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Zerstörung. Ein Kämpfer der Donezker „Volksrepublik“.

© Reuters

Ukraine: USA und Russland verhandeln über Kiew

Weil Kiew den Separatisten nicht nachgeben will, verhandeln Washington und Moskau nun über die Köpfe der Ukrainer hinweg über dessen Schicksal. Präsident Poroschenko steht damit erneut eine Bewährungsprobe ins Haus.

Die festgefahrenen Gespräche rund um das Minsker Abkommen sollen wieder Fahrt aufnehmen. Das Abkommen war im Februar 2015, unter maßgeblicher Vermittlung von Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande als Friedensplan für die Ukraine ins Leben gerufen worden.

Offenbar sind sich die Vertreter Russlands und der USA über Kompromisse einig geworden. Wie die aussehen und was das für die Ukraine bedeutet, sollen an diesem Montag Christoph Heusgen, der außen- und sicherheitspolitische Berater der Bundeskanzlerin, und Jacques Audibert, Berater von Präsident Hollande, der Kiewer Zentralregierung erläutern.

Dieses Vorgehen stößt bei großen Teilen der ukrainischen Öffentlichkeit auf Misstrauen. Die am 12. Februar 2015 in Minsk getroffenen Vereinbarungen hatten in der Ukraine noch nie den besten Ruf, nun befürchtet man einmal mehr, die Großmächte würden über das Schicksal der seit 1991 unabhängigen einstigen Sowjetrepublik entscheiden.

Bereits am Freitag hatten sich nämlich Putins Chefberater Wladislaw Surkow und Viktoria Nuland, Staatssekretärin im US-Außenministerium, in Kaliningrad getroffen, das Gespräch dauerte sechs Stunden. Vor allem die russische Seite scheint mit den Ergebnissen zufrieden. Surkow wird von russischen Medien mit dem Satz zitiert: „Das waren sehr konstruktive Gespräche, wir suchen derzeit einen Kompromiss, wie die Vereinbarungen von Minsk umgesetzt werden können.“

Der Präsident scheint zum Kompromiss bereit

Vor dem Treffen hatten am vergangenen Mittwoch Merkel, Putin und der ukrainische Staatschef Petro Poroschenko eine Telefon-Schaltkonferenz. Dabei versuchten sie, einen Weg zu finden, damit das Friedensabkommen von Minsk in diesem Jahr umgesetzt wird. Es geht um 13 Punkte, die wichtigsten davon sind eine sofortige und dauerhafte Waffenruhe, der Abzug aller schweren Waffen aus den besetzten Gebieten der Ostukraine, Kommunalwahlen in den Regionen Donezk und Lugansk sowie eine Änderung der ukrainischen Verfassung, um den beiden Regionen mehr Autonomie zu gewähren. Bislang konnte keiner der Punkte erfüllt werden.

In der Ukraine bläst Präsident Poroschenko ein eisiger Wind ins Gesicht. Nicht nur die Opposition, vor allem die Mitglieder seiner Regierungskoalition und seiner Partei, wollen keine Verfassungsänderung lehnen ein größeres Selbstbestimmungsrecht des Donbass ab. „Die Befürchtung, die Ukraine könnte per Parlamentsbeschluss und Verfassungsänderung einem trojanischen Pferd aus Russland den Weg bereiten, ist nach wie vor groß“, schreibt die Internetzeitung „Apostroph“.

Heusgen und Audibert werden also gute Argumente mit nach Kiew bringen müssen, um Poroschenko zu überzeugen. Der Präsident indes scheint bereit zu sein, in diesem Jahr vieles für die Umsetzung von Minsk zu opfern. „Nur wenn der Krieg vorbei ist und die Lage in der Ukraine wieder ruhig, können wir uns wirtschaftlich entwickeln, ist unser Land attraktiv für westliche Investoren“, erklärte Poroschenko zuletzt.

Der Westen muss aber aufpassen, dass der ukrainische Präsident nicht zu sehr in die Ecke gedrängt wird. „Wenn ihm eine Mehrheit der Ukrainer nicht mehr folgt und es zu Neuwahlen kommt, hat keine Seite gewonnen“, analysiert „Apostroph“. Der Autor zieht dabei auch Parallelen zum Vorgänger Poroschenkos, dem abgesetzten Ex-Präsidenten Viktor Janukowitsch. Der sei vom Westen unter erheblichen Druck gesetzt worden, um ein Assoziierungsabkommen mit der EU zu unterschreiben. Dabei habe die EU von der Ukraine verlangt, sich von Russland abzuwenden. Dieses Mal könnte es genau umgekehrt sein.

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