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Zwei Beamte der Bundespolizei stehen am deutsch-polnischen Grenzübergang Stadtbrücke bei einer Kontrolle (Archivbild vom September 2023).

© dpa/Patrick Pleul

Überprüfungen an Grenzen zu Polen und Tschechien: „Binnengrenzkontrollen werden nicht zu Rückgang bei Asylanträgen führen“

Nach Ansicht des Migrationsforschers Gerald Knaus haben die Kontrollen an deutschen Grenzen keine Wirkung. Brandenburgs Innenminister Stübgen sieht das anders.

Die Asylbewerberzahlen in Deutschland bleiben auf einem hohen Niveau, auch wenn die EU-Grenzschutzagentur Frontex zuletzt im Januar einen Rückgang bei den illegalen Grenzübertritten in die EU im Vergleich zum Vormonat festgestellt hat. Demnach fiel die Zahl der irregulären Grenzübertritte auf knapp 14.000. Das ist rund ein Drittel weniger als im Dezember. 

Allerdings schlägt sich die jüngste Entwicklung auf EU-Ebene derzeit nicht auf die Zahl der Asylanträge in Deutschland nieder.

Im Gegenteil: In der vergangenen Woche hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) bekannt gegeben, dass im Januar die Zahl der Asylanträge im Vergleich zum Dezember wieder gestiegen ist. Demnach wurden im Januar in Deutschland 26.376 Erstanträge gestellt. Im Dezember waren es noch 23.025 Erstanträge gewesen.

Viele, die im zentralen Mittelmeer ankommen, haben oft andere Zielländer in der EU.

Gerald Knaus, Migrationsexperte

Zwar wurden im Januar hierzulande weniger Erstanträge registriert als noch vor einem Jahr: Im Januar 2023 lag deren Zahl bei 29.072. Dass aber der aktuelle Trend entgegen dem EU-weiten Rückgang bei den illegalen Grenzübertritten wieder nach oben zeigt, liegt nach der Ansicht des Migrationsforschers Gerald Knaus an der innereuropäischen Wanderungsbewegung bei vielen Flüchtlingen. „Ankünfte über das Mittelmeer oder den Landweg in die EU führen erst zeitversetzt zu Asylanträgen in Deutschland“, sagte Knaus dem Tagesspiegel.

Nach seinen Worten komme hinzu, „dass viele, die im zentralen Mittelmeer ankommen, ohnehin oft andere Zielländer in der EU haben“. Vor allem Deutschland gilt innerhalb der EU als Zielland für Migranten. Nach Angaben der EU-Asylagentur entfielen beispielsweise im vergangenen Oktober 27 Prozent aller Asylanträge auf Deutschland – mehr als in Frankreich und Italien zusammengenommen.

Nach der Ansicht des Migrationsexperten Knaus lasse sich indes voraussagen, dass die erst im Oktober in Deutschland ausgeweiteten Binnengrenzkontrollen „nicht zu einem Rückgang bei den Asylantragszahlen in Deutschland führen“ würden. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte im Oktober an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz vorübergehend stationäre Grenzkontrollen angeordnet.

Stübgen rechnet mit Verlängerung der Grenzkontrollen

Die geringe Wirkung von Binnengrenzkontrollen lasse sich aus der zurückliegenden Erfahrung in Frankreich und Österreich ablesen, sagte Knaus. Im Jahr 2015 hatte Frankreich seine Grenzkontrollen in Ventimiglia/Menton am Grenzübergang zu Italien verstärkt. 2016 kündigte die österreichische Regierung neben den Kontrollen am Übergang Spielfeld zu Slowenien die Verstärkung von Kontrollen an zwölf weiteren Übergängen an.

Was die Wirksamkeit von Binnengrenzkontrollen anbelangt, so ist Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen ganz anderer Ansicht als Knaus. „Ich sehe leider keine andere Möglichkeit im Moment, und deshalb werden wir uns über einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren leider daran gewöhnen müssen“, sagte der CDU-Politiker am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur in Potsdam. Stübgen sagte, er gehe davon aus, dass Faeser die Kontrollen jetzt für sechs Monate verlängern werde.

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