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Herzluftballons am Valentinstag.

© DPA

Valentinstag in der Pandemie: Eine Erinnerung an die Leichtigkeit des Seins

Der Valentinstag erinnert an die spielerische Art der romantischen Liebe. Sie ist vor lauter Vernunft und Verantwortung fast vergessen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Andrea Nüsse

Viel Augenmerk richtet sich in der Corona-Zeit auf die Einsamkeit. Noch mehr thematisiert wird die schwierige Lage von Familien und Eltern, die eher zu viel Dauer-Gemeinschaft aushalten müssen. Nächstenliebe, Elternliebe oder Kinderliebe werden allerorten beschworen und gleichzeitig auf die Probe gestellt.

Denn zwar hat der Lockdown des öffentlichen Lebens zu einer Besinnung auf den Wert der Familienbeziehungen geführt, aber die Liebe zwischen Eltern und Kindern wird eben auch strapaziert: Obwohl Liebe per se erst einmal auf keinen Nutzen ausgerichtet ist, ergeben sich aus Kinder- oder Elternliebe Verantwortlichkeiten, die derzeit ganz erheblich dazu beitragen, staatliche Strukturen zu ersetzen und damit die Gesellschaft im Ausnahmezustand am Laufen zu halten.

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Erwachsene Kinder kümmern sich um ihre alternden Eltern, Väter und Mütter jüngerer Kinder sind im Homeoffice plötzlich auch noch Lehrer und Spielgefährten. Liebe hat großen gesellschaftlichen Nutzwert dieser Tage.

In diesem winterlichen Corona-Blues schreckt der Valentinstag einen geradezu auf. Eigentlich ein durchkommerzialisierter, wirtschaftlich nützlicher Feiertag, an dem sich mit Blumen und Schokolade gut verdienen lässt.

In diesem Jahr ist der Valentinstag hoch willkommen

Doch in diesem Jahr ist er hochwillkommen, weil er an etwas ganz Elementares erinnert: Stimmt, es gibt da ja auch noch die ganz leichtfüßige, spielerische Art der (romantischen) Liebe und Zweisamkeit, die der Mensch seelisch und körperlich braucht. Ohne dass sie gleich irgendwie nützlich ist. Oder mit Aufgaben und Verantwortung überfrachtet wird.

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In Zeiten, wo alles so furchtbar ernst und spaßfrei ist, wo es immer gleich um Leben und Tod geht, wo jede und jeder ständig vernünftig sein soll zum Wohle der Gemeinschaft – da wirkt ein Valentinstag wie aus der Zeit gefallen. Fast übermütig, schelmisch, frivol. Ein Flashback in das vermeintlich pralle Leben vor der Pandemie. Eine Erinnerung an eine Leichtigkeit des Seins, die man schon fast vergessen hatte.

Eltern- und Kinderliebe wird derzeit mit Verantwortung überfrachtet

Denn selbst Liebesbeziehungen werden in Corona-Zeiten nur mit Sorgenfalten und Argusaugen analysiert: Psychologen vergleichen die Lockdown-Auswirkungen auf Paare mit gemeinsamen Sommerferien, die auch nicht jeder Beziehung gut tun oder mit dem Effekt eines Brennglases, das alles überdeutlich zutage treten lässt.

Angesichts der fehlenden äußeren Zerstreuung und der erzwungenen räumlichen Nähe treten bereits vorhandene Probleme offener zutage. Paare, denen es so ergeht, tun gut daran, den klassischen Valentinstag mit den daran geknüpften Harmonie-Erwartungen zu ignorieren.

Und die relativ harmonisierenden und erprobten Paare, die ihre Beziehung in diesen Lockdown-Zeiten eher stärken können, sie brauchen eigentlich keinen Anlass, sich darauf zu besinnen, etwas für ihre Beziehung zu tun.

Natürlich ist gegen Acht- und Aufmerksamkeiten für den Partner oder die Partnerin auch am Valentinstag nichts einzuwenden. Der ultimative Liebesbeweis könnte die Übernahme der Hausaufgabenbetreuung im Homeschooling sein. Aber das ist schon wieder so vernünftig und nützlich.

Dabei leben Liebes-Beziehungen doch auch von Spieltrieb, Unvernunft und Träumerei. An diese Leichtigkeit des Lebens und die Nutzlosigkeit der Liebe erinnert der Valentinstag in diesem Jahr. Vielleicht fällt ja jedem etwas richtig Albernes ein, um die Geliebten zum Lachen zu bringen.

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