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Thomas Drake, Ex-NSA-Mitarbeiter.

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Update

Ex-NSA-Mitarbeiter: Thomas Drake: BND ist Wurmfortsatz der NSA

Der frühere NSA-Mitarbeiter Thomas Drake hat im Geheimdienst-Untersuchungsausschuss des Bundestages schwere Vorwürfe gegen den Bundesnachrichtendienst erhoben.

Der BND habe sich in einen „Wurmfortsatz der NSA“ verwandelt, sagte Drake am späten Donnerstagabend im NSA-Ausschuss in Berlin. Der BND arbeite eng mit der NSA zusammen und verstoße potenziell gegen die Verfassung, indem er Daten des US-Partners nutze. Die Behauptung des BND, man habe dort nichts von der massenhaften Datenüberwachung durch die NSA gewusst, sei angesichts dieser Kooperation „jenseits jeder Glaubwürdigkeit“.

"Geheime Schattenbeziehungen"

Drake beklagte, beide Geheimdienste streuten aber „kryptologischen Sand“ in die Augen der Menschen, um ihre Verbindungen und „geheimen Schattenbeziehungen“ zu verschleiern. Für die Überwachung deutscher Bürger gebe es strenge Vorgaben, nicht aber für die Überwachung von Nicht-Deutschen. Drake mahnte, das deutsche Grundgesetz müsse jedoch auch außerhalb Deutschlands gelten. „Die schwache Kontrolle in Deutschland ist hier eine Zeitbombe.“ Eine stärkere rechtliche Kontrolle sei dringend nötig. Drake arbeitete von 2001 bis 2008 für die NSA. Die Bundesregierung müsse den BND zwingen, seine Aktivitäten transparenter zu machen und dafür geradezustehen, forderte er. „Man sollte nicht warten, bis es einen deutschen Edward Snowden gibt, der den Schleier lüftet.“

Ex-Technikdirektor sagt aus

Zuvor hatte als erster Zeuge der frühere NSA-Mitarbeiter William Binney im NSA-Untersuchungsausschuss ausgesagt. Er war Technischer Direktor des US-Geheimdiensts, 2001 warf er den Job aus Protest hin. Binney gehört zur ersten Generation der NSA-Hacker. In seinen 30 Jahren bei dem Dienst war der Job noch klassische Spionage: Man kannte seine Gegner, politische oder kriminelle, und genau die wollte man verfolgen. Zwar habe die NSA schon 1998 angefangen, Glasfaserkabel anzuzapfen. Aber die Auswertung der Daten, so beschreibt es der Technik-Spezialist, zielte darauf ab, konkrete Verdächtige zu überwachen – meist aus dem roten Sowjetreich des Bösen.

Binney entwickelte die ersten Daten-Späh- und Auswerteprogramme. Seit 1985 habe er dabei auch mit dem Bundesnachrichtendienst (BND) eng zusammengearbeitet, berichtet der Ex-Agent.

Man habe den Deutschen zum Beispiel den Quellcode des Programms Thin Thread weitergegeben. Die Kooperation mit dem westlichen Frontstaat war aus amerikanischer Sicht logisch. Die Anschläge vom 11. September 2001, sagte Binney, veränderten alles. Erst danach habe die NSA sich den Totalzugriff auf die Glasfaser-Datenkabel gesichert und in großem Stil mit Internet- und Telefonfirmen kooperiert. Danach seien alle Datenschutz-Maßnahmen „über den Haufen geworfen worden“, die vorher US-Bürger vor der Neugier der NSA geschützt hätten. „Es gab überhaupt keinen Datenschutz mehr.“ Seit damals greife der Dienst unterschiedslos und weltweit alle Daten ab die er kriege: „Sie wollen Informationen über alles haben, das ist das Ziel!“

"Wie eine totalitäre Diktatur"

Wenige Wochen nach diesem Umschwung quittierte Binney den Dienst. Er wollte nicht mehr für ein System arbeiten, das sich wie eine totalitäre Diktatur gebärde. Aber auch als altgedienter Fachmann sah er keinen Sinn in der Datenscheffelei: „Die Analytiker konnten dadurch nicht mehr ihrer Aufgabe nachkommen.“ Mit dem Ozean von Daten, den der neue Kurs der NSA bescheren sollte, konnten die Abwehr-Spezialisten nichts anfangen. Elektronische Zielfahndung findet Binney heute noch in Ordnung, da ist er ganz klassischer Geheimdienstmann.

Wie die konkret aussah bei der NSA, weiß Binney allerdings nur noch vom Hörensagen und aus der Zeitung. Der Ausschuss würde natürlich gerne wissen, ob die NSA hier in Deutschland Datenknoten angezapft hat. Aber Binney kann nur die allgemeinen Einschätzung beisteuern. Der Dienst könne das sicher. Zu seiner Zeit habe man allerdings keine Daten in Partnerländern abgegriffen. (bib/dpa)

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