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Im Abseits: der ehemalige US-Außenminister Rex Tillerson neben Präsident Donald Trump.

© Saul Loeb/AFP

Außenpolitik der USA: Trumps Problem ist nicht Härte, sondern Unzuverlässigkeit

Beim Wechsel des US-Außenministers zeigen sich beunruhigende Muster. Für innenpolitische Vorteile vernachlässigt Trump Anstand und Absprachen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Die Hauptursache des deutschen Unverständnisses über die USA ist Donald Trump. Aber die Neigung, reflexhaft empört zu reagieren, statt genau hinzusehen, trägt auch zur Entfremdung bei. Was genau ist überraschend am Wechsel des US-Außenministers? Und was besagt die Formulierung, die US-Außenpolitik werde nun „härter“?

Seit Dezember war bekannt, dass Mike Pompeo Rex Tillerson ersetzen werde. Trump und Tillerson sind frustriert über einander. Tillerson hatte Trump damals einen Schwachkopf genannt. Sie kamen überein, ihn ein komplettes Jahr im Amt zu lassen, damit es nicht wie ein Scheitern wirkt. Als Grund der Trennung gibt Trump wachsende Meinungsverschiedenheiten mit Tillerson an.

Mit dem bisherigen CIA-Chef Pompeo habe er eine gemeinsame Wellenlänge. Aber hatte Trump die nicht anfangs angeblich mit allen, die später in Ungnade fielen? Das Bemerkenswerte ist, dass Trump nicht den 31. März abwartete, auf den man sich laut Tillerson geeinigt hatte, sondern am Dienstag vorpreschte. Da zeigt sich ein Muster: Kurzfristige innenpolitische Vorteile sind Trump wichtiger als Anstand, Absprachen und langfristige außenpolitische Interessen, darunter die Berechenbarkeit.

Trump will Pennsylvania-Schlappe aus den News verdrängen

Vermutlich hatte Trump die schlechten Prognosen für die Nachwahl zum Kongress in Pennsylvania am Dienstag gesehen. In einem Wahlkreis, den er 2016 mit 20 Prozentpunkten Vorsprung gewonnen hatte, war plötzlich ein Sieg des Demokraten möglich. Das Ergebnis ist knapp und wird angefochten. Egal, wer zum Sieger erklärt wird – für Trump ist der Ausgang eine persönliche Niederlage. Um zu verhindern, dass Pennsylvania die Schlagzeilen beherrscht, „feuerte“ er Tillerson früher als ausgemacht. Mit Erfolg: Der Abgang verdrängte die Pennsylvania-Schlappe aus den News.

Alles, was Trump tut, muss man durch die innenpolitische Brille betrachten. Das galt schon bei den Strafzöllen. Seinen Wählern zuliebe konsternierte Trump die Republikaner und verbündete sich mit den Protektionisten im Gewerkschaftslager. „Hart“ und „weich“ hingegen haben in seiner Welt begrenzte Bedeutung. Es hängt vom Thema ab.

Zwischen ihm und Pompeo werden sich bald Bruchlinien auftun. Pompeo ist ein konservativer Republikaner, also für Freihandel, gegen Strafzölle, skeptisch gegen Russland. Klar, beim Atomdeal mit dem Iran war Tillerson für eine diplomatische Nachbesserung mit den Europäern. Trump und Pompeo neigen zur Kündigung. Bei Nordkorea weiß Trump selbst noch nicht, ob er sich auf Gipfeldiplomatie mit Kim einlässt oder nicht. Mit Blick auf Russland sind Tillerson und Pompeo beide „härter“ als Trump; der weigert sich zuzugeben, dass Moskau eine Rolle bei seiner Wahl gespielt haben könnte.

Deutschland hat es nicht nur in den USA mit einem irrlichternden Partner zu tun, dem kurzfristige innenpolitische Coups wichtiger sind als langfristige strategische Interessen. Es gilt auch für Polen. Die nationalpopulistische PiS-Regierung beteuert nach außen, Deutschland sei der strategische Partner. Nach innen führt sie antideutsche Kampagnen. Sie fordert Reparationen, vergleicht das – problematische – deutsch-russische Pipelineprojekt Nord Stream 2 mit dem „Hitler-Stalin-Pakt“, hetzt gegen deutsche Dominanz, die angeblich Polen schade.

Innenpolitische Taktik schlägt kooperative Außenpolitik

Die Folgen lassen sich in einer neuen Umfrage des Instituts CBOS nachlesen: Die Zahl der Polen, die die Deutschen sympathisch finden, ist im Vergleich zum Vorjahr um 16 Prozentpunkte gefallen auf nur noch 30 Prozent. Es ist wenig Trost, dass die Einstellungen zu nahezu allen Partnern negativer werden – sogar die USA mussten ein Minus von elf Prozentpunkten auf 43 Prozent hinnehmen.

Trumps USA und das Polen der PiS sind nur zwei Beispiele für eine Welt, in der eine kooperative, langfristige Außenpolitik das Nachsehen hat gegenüber innenpolitischen Taktiken. Es gibt Hoffnungszeichen, dass die Urheber sich am Ende selbst schaden. Siehe Trumps Wahlschlappen. Siehe ein bemerkenswertes Gerichtsurteil aus Irland, dass die Zweifel an Polens Rechtsstaatlichkeit so ernst nimmt, dass es die Auslieferung eines polnischen Angeklagten an Polen verweigert. Der Fall geht nun an Europas höchste Richter. Am Sieg der PiS bei der Parlamentswahl 2019 besteht freilich kein Zweifel.

Die Hoffnungszeichen sind also klein, zart und bestenfalls langfristig. Umso mehr Gedanken muss sich die neue Bundesregierung machen, wie sie die außen- und handelspolitische Vernunft in dieser schwierigen Phase am Leben erhält. Passives Warten hilft nicht.

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