dpa)

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