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Angela Merkel, hier noch im Jahr 2021 als Kanzlerin, bei einer offiziellen und nicht-vertraulichen Pressekonferenz in Berlin

© Wolfgang Kumm/dpa

Update

Urteil zu Transparenz: Merkels vertrauliche Medien-Treffen müssen nicht mehr offengelegt werden

Mit dem Regierungswechsel seien alle Informationen zu Hintergrundgesprächen weg, so das Oberverwaltungsgericht. Der Journalisten-Verband kritisiert das Urteil

Die vertraulichen Presse-Hintergrundgespräche der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) müssen nicht mehr nachträglich offengelegt werden. Das hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg am Mittwoch nach einer Klage des Tagesspiegels gegen das Bundeskanzleramt entschieden (Az.: 6 B 1/21).  Die begehrten Informationen seien infolge des Regierungswechsels nicht mehr vorhanden, hieß es zur Begründung.

Der Deutsche Journalisten-Verband kritisierte das Urteil: „Es ist bedauerlich, dass die Treffen der früheren Bundeskanzlerin geheim bleiben dürfen. Angela Merkel hat nicht als Privatperson agiert, sondern im Rahmen ihres Amtes. Darüber müssen Medien berichten dürfen“, heißt es in einer Stellungnahme.

Das Bundeskanzleramt organisiert wiederkehrend Treffen mit Medienvertretern zum informellen Austausch über politische Themen. Dafür müssen sich die Journalisten verpflichten, über die Gesprächsinhalte Stillschweigen zu bewahren. Anfragen des Tagesspiegels im Jahr 2016 zu dieser Praxis lehnte das Kanzleramt ab. Dabei ging es insbesondere um die vom Kanzleramt erteilten Einschätzungen und Informationen zum Brexit, der Flüchtlingskrise sowie zum Umgang mit der AfD. Ihre Verweigerung begründete die Regierung mit der verabredeten Geheimhaltung. Falls Einzelheiten der Treffen bekannt würden, müssten diese gestoppt werden. Sie seien für die Arbeitsfähigkeit des Kanzleramts aber unersetzlich.

In den Akten sei nichts dokumentiert, hieß es

Das Verwaltungsgericht hatte der Klage in erster Instanz im November 2020 gleichwohl stattgegeben (Az.: 27 K 34.17). Dieses Urteil hob das OVG nun mit Blick auf den „maßgeblichen gegenwärtigen Zeitpunkt“ auf. Auskünfte zu Datum, Veranstaltungsort, Themen, Teilnehmern und den konkreten Inhalten aller im Jahr 2016 durchgeführten Hintergrundgespräche könnten jetzt nicht mehr erteilt werden. Informationen dazu seien weder in Akten oder Vorgängen des Bundeskanzleramts dokumentiert noch bei im Kanzleramt tätigen Personen abzufragen. Sämtliche Personen, die für das Bundeskanzleramt an den Hintergrundgesprächen teilgenommen haben könnten, seien im Zuge des Regierungswechsels ausgeschieden. Das Bundeskanzleramt sei auch nicht verpflichtet zu ermitteln, welche weiteren bei ihm noch tätigen Personen potenziell in der Lage wären, hierzu Angaben zu machen. Mit einer solchen Befragung würde nach Ansicht des Gerichts die Grenze zu einer behördlich nicht geschuldeten Sachverhaltsermittlung überschritten.

Ein Eilverfahren wurde mangels Dringlichkeit abgelehnt

Der Tagesspiegel hatte in dem Verfahren damit argumentiert, das Kanzleramt hätte spätestens mit dem erstinstanzlichen Urteil im Jahr 2020 die behördlichen Kenntnisse zu den Informationsbegehren feststellen und sichern müssen, um den presserechtlichen Auskunftsanspruch erfüllen zu können. Zudem könnten die damals dienstlich Beteiligten auch jetzt noch befragt werden.

Ein vom Tagesspiegel geführtes Eilverfahren in der Sache war 2017 ebenfalls vor dem Oberverwaltungsgericht gescheitert. Damals entschieden die Richter, für die öffentliche Information über die Hintergrundgespräche des Kanzleramts bestehe kein Eilbedarf, weshalb ein Hauptsachverfahren zu führen sei (Az.: OVG 6 S 1.17). Eine Revision zum Bundesverwaltungsgericht ließ das OVG nicht zu. Dagegen kann noch eine Rechtsbeschwerde erhoben werden.   

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