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Sahra Wagenknecht (Die Linke) spielt schon länger mit Plänen einer Parteineugründung.

© dpa/Michael Kappeler

Überlegungen zu neuer Partei: Wagenknecht würde bei Neuaufstellung der Linken ihre Pläne stoppen 

Die Linke müsse sich komplett neu ausrichten, auch personell, fordert Wagenknecht. Dann würde sie davon abrücken, eine neue Partei zu gründen.

In der Linkspartei brodelt es, seit ein Richtungsstreit mit dem Lager um Sahra Wagenknecht ausgebrochen ist. Die Linke-Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht machte jetzt deutlich, dass sie bei einer grundlegenden Erneuerung der Linkspartei ihre Überlegungen zu einer neuen Partei stoppen würde – hält dies aber nicht für realistisch. „Wenn die Linke sich völlig neu aufstellen würde, mit attraktiven Köpfen an der Parteispitze und einem vernünftigen Kurs, würde ich alle Überlegungen zu einer Neugründung sofort einstellen“, sagte Wagenknecht der „Welt“.

„Aber ich sehe das nicht. Die Mitgliedschaft der Linken hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Manche denken, nur der Streit sei das Problem und natürlich ist der destruktiv. Aber das Hauptproblem ist doch, dass eine Linke, die grüner als die Grünen sein will und sich mit woken Lifestyle-Themen beschäftigt, einfach keine ausreichende Wählerbasis hat.“ 

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Zu der Berichterstattung der „Washington Post“, der zufolge russische Dokumente Moskaus Interesse an einer Fusion aus Wagenknecht-Linken und der AfD zeigen, sagte Wagenknecht: „Die Berichterstattung scheint dem Motto zu folgen: Wenn man nur genug Dreck wirft, bleibt immer irgendetwas hängen. Vielleicht wünscht sich der Kreml, dass ich mit der AfD fusioniere, keine Ahnung. In jedem Fall wird das nicht stattfinden.“

Wenn Sahra Wagenknecht eine Partei gründet, wäre ich dabei.

Ulrike Guérot, Politikwissenschaftlerin

Der Linke-Vorsitzende Martin Schirdewan hatte Ende der ersten April-Woche von der früheren Fraktionsvorsitzenden eine schnelle Entscheidung über ihre politische Zukunft in der Partei gefordert. „Sahra Wagenknecht kokettiert jetzt seit mehr als einem halben Jahr damit, eine eigene Partei zu gründen“, sagte Schirdewan.

Wer wie Wagenknecht immer neue Unruhe erzeuge, verhalte sich „einfach respektlos gegenüber der Partei“. Schirdewan sprach sich auch für eine neue Form des Umgangs in der seit Jahren zerstrittenen Partei aus. „Wir brauchen eine neue Kultur des Miteinanders in der Linken. Mehr gemeinsam und nicht gegeneinander.“

Wagenknecht spielt schon länger mit Plänen einer Parteineugründung und will nach eigener Aussage bis Jahresende eine Entscheidung treffen. Zudem kündigte sie an, bei der nächsten Bundestagswahl nicht mehr für die Linke zu kandidieren. Von der Parteispitze wird ihr außenpolitisch unter anderem eine nicht hinreichende Distanzierung von Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine vorgeworfen.

Die umstrittene Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot erklärte im Gespräch mit der „Welt“, sich einer neu gegründeten Partei anschließen zu wollen. „Wenn Sahra Wagenknecht eine Partei gründet, wäre ich dabei. Eine Entscheidung ist meines Wissens aber noch nicht gefallen, auch wenn ich den Bedarf sehe“, so Guérot.

„Meiner Meinung nach braucht es eine politische Kraft, eine Partei der Vernunft, die nicht Ideologie oder Moral in den Mittelpunkt stellt, sondern Sachargumente.“ Ihre Idealvorstellung: „Eine Partei für eine bürgerliche Mitte, die unzufrieden ist mit dieser von Moral geprägten Politik. Eine Partei für Freiheit, Frieden, Vernunft.“ 

Die AfD sei nicht eine solche Partei, insofern gebe es da eine Grenze. Sie wirbt aber dafür, „keine moralische Ausgrenzung zu betreiben“. Es gebe eine Tendenz, aus Angst vor „Beifall von falscher Seite“, bestimmte Positionen zu meiden. Das sei schon zu Corona-Zeiten so gewesen, sagte Guérot.

Ulrike Guérot wünscht sich eine neue Partei.
Ulrike Guérot wünscht sich eine neue Partei.

© Imago/teutopress

„Wer sich gegen Maßnahmen ausgesprochen hat, war ,rechts‘. Durch diese Stigmatisierung durch bestimmte Labels ist in diversen Themenfeldern eine politische Leerstelle entstanden, die gefüllt werden muss und bei der ich großes Wählerpotenzial sehe.“

Die Politologin war während der Corona-Pandemie als scharfe Kritikerin staatlicher Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus hervorgetreten, da sie dadurch die Demokratie in Gefahr sah.

Nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine forderte sie immer wieder sofortige Friedensverhandlungen. Kritiker warfen ihr vor, das Verhältnis von Angreifer und Angegriffenem teilweise umzukehren und die Ukraine wahrheitswidrig als Schuldigen hinzustellen.

Zuletzt war Guérot eine der Erstunterzeichnerinnen des von Alice Schwarzer und Wagenknecht verfassten „Manifests für Frieden“, das ebenfalls ein Ende der Waffenlieferungen und Verhandlungen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin fordert.

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