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Welche Energie setzt sich durch? Windrad und Schornsteine des nordrhein-westfälischen Kraftwerks Walsum.

© imago images / blickwinkel

UN-Klimagipfel: Europa muss die Standards setzen

Nur, wenn die EU eine finanzielle Lösung für Kohlestaaten wie Polen findet, kann sie ein neues Klimaziel beschließen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Susanne Ehlerding

UN-Generalsekretär António Guterres hat diese Woche die verbale Bazooka rausgeholt. „Die Menschheit führt einen Krieg gegen den Planeten. Das ist selbstmörderisch“, sagte er an der New Yorker Columbia University. Und: „Wir stehen kurz vor der Klimakatastrophe.“ Es war eine aufrüttelnde Rede, schon auf den UN-Klimagipfel am 12. Dezember – zum Jahrestag des Pariser Klimaabkommens – hin geschrieben.

Guterres sieht die Gefahr besser als andere, weil er auf die vielen Menschen schaut, die schon heute unter den Folgen des Klimawandels leiden. Nur ein Beispiel: Mittelamerika hatte sich noch nicht vom Hurricane „Eta“ erholt, da fegte schon „Iota“ über die Region hinweg. So viele Stürme gab es dieses Jahr, dass die festgelegten Namen nicht reichten und man auf das griechische Alphabet zurückgreifen musste.

In Deutschland geht es uns dagegen noch gut. Sicher, der deutsche Wald vertrocknet. Ja, es gab in den vergangenen 20 Jahren mehrere Jahrhundertfluten. Und ja, in den Hitzesommern der vergangenen Jahre starben wieder viele alte und schwache Menschen vor der Zeit. Das führte aber nicht dazu, dass Verbraucher ihr Verhalten änderten und die Politik klare, starke Regeln beschloss.

Der Druck von Fridays for Future ist weg

Nur die Demos von Fridays for Future haben wirklich etwas bewirkt, indem sie die Regierung zwangen, ein mittelmäßig ausreichendes Klimaschutzprogramm zu verabschieden. Dieser Druck fällt nun coronabedingt weg.

Die Kanzlerin ist schon wieder in den Modus „Macht mal halblang“ zurückgefallen. Sie sagte dem Europäischen Parlament, man müsse beim Klimaschutz ambitioniert, aber auch realistisch bleiben. Natürlich geht es da wieder einmal um die deutsche Autoindustrie. Die EU will die Flottengrenzwerte für den CO2-Ausstoß weiter verschärfen. Sie wären nur zu erreichen, wenn die Hersteller sehr viele Elektroautos verkaufen.

Merkel argumentierte dagegen, man dürfe die Industrie nicht zu sehr belasten. Dabei hatte das Umweltbundesamt erst kurz zuvor berechnet, dass in der EU sogar 60 Prozent Emissionsminderung bis 2030 machbar wären. Es wird nun wohl auf minus 55 Prozent hinauslaufen. Ein Beschluss dazu hängt noch am seidenen Faden: Nur wenn es bis zum Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs kommende Woche eine finanzielle Lösung für Kohlestaaten wie Polen gibt, wird das neue EU-Ziel eingetütet.

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Europa kann sich leicht blamieren

Nur dann kann es Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen beim UN-Klimagipfel einreichen. So, wie es das Paris-Abkommen vorsieht. Wenn nicht, ist Europa blamiert. Wer, wenn nicht dieser reiche, innovative und politisch geordnete Kontinent könnte beim Klimaschutz vorangehen? China drückt sich ja noch. Die Regierung verspricht nur, den Gipfel der Emissionen vor 2030 zu erreichen. Das ist zu wenig. Gemeinsam mit dem neuen US-Präsidenten könnte die EU hier neue Standards setzen.

Dafür müsste die deutsche Politik aber auch glaubwürdig sein. Doch die geplante Neufassung des Erneuerbare-Energie-Gesetzes wird den Ausbau von Wind- und Solarkraft behindern, den sie fördern sollte. Eine der absurden Regelungen: Jedes noch so klitzekleine Solarmodul soll künftig ferngesteuert vom Stromnetz getrennt oder zugeschaltet werden können. Erleichterungen für Bürgerenergie, die das europäische Recht fordert, wurden dagegen nicht umgesetzt. Verantwortungsvolle Klimapolitik sieht anders aus.

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