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Bundeskanzler Olaf Scholz bei der Messe Re:publica in Berlin

© REUTERS/Annegret Hilse

Unterstützung für die Ukraine: Scholz warnt vor „Teilung der Welt“ durch russischen Angriffskrieg

Bundeskanzler Olaf Scholz befürchtet einen langwierigen Verlauf des Krieges in der Ukraine. Er spricht erneut von einer Zeitenwende für Europa und die Welt.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Lieferung von Waffen und Militärgütern in die Ukraine erneut verteidigt und zugleich vor einer „Teilung der Welt“ gewarnt. Der Krieg in der Ukraine sei eine Zeitenwende, „weil ein einziges Land, Russland, mit der Macht seines Militärapparats und ohne jeden Anlass internationales Recht auf brutalste Weise bricht“, sagte Scholz am Donnerstag auf der Re:publica, der Messe für die digitale Gesellschaft, in Berlin. Er ist der erste deutsche Regierungschef, der auf der Konferenz zu Gast ist.

Knapp 80 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs verschiebe Russland die Grenzen in Europa, „um ein anderes Land zu unterwerfen und sich zumindest Teile davon einzuverleiben“, sagte Scholz. „Das ist blanker Imperialismus.“ Dieser werde niemals akzeptiert.

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Daher seien die Sanktionen gegen Russland verhängt, Millionen ukrainischer Geflüchteter in der EU aufgenommen und die Unterstützung der Ukraine fortgesetzt worden „wirtschaftlich, finanziell, humanitär und auch militärisch“. Und deshalb sei auch die Entscheidung getroffen worden, „dass Deutschland erstmals in großem Umfang Waffen und Militärgüter in ein Kriegsgebiet schickt“, sagte Scholz. Dies geschehe in engster Abstimmung mit den Partnern in der EU, der Nato und der G7-Staaten.

In Ländern in Asien, Afrika oder Südamerika wachse infolge des russischen Angriffskriegs zugleich die Sorge vor Hungersnöten, Rohstoffknappheit, Energiemangel, unterbrochenen Lieferketten und „vor einem Abgehängt- und Vergessenwerden vom Rest der Welt“, sagte der Bundeskanzler. Er betonte weiter: „Es droht eine neue Teilung der Welt.“

Bundeskanzler Olaf Scholz bei der Re:publica in Berlin
Bundeskanzler Olaf Scholz bei der Re:publica in Berlin

© REUTERS/Annegret Hilse

Scholz rief außerdem zu internationaler Zusammenarbeit und Solidarität auf: „Es lohnt sich zusammenzuarbeiten an einer Weltordnung, die der multipolaren Realität des 21. Jahrhunderts gerecht wird.“ Er sei überzeugt, dass die sogenannte De-Globalisierung, die einige derzeit propagierten, ein gefährlicher Irrweg sei.

„Niemand kann sich abkoppeln von der Welt“, sagte Scholz. Das gelte für die analoge Welt, wo Klimawandel, Gesundheitskrisen, Armutsbekämpfung, Handel und Wissenstransfers die internationalen Zusammenarbeit zwingend erforderlich machten. Das gelte aber auch für den digitalen Raum.

Scholz plädiert für verstärkte Cyberabwehr

"Immer häufiger werden digitale Technologien als geopolitisches Machtinstrument missbraucht, teils auch gezielt für Desinformationskampagnen", sagte Scholz auf der Messe. "Darauf werden wir uns besser einstellen - auch das ist im Übrigen eine konkrete Konsequenz der Zeitenwende." Der Bundeskanzler kündigte hat eine konsequentere Abwehr von digitalen Einflussversuchen aus dem Ausland an.

Zum Risiko gezielter Desinformationskampagnen aus Russland sagte Scholz: "Man kann das nicht ernst genug nehmen." Die zuständigen Stellen in Deutschland hätten derartige Aktivitäten genau im Blick.

Der Kanzler räumte zugleich ein, "dass noch viel zu tun wäre, um noch besser zu werden". Es gelte, "das Internet als den progressiven, demokratisierenden Raum für weltweite Vernetzung und Wissensaustausch zu erhalten und zu stärken", sagte der Kanzler. "Das bedeutet "Zeitenwende' digitalpolitisch." Ausdrücklich kritisierte der Kanzler China und Russland für den Versuch, das Internet zu reglementieren. "Wissen ist Macht. Und von dieser Macht des Wissens fühlen sich nicht wenige bedroht", sagte er. "Deshalb erleben wir, wie staatliche Akteure dem freien Internet Grenzen setzen."

Langwieriger Krieg in der Ukraine befürchtet

Scholz befürchtet auch einen langwierigen Verlauf des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Russlands Präsident Wladimir Putin habe noch nicht verstanden, dass seine Pläne nicht aufgehen werden, sagte Scholz in einem Interview des Radiosenders Antenne Bayern.

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„Nachdem es ihm nicht gelungen ist, die ganze Ukraine zu erobern und seine Truppen um Kiew herum zurückgezogen hat, bombardiert er jetzt die Regionen im Osten der Ukraine, vor allem den Donbass, und hat offenbar die Vorstellung, dass, wenn er da alles nieder gebombt hat, das dann ein Teil des russischen Imperiums werden kann“, sagte Scholz. „Das wird aber nicht funktionieren.“

Die vom Westen verhängten Wirtschaftssanktionen gegen Russland beeinträchtigten die Entwicklungsmöglichkeiten des Landes erheblich, sagte der Kanzler. „Und die wird er nicht los, ohne das zu machen, wozu wir ihn die ganze Zeit auffordern, nämlich seine Truppen wieder zurückzuziehen und einen fairen Frieden mit der Ukraine zu vereinbaren.“ (dpa, KNA, AFP)

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