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Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) bei einer Pressekonferenz zum Umgang mit der Bahn im Rahmen der Corona-Krise.

© dpa

Verkehrsminister Scheuer: Wer Daten des Diensthandys löscht, sollte entlassen werden

Es ist, als wären Seiten aus einer Akte entfernt worden. Das sollte Folgen haben. Ein Kommentar,

Ein Kommentar von Gerd Appenzeller

Es ist fast zehn Jahre her. Die jüngere Tochter lebte für ein Auslandsschuljahr in Neuseeland. Mitten in der Nacht erreichte uns eine SMS. Der Wortlaut: Papa, kannst du mal googeln, wie lange Nachbeben dauern? Ich begriff, dass die 16-Jährige auf der anderen Seite der Erde gerade ein Erdbeben erlebt hatte. Wir telefonierten sofort miteinander.

Natürlich habe ich diese alte, aber mir so wichtige Kurzmitteilung gesichert, obwohl ich inzwischen bestimmt das siebente oder achte neue Handy benutze. Jeder von uns hat das vermutlich schon so oder ähnlich erlebt: Ein neues Handy wird gekauft. Bevor man sich aber an den neuen Funktionen erfreuen kann, muss ein ganz anderes Problem gelöst werden: der Transfer aller Daten des alten auf das neue Telefon.

Denn viele von denen sind ja, wie das Beispiel aus Neuseeland zeigt, unersetzlich. Andere sind weniger emotional bewegend, aber auf andere Art geradezu lebenswichtig. Nicht nur alle Telefonnummern gehören dazu, sondern wichtige Mails, Chats mit den Kindern über Whatsapp. Ein ganzes Archiv des menschlichen Zusammenlebens findet sich auf so einem kleinen Telefon. Es ist das, was früher eine Briefsammlung ausmachte, und der Verlust der Daten würde wie eine Katastrophe empfunden.

Die Grundkriterien der Verwaltung

Und nun passiert angeblich zum zweiten Mal ausgerechnet bei einem Bundesminister, was jeder von uns als Privatperson um alles in der Welt vermeiden möchte: Erst war es die frühere Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, jetzt ist es Verkehrsminister Andreas Scheuer, den das vermeintliche Ungemach traf – ganze Kommunikationsstränge gingen verloren.

Bei von der Leyen verringert der Datenverlust durch angeblich versehentliches Löschen die Chancen, die Berateraffäre im Verteidigungsministerium aufzuklären. Bei Scheuer, der in erheblichem Maße Aufklärung in der desaströsen Mautgeschichte schuldig ist, seien die Daten bei der Umstellung von Blackberry auf Apple verloren gegangen, hieß es zunächst.

Dann kam möglicherweise Entwarnung: Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik habe eine Sicherungskopie erstellen können. Ob sie vollständig ist, wird sich noch zeigen. Man muss offensichtlich beiden Ministern und ihren Mitarbeitern Grundkriterien der Verwaltung in einem Rechtsstaat in Erinnerung rufen.

Wer dienstliche Daten, Mailkorrespondenzen und Chats auf einem Diensthandy löscht, handelt nicht anders als jemand, der aus einem verschriftlichten Aktenvorgang Seiten entfernt. Das ist ein straf-und dienstrechtlich relevanter Vorgang, der eigentlich zur Entlassung des Ministers und jener Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter führen müsste, die an diesem Betrug beteiligt waren.

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