zum Hauptinhalt
Die Präsidenten des Iran und der Türkei, Ebrahim Raisi und Recep Tayyip Erdogan, wollen engere Beziehungen mit Russland.

© Sergei Savostyanov/Pool Sputnik Kremlin via AP/dpa

Treffpunkt des Anti-Westens: Schanghai-Organisation trifft sich zum Gipfel

Der Iran und die Golfstaaten, aber auch das Nato-Mitglied Türkei sind an einer engeren Zusammenarbeit interessiert. Der Westen blickt mit Argwohn auf das Treffen.

Die Schanghai-Organisation für Zusammenarbeit (SCO) war bisher ein Mauerblümchen der internationalen Politik. Die Gruppe aus acht Staaten unter Führung von Russland und China ist seit ihrer Gründung vor 21 Jahren nie mit bahnbrechenden Entscheidungen oder Initiativen aufgefallen.

Nun wird ein SCO-Gipfeltreffen in Usbekistan zur Bühne für ein neues Bündnis gegen den Westen. Der Iran, die Golfstaaten und das Nato-Land Türkei interessieren sich für die Organisation. Das könnte Folgen für den Westen und den Nahen Osten haben.

Der Gipfel am 15. und 16. September in Samarkand ist Ziel der ersten Auslandsreise des chinesischen Staatschefs Xi Jinping seit Ausbruch der Corona-Pandemie vor zweieinhalb Jahren. Kremlchef Wladimir Putin will sich am Rande des Treffens mit Xi zusammensetzen.

Auch mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan will der russische Präsident in Samarkand reden. Dabei wird es um Änderungen am Istanbuler Getreide-Abkommen gehen, von dem nach Moskauer Auffassung nicht die von Hunger bedrohten Ländern in Afrika profitieren, sondern Russland-feindliche westliche Staaten. Erdogan sieht das genauso: „Putin hat Recht“, sagte er jüngst.

Türkei ist SCO-Kooperations-Partner, Saudis wollen nachziehen

In Samarkand will die SCO formell den Beitritt des Iran beschließen und den Beitrittsprozess von Belarus einleiten. Bisher besteht die Gruppe aus Russland, China, Indien, Pakistan sowie den zentralasiatischen Staaten Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan und Usbekistan.

Erdogan, dessen Land als so genannter Dialog-Partner mit der SCO verbunden ist, hat Interesse an einem Beitritt der Türkei geäußert. Saudi-Arabien, Katar und Ägypten wollen in Samarkand neue Dialog-Partner werden; die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) streben laut Medienberichten die sofortige Mitgliedschaft an.

Putin hat Recht.

Recep Tayyip Erdogan, Staatspräsident der Türkei

Die Regionalmächte aus dem Nahen Osten, die in Samarkand vertreten sein werden, sind untereinander zerstritten. Saudi-Arabien und der Iran führen einen Stellvertreterkrieg im Jemen, Ägypten und die VAE sind Gegenspieler der Türkei im Libyen-Konflikt. Gemeinsam ist ihnen aber, dass sie nach außen- und wirtschaftspolitischen Alternativen zum Westen suchen.

Iran sucht einen Weg aus der Isolation

Der Iran will mit der SCO-Mitgliedschaft aus seiner internationalen Isolation ausbrechen und seine Wirtschaft stärken. Die SCO repräsentiert 40 Prozent der Weltbevölkerung und 30 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung.

Auch die Türkei sucht neue Märkte für ihre krisengeplagte Wirtschaft. Die Golf- Araber wollen sich nicht mehr auf die USA verlassen, liefern viel Öl nach China und arbeiten mit Russland im Ölkartell Opec-Plus zusammen.

4
der zehn bevölkerungsreichsten Staaten der der Erde gehören der Schanghai-Gruppe an: China, Indien, Bangladesch und Russland.

Für Russland geht es darum, die Wirkung der internationalen Sanktionen wegen des Ukraine-Krieges zu dämpfen. Er sehe neue Möglichkeiten im Nahen Osten und im Iran, sagte Putin vor wenigen Tagen. Eine Eisenbahnverbindung durch den Iran zum Persischen Golf und Investitionen in der Türkei sollen dem russischen Außenhandel helfen.

Erste Ergebnisse sind schon da. Der Handel zwischen Russland und dem Iran wuchs nach Moskauer Angaben im ersten Halbjahr um 40 Prozent. Noch steiler geht es in den Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Türkei und Russland nach oben.

Die türkischen Ausfuhren nach Russland legten im August trotz der Sanktionen im Vergleich zum Vorjahresmonat um fast 90 Prozent zu, wie aus Zahlen des türkischen Exporteursverbandes TIM hervorgeht.

Schanghai-Gruppe steht politisch an Putins Seite

Auch politisch kann sich Putin im Ukraine-Krieg auf die neuen SCO-Partner verlassen. Der Iran schließt sich der russischen Argumentation an, nach der Moskau das Nachbarland angreifen musste, um einer westlichen Aggression zuvorzukommen.

Die Golf-Araber vermeiden ebenfalls Kritik an Russland und lehnen Forderungen aus dem Westen ab, mehr Öl zu produzieren, um den Preisanstieg wegen des Ukraine-Krieges zu bremsen.

Das Nato-Land Türkei verurteilt den russischen Angriff zwar, lehnt Sanktionen gegen Russland aber ab und gibt Europa und den USA eine Mitschuld an der Eskalation. In Europa und den USA verstärkt Erdogans Kurs die Zweifel an der Zuverlässigkeit der Türkei. Bisher lässt sich Erdogan davon nicht beeindrucken. Er will in Samarkand seine Zusammenarbeit mit Putin weiter vertiefen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false