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Der türkische Präsident Erdogan und US-Präsident Trump

© AFP/ADEM ALTAN, SAUL LOEB

Update

Trumps Streit mit Erdogan: Türkei stemmt sich gegen massiven Lira-Verfall

Die Türkei gerät immer weiter unter Druck: Neue US-Strafzölle werden wirksam, Präsident Erdogan spricht von einem "Wirtschaftskrieg". Der Wert der Lira stürzt erneut ab.

Im Streit zwischen Washington und Ankara sind drastisch erhöhte US-Strafzölle in Kraft getreten. Seit 0.01 Uhr (US-Ostküstenzeit/6.01 MESZ) am Montag wird Stahl aus der Türkei mit Abgaben in Höhe von 50 Prozent statt bislang 25 Prozent belegt, wie das Weiße Haus zuvor verkündet hatte. US-Präsident Donald Trump hatte die Verdoppelung am Freitag angeordnet.

Auf Twitter hatte Trump zugleich angekündigt, auch die Strafzölle auf Aluminium aus der Türkei auf 20 Prozent zu verdoppeln. Für die neuen Abgaben auf Aluminium wurde noch kein Datum genannt. Trump hatte in dem Tweet vom Freitag ausdrücklich auf die schlechten Beziehungen zu dem Nato-Partner und auf den Absturz der türkischen Lira verwiesen, den er mit seiner Ankündigung weiter beschleunigte. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan wirft den USA vor, einen „Wirtschaftskrieg“ gegen sein Land zu führen.

Wert der Lira sinkt weiter

Die türkische Lira stand zum Beginn der Woche weiter stark unter Druck. Im asiatischen Handel sank der Wert der türkischen Währung am Montag im Vergleich zum Euro und zum US-Dollar zeitweise erneut zweistellig. Erstmals mussten mehr als sieben türkische Lira für einen US-Dollar oder mehr als acht Lira für einen Euro gezahlt werden. Damit setzte sich der Kursverfall vom Freitag fort, als die Lira 15 Prozent zum Dollar verloren hatte. Seit Jahresbeginn beträgt der Verlust der Lira inzwischen fast 50 Prozent.

Die Zentralbank des Landes kündigte am Montagmorgen an, die Liquiditätsversorgung der Geschäftsbanken sicherzustellen. Sie werde den Finanzmarkt genau beobachten und alle notwendigen Schritte ergreifen, um die Finanzstabilität zu sichern. Das half der Lira aber nur kurzfristig. Die türkische Währung legte zunächst zu, rutschte dann aber wieder ab. Der türkische Finanzminister Berat Albayrak hatte am Wochenende einen Aktionsplan für die Wirtschaft angekündigt, der die Märkte beruhigen und den starken Kursverfall der Lira stoppen sollte.

Im Zentrum des Streits stehen zwei Geistliche: Washington fordert die Freilassung des US-amerikanischen Pastors Andrew Brunson, der wegen des Verdachts auf Spionage und Terrorvorwürfen in der Türkei unter Hausarrest steht. Ankara wiederum verlangt bisher vergeblich die Auslieferung des im US-Exil lebenden Predigers Fethullah Gülen, den Erdogan für den Putschversuch vom Juli 2016 verantwortlich macht.

Nach Angaben des türkischen Handelsministeriums exportierte das Land im vergangenen Jahr Eisen, Stahl und Aluminium im Wert von 1,1 Milliarden Dollar (950 Mio Euro) in die USA - das habe einem Anteil von 0,7 Prozent aller Ausfuhren entsprochen.

Ifo-Chef: "Wir müssen uns massiv Sorgen machen"

Ifo-Chef Clements Fuest hält die Türkei-Krise für hochgefährlich und rät dem Land dazu, Hilfen beim Internationalen Währungsfonds (IWF) zu beantragen. "Wir müssen uns massiv Sorgen machen", kommentierte Fuest im "Handelsblatt" vom Montag den jüngsten Absturz der türkischen Lira und die Wirtschaftsprobleme des Landes. Fuest sprach von einer "klassischen Wirtschafts- und Währungskrise". Die Ankündigung von US-Sanktionen gegen die Türkei, die seit Montagmorgen gelten, seien der "Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat". Die Türken sollten nun um Hilfe beim IWF nachsuchen. "Die Europäer sollten diesen Weg unterstützen." Einfache Lösungen gebe es nicht. Letztlich hält Fuest eine Zinserhöhung der Notenbank für das Richtige, die aber das Risiko einer Rezession mit sich bringe.

"Langfristig hilft der Türkei nur ein grundlegender Politikwechsel", sagte Fuest. Es sei auch im Interesse der Europäer, einen wirtschaftlichen Absturz des Landes zu verhindern: "Die Türkei ist ein wichtiger Handelspartner." Zudem habe das Land eine große geopolitische Bedeutung. Theoretisch könnten die Europäer der Türkei auch mit Euro-Darlehen helfen und dafür Bedingungen formulieren. Angesichts der aktuellen Politik von Präsident Recep Tayyip Erdogan wären solche europäische Hilfen aber wohl sehr unpopulär, räumte der Ifo-Chef ein. (dpa, Reuters)

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