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Die oberste Demokratin Nancy Pelosi zerreißt das Redemanuskript von US-Präsident Donald Trump.

© Mark Wilson/Getty Images/AFP

Update

Unglaubliche Szenen bei „State of the Union“: Und dann zerreißt Pelosi Trumps Redemanuskript

Bei Trumps Rede zur Lage der Nation folgt ein Eklat auf den nächsten. Jahrzehntelang einstudierte Höflichkeitsbekundungen kommen nicht zustande.

Nach 78 Minuten ist es vorbei. Der US-Präsident hat seine "State of the Union", seine alljährliche Rede an die Nation gehalten. Applaus brandet auf, fast alle, auch die meisten Vertreter der Opposition stehen auf – und dann zerreißt die führende Demokratin im Repräsentantenhaus demonstrativ ihre Kopie des vorher verteilten Redemanuskripts von Donald Trump in zwei Teile.

Nancy Pelosi bestätigt das im Anschluss sogar auf die entsprechende Frage eines Mitarbeiters von Trumps Lieblingssenders Fox News. Ihre Begründung? "Weil es in Anbetracht der Alternativen noch die höflichste Reaktion war." Später wird versichert, es habe sich um eine spontane Reaktion gehandelt, weil sie einfach so wütend über die Dreistigkeiten des Präsidenten gewesen sei.

Es sind schier unglaubliche Szenen, die sich am Dienstabend im US-Kongress abspielen. Und die Kameras der amerikanischen Sender zeigen ungeniert aller Welt, wie es um den Zustand der amerikanischen Nation bestellt ist.

Die kurze Antwort: verheerend. Die Vereinigten Staaten sind drei Jahre nach Trumps Amtsantritt ein zutiefst gespaltenes Land, das selbst über Jahrzehnte einstudierte Höflichkeitsbezeugungen nicht mehr zustande bekommt.

Kein Handschlag

Begonnen hat die Abfolge der Eklats an diesem historischen Abend der US-Präsident: Als er sich zu Pelosi umdreht und ihr sein Redemanuskript überreicht, ignoriert er ihre ausgestreckte Hand. Das natürlich vor laufender Kamera.

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Pelosi kontern mit der knappest möglichen Begrüßung Trumps. Immerhin handelt es sich bei dem Redner immer noch um einen Präsidenten unter Anklage – erst an diesem Mittwoch wird die zweite Kongresskammer, der Senat, ihn erwartungsgemäß im Impeachment-Verfahren freisprechen. Ein Verfahren, das Pelosi eingeleitet hat.

Das gab es noch nie in der Geschichte des Landes, und Pelosi will offenbar ein Statement machen. Statt den Präsidenten mit den üblichen Floskeln von der "großen Ehre" und der "besonderen Freude" zu begrüßen, sagt sie lediglich: "Meine Damen und Herren, der Präsident".

Auch in Trumps Rede wird dann die Feindschaft zum politischen Gegner deutlich. Er vermeidet er es, den Demokraten auch nur den Hauch einer Anerkennung für gemeinsam geleistete Gesetzgebung zuzugestehen.

Trump lobt nur sich selbst

Trump geht sogar so weit, wahrheitswidrig zu behaupten, er und seine Regierung setzten sich dafür ein, dass Patientengruppen mit bestimmten Vorerkrankungen Versicherungsschutz erhalten können. Das Gegenteil ist der Fall, wie die Faktenchecker der US-Medien sofort gegenhalten: Die Trump-Regierung klage gegen entsprechende Regelungen.

Die 'unglaublichen Vorgänge' sind nur der vorläufige Höhepunkt einer langen Entwicklung. Die Feindschaft zwischen Republikanern und Demokraten nahm ihren Anfang, als der Kongress nicht mehr als demokratisches Regulativ verstanden wurde, sondern als Möglichkeit, die Politik eines Präsidenten konsequent zu sabotieren

schreibt NutzerIn Gophi

Trumps Rede war als Bewerbungsrede für eine zweite Amtszeit angekündigt worden. Im November möchte er wiedergewählt werden, und daher betet er einen angeblichen Erfolg nach dem anderen herunter: historisch niedrige Arbeitslosen- und Verbrechenszahlen, eine boomende Wirtschaft und das stärkste Militär in der amerikanischen Geschichte. Der "Stolz des Landes" sei wiederhergestellt und die Zeiten seien vorbei, dass andere Länder auf Kosten der USA lebten. Vieles kennt man von seinen "Make America Great Again"-Rallys.

"Der Zustand unserer Nation ist stärker als jemals zuvor", behauptet Trump in seiner dritten "State of the Union". Die anwesenden Republikaner belohnen das mit rhythmischen Rufen nach "vier weiteren Jahren".

Eine Reihe von Show-Effekten

Natürlich hat der einstige "Reality TV"-Star Trump auch diverse Show-Effekte eingeplant. So erhält ein junges, afroamerikanisches Mädchen ein Stipendium, eine Soldaten-Gattin wird vom Heimatbesuch ihre Ehemannes überrascht, ein konservativer Radiomoderator mit Krebserkrankung wird die "Medal of Honor" von Trumps Ehefrau Melania umgehängt.

Und auf der Presstribüne sitzt der selbsternannte venezolanische Interimspräsident Juan Guaidó – bei dessen Begrüßung und der Zusage Trumps für amerikanische Unterstützung sind die versammelten Abgeordneten und Senatoren sich dann doch einmal einig. Es ist ein seltener Moment.

Ansonsten ist der Protest der Demokraten schon rein äußerlich klar zu erkennen: Wie schon im vergangenen Jahr haben sich dutzende Demokratinnen, darunter auch Pelosi, ganz weiß gekleidet, um so für Frauenrechte zu demonstrieren. Wem sie den Mangel daran auch gut 100 Jahre nach der Einführung des Frauenwahlrechts vorwerfen, ist nicht schwer zu erraten.

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