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Schön hier – und wie viel kostet das Heizen?

© Getty Images/FHM

Gesetz im „Hauruckverfahren“: Sieben Länder-Bauminister begehren gegen Heizungspläne auf

Noch vor der Sommerpause will die Koalition das Gebäudeenergiegesetz verabschieden. Dagegen werden nun Stimmen aus den Ländern laut – sogar aus Reihen der Ampelparteien.

Bauministerinnen und -minister aus sieben Bundesländern wenden sich gemeinsam gegen die Leitplanken der Ampelkoalition für das geplante Gebäudeenergiegesetz (GEG). Darunter ist auch eine Vertreterin der Ampelparteien: Lydia Hüskens, Ministerin für Infrastruktur und Digitales sowie Landesvorsitzende der FDP in Sachsen-Anhalt.

Die sieben Ministerinnen und Minister kritisieren, auf Grundlage eines zweiseitigen „Leitplanken“-Papiers könne es kein geordnetes Gesetzgebungsverfahren geben. „Das geplante Hauruckverfahren überfordert nicht nur die Bürgerinnen und Bürger, sondern auch die demokratischen Strukturen und Abläufe“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung, die dem Tagesspiegel vorliegt.

Vor der geplanten Abstimmung im Bundesrat am 7. Juli seien keine ordentlichen Ausschussberatungen mehr möglich. Die Änderungen am Gesetzestext seien noch gar nicht bekannt und könnten daher weder beraten noch auf ihre Sinnhaftigkeit hin geprüft werden.

Fast alle regieren gemeinsam mit Ampelparteien

An der Erklärung beteiligt sind neben der FDP-Politikerin Hüskens Landesministerinnen und -minister der Union mit Zuständigkeit für das Thema Bauen: Ina Scharrenbach aus Nordrhein-Westfalen, Nicole Razavi aus Baden-Württemberg, Christian Bernreiter aus Bayern, Guido Beermann aus Brandenburg, Thomas Schmidt aus Sachsen und Sabine Sütterlin-Waack aus Schleswig-Holstein. Außer in Bayern sind in all diesen Ländern Ampelparteien an der jeweiligen Regierung beteiligt.

Regelrecht grotesk

Thomas Schmidt (CDU), Minister in Sachsen, über das Gesetzgebungsverfahren

Die sieben Ministerinnen und Minister plädieren dafür, das Gesetz nicht mehr vor der Sommerpause zu beschließen, sondern danach die Beratungen „ordentlich fortzuführen“. Auch müssen aus ihrer Sicht Gebäudeenergiegesetz und kommunale Wärmeplanung zusammen beraten werden.

Lydia Hüskens aus Sachsen-Anhalt sagte, niemand stelle das Ziel infrage, es brauche aber „ein ordentliches und strukturiertes Verfahren“. Die künftigen Regeln müssten bürokratiearm und datensparsam sein. Ina Scharrenbach, Ministerin in Nordrhein-Westfalen, sagte, mit den Leitplanken der Bundesregierung lande man im Straßengraben. Bürgerinnen und Bürger bräuchten Sicherheit, Verlässlichkeit und wirtschaftliche Machbarkeit.

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Nicole Razavi, Ministerin in Baden-Württemberg, sagte, das monatelange Hickhack habe Hausbesitzer, Wohnungseigentümer, Mieter und Kommunen massiv verunsichert. „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“ müsse nun gelten. Christian Bernreiter, Minister in Bayern, sagte, die Bundesregierung unterschätze vollkommen die aktuell schwierige Lage der Bau- und Wohnungsbranche. Im ländlichen Raum seien zum Beispiel kurz- und mittelfristig massenhafte Anschlüsse an Fernwärme weder wirtschaftlich noch logistisch umsetzbar. Aus der Klimakrise dürfe keine Sozialkrise werden.

Das sagen die Ministerinnen und Minister

Guido Beermann, Minister in Brandenburg, sagte, es gehe darum, die Menschen mitzunehmen. „Anstatt sich über Monate einen Schlagabtausch zu liefern, hätte die Bundesregierung ihre Energie besser für eine vernünftige Abstimmung verwenden sollen.“ Thomas Schmidt, Minister in Sachsen, nannte das laufende Gesetzgebungsverfahren „regelrecht grotesk“: „Im Bundestag werden Experten zu einem Gesetzentwurf angehört, während mit sogenannten ‚Leitplanken‘ schon erhebliche Änderungen auf den Weg gebracht wurden.“ Sabine Sütterlin-Waack, Ministerin in Schleswig-Holstein, sagte, Effizienz und Energieversorgung müssten miteinander gedacht und umgesetzt werden.

Auch aus den Kommunen hält die Kritik am Heizungsgesetz an. „Wir erleben jetzt vor allem Aktionismus und Alarmismus beim Gebäudeenergiegesetz, dabei sollte Qualität vor Geschwindigkeit stehen“, sagte Gunter Czisch (CDU), Oberbürgermeister in Ulm, dem Tagesspiegel. In der Universitätsstadt in Baden-Württemberg mit rund 125.000 Einwohnern wurde eine kommunale Wärmeplanung bereits erarbeitet, bis zum Jahresende soll sie – wie in allen größeren Kommunen in dem Bundesland – vorliegen. Das ist die Grundlage für das Heizungsgesetz, das ab dem 1. Januar gelten soll.

Wir erleben jetzt vor allem Aktionismus und Alarmismus.

Gunter Czisch (CDU), Oberbürgermeister in Ulm

Czisch befürchtet nun, dass für seine Bürgerinnen und Bürger andere Regeln gelten könnten als in der Nachbarstadt von Ulm auf der anderen Donau-Seite, die in Bayern liegt. Dort nämlich liegt noch lange keine Wärmeplanung vor: „Es kann nicht sein, dass sich Gebäudebesitzer in Ulm einem anderen Regime unterwerfen müssen als Gebäudebesitzer in Neu-Ulm.“

So geht das Gesetzgebungsverfahren weiter

In seiner Stadt sei schon jetzt der Ausbau der Fernwärme weit vorangeschritten und diese sei auch zu mehr als 60 Prozent aus erneuerbarer Wärme. „Wir arbeiten in Ulm seit 25 Jahren an der Wärmewende“, sagt er nicht ohne Stolz. Nun hofft er darauf, dass die Übergangsfristen für seine Kommune großzügig ausfallen. „Der frühe Vogel darf nicht bestraft werden“, sagt er.

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Das GEG befindet sich aktuell im parlamentarischen Verfahren und soll noch vor der Sommerpause vom Bundestag beschlossen werden. Dann könnten ab dem 1. Januar 2024 in Neubaugebieten keine Öl- und Gas-Heizungen mehr eingebaut werden. In Bestandsgebäuden kommt es darauf an, ob in der jeweiligen Kommune eine Wärmeplanung vorliegt – dies soll bis 2028 deutschlandweit der Fall sein. Nur wenn in dieser Wärmeplanung eine Anbindung an grünen Wasserstoff garantiert wird, dürfen Verbraucher dann noch Gas-Heizungen einbauen, die später zu mindestens 65 Prozent mit Wasserstoff betrieben werden.

In den Details verhandeln die Ampel-Fraktionen das Gesetz noch. Nach einem Beschluss beschäftigt sich dann noch der Bundesrat mit dem Heizungsgesetz. Da es sich aber um ein sogenanntes Einspruchsgesetz handelt, können die Länder das Gesetz nicht mehr aufhalten.

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