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Politik: Thailand liefert „Händler des Todes“ aus

Russischer Unternehmer soll vor US-Gericht: Er belieferte weltweit Warlords mit Waffen

Ein Gericht in Bangkok hat am Freitag die Auslieferung des russischen Unternehmers Viktor Bout an die USA angeordnet. Er soll seit Mitte der 90er Jahre im großen Stil illegal Waffen an Konfliktparteien in der gesamten Welt verkauft haben. In den USA soll dem 43-Jährigen der Prozess gemacht werden. Die Anklagepunkte reichen von Verschwörung zur Tötung von Amerikanern bis zur Unterstützung von Terrorgruppen. Besonders wegen der Unterstützung der kolumbianischen Farc-Rebellen, die Washington als Terrororganisation ansieht, soll Bout belangt werden. Ihm droht eine langjährige, möglicherweise lebenslange Haftstrafe.

Ein anderes Gericht in Bangkok hatte vergangenes Jahr die Auslieferung Bouts an die USA abgelehnt. Thailand betrachte die Farc nicht als Terrorgruppe, die Ermittlungen gegen Bout seien somit politisch motiviert, erklärte damals der zuständige Richter. Die USA legten Berufung ein und setzten sich nun vor einem höheren Gericht durch.

Bout war im März 2008 bei einer gemeinsamen verdeckten Operation von thailändischen Ermittlern und Beamten der US-Drogenbekämpfungsbehörde Dea ins Netz gegangen. Die Dea-Ermittler hatten sich offenbar als Mitglieder der Farc- Rebellen ausgegeben und vorgegeben, an einem millionenschweren Waffenkauf interessiert zu sein. Der Deal sollte in Bangkok abgeschlossen werden.

Warum Bout, der mit einem Reiseverbot der Vereinten Nationen belegt ist, überhaupt nach Thailand gekommen ist, bleibt unklar. Doch hat ein Offizier der thailändischen Marine, der bei dem Verfahren als Zeuge ausgesagt hat, nahegelegt, Bouts Reise könne mit der Lieferung eines russischen U-Boots an Thailand in Verbindung stehen. Der Offizier, Hauptmann Anurak Phromngam, sagte aus, er habe die Ankunft eines russischen Experten erwartet, der untersuchen sollte, ob einer von Thailands Häfen für die Landung von U-Booten geeignet sei. Später habe er erfahren, dass der Experte festgenommen worden sei.

Offenbar beabsichtigt Russland, Thailand ein kleines, aber hochmodernes dieselbetriebenes U-Boot zur Verfügung zu stellen, um seine Beziehungen zu Bangkok auszubauen. Das Vorhaben hatte offenbar den Segen von den höchsten Stellen des Landes: Als Chamroen Panompakakorn, Bouts Hauptanwalt, zu Beginn des Verfahrens seine Liste mit Zeugen einreichte, fanden sich darauf die Namen von Beratern von Thailands königlicher Familie. Chamroen übergab dem Gericht auch die Mitschriften von Reden, in denen Mitglieder der königlichen Familie zu einer engeren militärischen Zusammenarbeit mit Russland aufrufen.

Da sowohl die USA als auch Russland involviert sind, erinnerte vieles von dem, was sich während des Verfahrens abspielte, an einen Agententhriller. Vertreter Russlands unterstützten Bout bei seiner Verteidigung und setzten sich für seine Freilassung ein. Doch die USA setzten sich durch: Die Regierung Obama hat diese Woche den thailändischen Botschafter ins Außenministerium einbestellt und klargemacht, dass der Fall „höchste Priorität für die Vereinigten Staaten“ habe, erklärte ein Sprecher.

Doch Bouts Rolle ist äußerst ambivalent. Zwar hat er über sein riesiges Lufttransportunternehmen mit Sitz in den Vereinten Arabischen Emiraten mit sehr großer Wahrscheinlichkeit Waffen in Konfliktgebiete weltweit geliefert. Sie sollen aus Armeebeständen in Staaten wie Rumänien, Bulgarien und der Ukraine gestammt haben. Bout soll unter anderem nach Kamerun, Ruanda, Uganda, Angola, Mosambik, in den Sudan und in die Demokratische Republik Kongo Waffen verschoben haben. Auch an die Farc in Kolumbien, die Hisbollah im Libanon und an mehrere Konfliktparteien in Afghanistan soll Bout Waffen geliefert haben.

Seine Geschäfte mit Liberias Rebellenchef und späteren Präsidenten Charles Taylor, der sich derzeit wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag verantworten muss, brachten Bout und seinen Unternehmen UN-Sanktionen ein.

Doch zugleich arbeitete Bout für die Vereinten Nationen und das Pentagon. Seine Frachtflugzeuge transportierten in den Jahren 2004 und 2005 Soldaten und Kriegsgerät in den Irak. Die Journalisten Douglas Farah und Stephen Braun beschreiben in ihrem 2007 erschienen Buch „Händler des Todes“, dass Bout in einigen Fällen zunächst illegal Waffen in Konfliktgebiete transportiert habe und anschließend von den UN angeheuert worden sei, um humanitäre Hilfe in dasselbe Konfliktgebiet zu transportieren. Bout habe meist geschickt in einer „rechtlichen Grauzone“ operiert, die nach Ende des Kalten Krieges entstanden sei. Der 2005 erschienene Hollywoodfilm „Lord of War“ nahm Bout als Vorbild für die Rolle des Waffenhändlers Yuri Orlow.

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