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Finanzminister Olaf Scholz spricht auf einer Pressekonferenz zu den Medienvertretern.

© Kay Nietfeld/dpa

Koalition auf Kollisionskurs: Union lässt nervöse SPD bei Grundrente auflaufen

Rechtzeitig vorm Wahlsonntag hat die SPD ihr Konzept zur Finanzierung der Grundrente lanciert. Bei der CDU stößt es auf Ablehnung. Verpufft der Effekt?

Kurz vor dem wichtigsten Wahlsonntag des Jahres verschärft sich in der großen Koalition wegen des Streits um die Finanzierung der geplanten Grundrente für Geringverdiener der Ton. „Dieses Konzept wird so nie den Bundestag passieren", sagte CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak in Berlin. Zuvor hatten die SPD-Minister Hubertus Heil (Soziales) und Olaf Scholz (Finanzen) kurz vor der Europa- und Bremenwahl einen Vorschlag hierzu vorgelegt, der ab 2021 drei Millionen Rentnern, die mindestens 35 Jahre Beiträge gezahlt haben, eine Aufstockung garantieren sollte.

Der Unions-Haushälter Eckhardt Rehberg sprach mit Blick auf den Plan, die neue Sozialleistung über einen wieder auf 19 Prozent steigenden Mehrwertsteuersatz für Hotelübernachtungen oder Einnahmen aus der Finanztransaktionssteuer zu finanzieren, von „Luftbuchungen".

Die neue Sozialleistung soll nach Vorstellung der SPD ohne Bedürftigkeitsprüfung verteilt werden. Sie soll im Einführungsjahr 3,8 Milliarden und später 4,8 Milliarden Euro jährlich kosten. Die Union pocht auf den Koalitionsvertrag und fordert eine darin vereinbarte Prüfung der Bedürftigkeit, um den Empfängerkreis zu begrenzen. Als Beispiel wird gern die Zahnarztgattin genannt, die jahrelang in der Praxis mitgeholfen habe und diese Aufstockerrente nicht brauche.

Ein Manöver, um bei den Wählern zu punkten?

In einer konzertierten Aktion hatten Scholz und Heil am Dienstagabend ihr Konzept lanciert, begleitet von TV-Interviews. Doch die Hoffnung, damit angesichts von Umfragewerten von 16 Prozent für die Europawahl und einem drohenden Bremen-Debakel mit dem Thema soziale Gerechtigkeit zu punkten, könnte ins Leere laufen. Die Union sprach von einem durchsichtigen Manöver und blockte das nicht vom Koalitionsvertrag gedeckte Ansinnen ab.

SPD-Chefin Andrea Nahles reagierte mit Unverständnis: Die Union habe ein Konzept und Finanzierungsvorschläge verlangt. Nun sage die Union: „Aber bitte nicht die Steuerprivilegien für Hoteliers antasten.“ Für wen mache die Union eigentlich Politik?

Aber gerade das Finanzierungskonzept stieß auf breite Ablehnung. So gibt es die Finanztransaktionssteuer noch gar nicht, rund 700 Millionen Euro bringen soll die Rückabwicklung der „Mövenpick-Steuer“ (benannt nach umstrittenen Wahlkampfspenden an die FDP), mit der der Mehrwertsteuersatz für Hotelübernachtungen auf 7 Prozent gesenkt worden war. Zudem sollte eine Finanzierung über einen Griff in die Sozialkassen erfolgen.

Guido Zöllick, Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes sprach von einem „Schlag ins Gesicht“ der Branche. Auch die SPD-Minister sollten wissen, dass in 26 von 28 EU-Mitgliedstaaten der reduzierte Satze gelte, es gehe um Chancengleichheit.

SPD sackt in Umfragen zur Bremenwahl weiter ab

Besonders die SPD muss einen schwarzen Wahlsonntag befürchten, was den Druck auf Partei- und Fraktionschefin Nahles massiv erhöhen würde. In Bremen, wo die SPD seit 1949 regiert, sackte sie in Umfragen weiter ab, in einer Insa-Umfrage für die „Bild“-Zeitung liegt die Partei von Regierungschef Carsten Sieling nur noch bei 23 Prozent.

Die CDU mit ihrem Spitzenkandidaten Carsten Meyer-Heder ist auf 28 Prozent enteilt, die Grünen kommen auf 18 Prozent, die Linke auf elf. FDP und AFD müssen mit je sechs Prozent um den Einzug in die Bürgerschaft bangen.

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