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Recep Tayyip Erdogan wird im Schloss Bellevue mit militärischen Ehren empfangen.

© AFP/Adam Berry

Türkischer Präsident in Berlin: Erdogan regiert wie ein Sultan

Bei seinem Besuch in Berlin zeigt der türkische Präsident den „Rabia-Gruß“. Das ist kein Zufall. So regiert Erdogan nach Deutschland hinein. Ein Kommentar.

Das soll ein Zufall sein? Präsident Recep Tayyip Erdogan grüßt aus dem Auto zu Beginn seines ersten Staatsbesuchs in Deutschland mit einer Geste, die doch sehr nach dem „Rabia-Gruß“ oder „Vier-Finger-Gruß“ aussieht. Der soll an das Massaker auf dem Rabia-al-Adawiya-Platz im August 2013 in Kairo erinnern: Sicherheitskräfte des vormaligen Generals und heutigen ägyptischen Staatschefs al Sisi töteten rund 1000 Anhänger der aus dem Amt geputschten Regierung, die von der radikalen Muslim-Bruderschaft unterstützt wurde.

Was dafür spricht, dass Erdogan diese Deutung mindestens billigend in Kauf genommen hat? Erstens: Er sympathisiert mit den Muslimbrüdern, der Gruß ist einer der Solidarität. Zweitens: Er zeigt ihn immer wieder. Drittens: Er sieht sich als einer der Führer der islamischen Welt, wenn nicht sogar als Anführer. In der Türkei regiert Erdogan wie ein Sultan, und er regiert auch nach Deutschland hinein, wo fast drei Millionen Menschen türkischer Abstammung leben.

Die verständliche Politik der Bundesregierung, die auf Verständigung und gute Nachbarschaft aus ist, sendet völlig falsche Signale. Erdogan fühlt sich bestätigt und gebauchpinselt.

schreibt NutzerIn Gophi

Der türkische Präsident kommt aber nicht in einer Position der Stärke. Seine Wirtschaft liegt am Boden, die USA üben massiven Druck aus, die EU kürzt ihre Gelder für die Jahre bis 2020 um 40 Prozent, genauer: um fast 760 Millionen Euro. Die Milliardenhilfen aus dem Flüchtlingsabkommen werden nicht angetastet, doch sie retten das Wachstum nicht. Für die Türkei, in der Türkei wird die Herausforderung beinahe täglich größer.

Will der Sultan die Lage beherrschen, muss er Wohlverhalten zeigen, trotz allem. Da passt der Gruß – als eine Geste der Selbstachtung. Was der Bundesregierung noch einmal vor Augen führt, welch schwierigen Gast sie eingeladen hat. Von Normalität kann keine Rede sein. Aber die deutsche Staatsspitze hat es in der Hand, Erdogan klarzumachen, dass ihre Hilfe kein Zufall sein kann.

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