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Aufräumen nach den US-Angriffen. Sie waren die Antwort auf eine ganze Serie von Raketenschlägen der pro-iranischen Gruppe Kataib Hisbollah.

© REUTERS

US-Luftangriffe auf Kataib Hisbollah im Irak: Die Kriegsgefahr zwischen USA und Iran wächst

Eskaliert der Konflikt? Im Sommer hatten beide Seiten eine militärische Konfrontation in letzter Minute vermieden. Diesmal könnte es anders ausgehen.

Nach amerikanischen Luftangriffen auf eine pro-iranische Miliz im Irak droht ein Krieg zwischen den USA und dem Iran. Die US-Luftschläge töteten 25 Milizionäre. Sie waren die Antwort auf Raketenangriffe der pro-iranischen Gruppe Kataib Hisbollah (KH) auf amerikanische Militärstützpunkte im Irak, bei denen zuletzt ein US-Militärberater getötet worden war. Nun droht die KH mit Vergeltung. Die Spannungen sind Teil des amerikanisch-iranischen Konflikts, der sich seit der Aufkündigung des internationalen Atomabkommens durch die USA aufheizt. Im Sommer hatten beide Seiten eine militärische Konfrontation in letzter Minute vermieden. Diesmal könnte es anders ausgehen. Auf beiden Seiten haben die Hardliner an Einfluss gewonnen. Zugleich erschweren anstehende Wahlen in beiden Ländern einen Ausgleich.

Pro-iranische Gruppen wie die KH und die Al-Quds-Elitetruppe der iranischen Revolutionsgarden spielen militärisch wie politisch wichtige Rollen im Irak. Presseberichten zufolge mischte Al-Quds-Kommandeur Quassim Suleimani kürzlich beim Gewalteinsatz irakischer Sicherheitskräfte gegen die landesweite Protestbewegung und bei Entscheidungen über die Zusammensetzung der irakischen Regierung mit.

Aus iranischer Sicht soll das Engagement beim Nachbarn sicherstellen, dass vom Irak kein Krieg mehr gegen den Iran ausgeht, wie das unter Saddam Hussein in den 1980er Jahren der Fall war. Zudem will Teheran den amerikanischen Einfluss im Irak zurückdrängen und über den Irak und Syrien einen Einflussbogen bis zum iranischen Verbündeten Hisbollah im Libanon spannen. Diese Strategie wird von den US-Verbündeten Israel und Saudi-Arabien als Bedrohung verstanden. Der Streit um das iranische Raketenprogramm und der Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen mit Teheran fachen die Spannungen weiter an.

Das macht den Irak zu einem möglichen Kriegsschauplatz, denn in keinem anderen Land kommen sich pro-iranische Kämpfer und amerikanische Soldaten so nah wie dort. Rund 150.000 pro-iranische Milizionäre im Irak erhalten ihre Befehle aus Teheran. Zugleich sind etwa 5000 US-Soldaten im Irak stationiert.

Bewusste Eskalation

Beide Seite geben sich gegenseitig die Schuld an der jüngsten Eskalation. Nach Angaben von pro-iranischen Gruppen haben die US-Soldaten mehrmals Stützpunkte der Milizen bombardiert. US-Militärs berichten dagegen seit Monaten über einen zunehmenden Raketenbeschuss auf amerikanische Militäreinrichtungen. Am vergangenen Freitag gingen nach amerikanischen Angaben rund 30 Raketen auf einen Stützpunkt nahe der nordirakischen Stadt Kirkuk nieder. Dabei starb ein ziviler US-Militärberater.

Als Antwort bombardierten amerikanische Kampfflugzeuge drei KH-Stützpunkte im Irak und zwei weitere in Syrien. Dabei wurden Munitionsdepots getroffen. KH-Gründer Abu Mahdi al-Mohandes kündigte Vergeltung an. Er ist ein ranghoher Kommandant der Volksmobilisierungskräfte, einer Dachorganisation pro-iranischer Milizen, und damit einer der mächtigsten Verbündeten Teherans im Irak. Die iranische Regierung verurteilte die US-Luftangriffe als „klaren Beweis für Terrorismus“.

Damit seien die Weichen für eine weitere Eskalation gestellt, kommentierte Aaron Stein, Nahost-Experte an der Denkfabrik FPRI in Philadelphia. Die Milizen würden weiter Raketen auf US-Ziele abfeuern, prophezeite Stein auf Twitter. Die USA hätten sich bewusst auf die Eskalationsspirale eingelassen: Dahinter stecke der Wunsch nach einem Regimewechsel in Teheran, einem Lieblingsprojekt von Hardlinern in Washington. „Gewalt ist die einzige Sprache, die der Iran versteht“, twitterte der einflussreiche Senator Lindsey Graham nach den US-Luftschlägen.

Wenig Chance auf Vermittlung

Präsident Donald Trump hatte im Sommer einen US-Vergeltungsangriff auf den Iran nach dem Abschuss einer US-Drohne in letzter Minute abgeblasen. Damals waren, anders als diesmal, keine Amerikaner zu Schaden gekommen. Trump hat seinen Wählern zwar einen Rückzug der USA aus Krisengebieten wie dem Nahen Osten versprochen. Weniger als ein Jahr vor den US-Wahlen wird er sich aber nicht dem Vorwurf aussetzen wollen, den Tod von US-Bürgern ungesühnt zu lassen.

Auch im Iran herrscht Vorwahlkampfzeit. Bei der Parlamentswahl Ende Februar werden Zugewinne für die Konservativen erwartet, die den Kurs einer vorsichtigen Öffnung des Landes unter Präsident Hassan Ruhani für gescheitert halten. Ruhani kann keine Erfolge vorweisen, weil die USA das Atomabkommen verlassen und Sanktionen wieder eingeführt haben. Vermittlungsbemühungen aus Japan und der EU haben in dieser Atmosphäre kaum eine Chance.

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