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Schlecht versorgt? Immer mehr Klinik-Hebammen arbeiten nur Teilzeit.

© picture alliance / dpa

Verband beklagt Personalnot in Kliniken: Eine Hebamme gleichzeitig für fünf Schwangere

In den Kliniken gibt es nach Verbandsangaben immer weniger Hebammen. Das Gesundheitsministerium glaubt das nicht - und will erst mal zählen lassen.

Droht dem Land neben dem Mangel an Pflegekräften nun auch noch ein Personalnotstand in der Geburtshilfe? Der Deutsche Hebammenverband schlug am Donnerstag Alarm wegen immer stärkerer Engpässe in den Kreißsälen. Die Personalnot dort sei inzwischen so dramatisch, dass Gebärende und Neugeborene zunehmend unterversorgt seien.

Dem Verband zufolge müssen sich einzelne Hebammen in den Kliniken teilweise um fünf oder mehr Frauen gleichzeitig kümmern. Ein Teufelskreis, denn wegen der hohen Arbeitsbelastung steige die Teilzeitquote immer weiter. In den vergangenen 15 Jahren habe sie sich verdreifacht, nur noch 30 Prozent der Klinik-Hebammen arbeiteten in Vollzeit. Im Vergleich hätten die Geburtshelferinnen doppelt so viele Frauen zu versorgen wie in anderen europäischen Ländern.

Die Situation habe sich so zugespitzt, dass Einzelmaßnahmen nicht mehr reichten, sagte Verbandspräsidentin Ulrike Geppert-Orthofer. „Wir brauchen ein Geburtshilfe-Stärkungsgesetz“, meinte die Funktionärin in Anspielung auf das kürzlich beschlossene Stärkungsgesetz für Pflegepersonal. Nötig seien verbindliche Personalvorgaben, pro Geburt müsse eine Hebamme da sein. Zusätzliche Stellen müssten von den Krankenkassen refinanziert werden. Außerdem seien Klinik-Hebammen von fachfremden Tätigkeiten und Notfallversorgung zu entlasten.

Ministerium: Bislang fehlen verlässliche Daten

Nach Angaben des Verbandes waren 2017 knapp 9500 Hebammen in deutschen Kliniken angestellt, weitere 1800 arbeiteten als Beleg-Hebammen. Sie kümmerten sich um fast alle der rund 785.000 Kinder, die zu dieser Zeit geboren wurden. Nur 1,6 Prozent der Säuglinge kamen zuhause oder in Geburtshäusern zur Welt.

Das Gesundheitsministerium reagierte verhalten auf die Forderungen. Man habe die Situation im Blick, sagte ein Sprecher dem Tagesspiegel. Bislang fehlten aber verlässliche Daten, die eine tatsächliche Unterversorgung mit Hebammen belegen würden. Ein entsprechendes Gutachten sei in Auftrag gegeben, man erwarte die Ergebnisse für den Spätsommer. Erst dann werde man wissen, ob Handlungsbedarf bestehe.

Kassenausgaben stiegen um 60 Prozent

Bereits in den vergangenen Jahren seien aber „zahlreiche Schritte zur Verbesserung der Versorgung unternommen worden“, betonte der Sprecher. Die Kassenausgaben für Hebammenleistungen hätten sich zwischen 2008 und 2016 von gut 366 auf fast 588 Millionen Euro erhöht – eine Steigerung um 60,4 Prozent in acht Jahren.

Zudem verpflichte das bereits beschlossene Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG), das noch im Mai in Kraft treten soll, die Kassen zur Einrichtung einer Hebammen-Datenbank. Das Ziel dieses Registers sei es, Schwangere bei der Suche nach einer Geburtshelferin zu unterstützen und dabei „alle verfügbaren Ressourcen auszuschöpfen“.

Die Kassen hätten sich dem TSVG zufolge künftig auch an den Kosten einer besseren Kinderbetreuung für Klinik-Hebammen zu beteiligen. Und mit einem weiteren Gesetz beabsichtige man, die Ausbildung zu akademisieren und den Beruf dadurch wieder attraktiver zu machen.

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