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Swetlana Tichanowskaja in ihrer Videobotschaft an die EU aus ihrem Exil in Litauen

© dpa/AP/Swetlana Tichonowskaja Campaign Office

Videobotschaft zum Belarus-Gipfel: Tichanowskaja ruft EU zu Nichtanerkennung der Wahl auf

Die belarusische Opposition richtet einen Appell an die Europäische Union. Die Gegner Lukaschenkos können sich zudem Merkel als Vermittlerin vorstellen.

Die Oppositionspolitikerin Swetlana Tichanowskaja hat die Europäische Union vor ihrem Sondergipfel zur Lage in Belarus zur Nichtanerkennung der Wahl von Staatschef Alexander Lukaschenko aufgerufen. Die Abstimmung am 9. August sei gefälscht gewesen, sagte sie in einer am Mittwochmorgen veröffentlichten Videoansprache - Stunden vor Beginn des per Videokonferenz organisierten Gipfels (12.00 Uhr MESZ).

„Lukaschenko hat jede Legitimität in den Augen des Volkes und der ganzen Welt verloren“, sagte sie auf Englisch in einer trauerschwarzen Umgebung. Es habe bei den Protesten gegen Lukaschenko durch Polizeigewalt Hunderte Verletzte und mindestens zwei Tote gegeben.

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„Die zweite Woche in Folge kämpft meine Nation um ihr verfassungsmäßiges Recht, ihre Anführer zu wählen“, sagte die 37-Jährige. Sie war aus Angst um ihre Sicherheit und die ihrer Kinder ins EU-Nachbarland Litauen geflüchtet. Die Wahlen seien weder fair noch transparent gewesen. Die Bürger, die zur Verteidigung ihrer Stimmen auf die Straße gingen, „wurden brutal geschlagen, eingesperrt und durch das Regime gefoltert“. Lukaschenko klammere sich weiter an die Macht. All dies passiere mitten in Europa.

Um einen friedlichen Machttransfer in dem Land zu sichern, habe sie die Gründung eines Koordinierungsrates auf den Weg gebracht. Das Gremium mit Vertretern der Zivilgesellschaft sollte noch am Mittwoch zu seiner ersten Sitzung zusammenkommen. International bekannteste Vertreterin ist die Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch. Der Koordinierungsrat strebe einen Dialog mit dem jetzigen Machtapparat an, sagte Tichanowskaja. Lukaschenko hatte der Opposition dagegen vorgeworfen, illegal die Macht an sich reißen zu wollen.

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Der Koordinierungsrat arbeite mit dem Ziel, umgehend faire und demokratische Neuwahlen für das Präsidentenamt auszurufen - mit internationaler Beobachtung, wie es sie am 9. August nicht gegeben hatte. „Verehrte Anführer Europas, ich rufe Sie dazu auf, das Aufwachen von Belarus zu unterstützen.“ Tichanowskaja betonte, dass es hier um eine Anerkennung internationalen Rechts des Volkes gehe, seine eigene Wahl zu treffen.

In dem Video war oben rechts auch die historische weiß-rote Flagge von Belarus zu sehen, die die Opposition für sich nutzt. Im Falle eines Machtwechsels dürfte dies die neue Staatsflagge von Belarus werden. Lukaschenkos Unterstützer tragen die offizielle rot-grüne Staatsfahne.

Opposition kann sich Merkel als Vermittlerin vorstellen

Die Gegner von Lukaschenko in Belarus können sich auch eine Vermittlerrolle von Bundeskanzlerin Angela Merkel im Machtkampf in der Ex-Sowjetrepublik vorstellen. „Natürlich begrüßen wir jeden Versuch, einen Dialog in der Zivilgesellschaft zu organisieren“, sagte die Oppositionspolitikerin Maria Kolesnikowa vom Koordinierungsrat der Deutschen Presse-Agentur in Minsk.

„Mir ist bisher nicht klar, worauf Merkel und Putin bestehen“, sagte Kolesnikowa mit Blick auf ein Telefonat Merkels mit Kremlchef Wladimir Putin zur Lage in Belarus vor einigen Tagen. „Aber beliebige positive Schritte, die dabei helfen, uns zu vereinen, sind sehr willkommen.“ Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron vermitteln auch im Ukraine-Konflikt zwischen Moskau und Kiew.

Die früher viele Jahre in Stuttgart tätige Kulturmanagerin äußerte sich zurückhaltend zu Sanktionen der EU gegen Belarus oder einzelne Vertreter des Machtapparats. „Wir müssen erst alle anderen Möglichkeiten ausschöpfen. Deshalb ist meine Haltung, was Sanktionen angeht, etwas abgekühlt“, erklärte sie. Die EU-Außenminister hatten die Sanktionen vergangene Woche auf den Weg gebracht. „Ich kann nicht einerseits Dialog und einen friedlichen Machttransfer fordern und auf der anderen Seite für Strafmaßnahmen eintreten gegen die Menschen, mit denen ich reden will.“

Zum EU-Gipfel am Mittwoch betonte sie aber, dass eine klare und entschlossene Reaktion der EU nötig sei. „Für uns ist Swetlana Tichanowskaja die Siegerin der Präsidentenwahl. Das ist glasklar“, betonte sie. (dpa)

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