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Zuletzt zurückhaltend. CSU-Chef Markus Söder nährt keine Spekulationen zur Kanzlerkandidatur.

© Imago/Pohl

Virtueller Parteitag am Samstag: Die CSU debattiert über Gendersprache

Die CSU trifft sich am Samstag zum Digital-Parteitag. Statt der möglichen Kanzlerkandidatur von Markus Söder steht die gendergerechte Sprache im Mittelpunkt.

Von Robert Birnbaum

Berlin - Mit dem Althergebrachten bekommt es Markus Söder regelmäßig zu tun. Beim letzten echten CSU-Parteitag war es die Frauenquote, die die Delegierten dem reformfreudigen Chef verwehrten. Beim ersten echten Digital-Parteitag, zu dem sich die Partei an Samstag vor den Bildschirmen trifft, steht Söder eine Debatte über die „Verballhornung der Sprache mit überflüssigen Gender-Formulierungen“ bevor, eine weitere über ein Verbot des „Schlachtens ohne sichere Betäubung“ und eine über die Burka.

Doch wahrscheinlich ist es dem CSU- Chef recht, wenn sich die 800 Delegierten an derlei Themen abarbeiten. Söder hat neuerdings nichts dagegen, als Person etwas in den Hintergrund zu treten.

Der Parteitag war eigentlich anders geplant. Mitte Dezember wollte sich die CSU treffen, zwei Wochen nach dem CDU-Parteitag, auf dem die große Schwester ihren Vorsitzenden wählt. In München wäre die Kanzlerkandidatenfrage sozusagen vorverhandelt worden.

Doch an eine Großveranstaltung ist nicht zu denken, schon gar nicht in München. Söders strikter Anti-Corona-Kurs ist schließlich Markenzeichen. In Bayern liegen die Infektionszahlen trotzdem weiter ungewöhnlich hoch. Das lässt nicht nur Präsenzparteitage unmöglich erscheinen. Der CSU-Chef muss auch selbst gerade etwas kleinere Brezeln backen.

Es würde deshalb in den eigenen Reihen niemanden wundern, wenn seine Ansprache weniger nach Bundesregierungserklärung als ziemlich bayerisch klingt. Schließlich konnte, wer genau hinhörte, schon in letzter Zeit eine Variation in Söders Dauer-Versicherung „Mein Platz ist in Bayern“ bemerken. Er sei als CSU-Chef und Ministerpräsident „quasi ausbefördert“, gab er unlängst der FAZ zu Protokoll. Und die CSU-Abgeordneten im Landtag bekamen bei ihrer Herbstklausur zu hören: „Es glaubt mir immer keiner, aber ich meine es so: Mein Platz ist in Bayern, und da bleibe ich auch.“

Damit sind die Spekulationen natürlich nicht erledigt. Aber wer mit führenden CSU-Leuten spricht, bekommt den Eindruck, dass niemand die K-Frage befeuern will. Die CDU könne ja nur bockig reagieren, wenn schon vor der Wahl der Eindruck aufkomme, ihr neuer Chef zähle nicht, sagt ein Christsozialer. Zugleich gibt es die heimliche Sorge, dass Söder beim CDU-Parteitag als eine Art Schattenkandidat umhergeistern könnte.

Norbert Röttgen, dem niemand Chancen auf Sieg über Armin Laschet und Friedrich Merz einräumt, hat sich als der Bewerber positioniert, der in der Kanzlerfrage dem beliebten Bayern freiwillig das Feld überlassen könnte. Diesem Trick wollen sie in München nicht auch noch Vorschub leisten.

So wird wohl wenig über Kanzlerkandidaten gesprochen werden beim virtuellen Parteitag – dem ersten dieser Art in der CSU nach der noch debattenfreien virtuellen Premiere im Mai. Stattdessen rücken die Burka, das Schächten und der Sprachkampf ins Zentrum.

Die Prominenz verdankt das Thema übrigens nicht der Vorliebe der Medien für randständige Anliegen. Den Antrag C15 des Münchner Stadtrats Reinhold Babor haben die Delegierten selbst in einer Online-Abstimmung aus den gut 400 Seiten des Antragsbuchs als vordringlich ausgesucht. 16 Anträge kamen so zusammen, über die bei dem vierstündigen Event debattiert werden soll. Ein Antrag mit Corona-Bezug ist nicht darunter. Entweder ist die Partei also mit Söders Linie zufrieden. Oder ihnen ist wirklich noch wichtiger festzuhalten: „Die krampfhafte Wortwahl der Gender-Sprache hat in Behörden und Bildungseinrichtungen zu unterbleiben.“ Robert Birnbaum

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