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Werbung um Unterstützer läuft auch über die Aufwandsentschädigung. Hier ein Foto von der 11. Berliner Freiwilligenbörse in Berlin vom April 2018.

© Kitty Kleist-Heinrich, TSP

Tag des Ehrenamts: Geld für freiwilliges Engagement? Das ist heikel

Am Mittwoch ist Tag des Ehrenamts. Ohne die Freiwilligen ginge mancherorts nichts mehr. Immer mehr Menschen finden, sie sollten Geld bekommen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ariane Bemmer

Was genau es ist, hat noch niemand definiert, und wie viele Menschen sich darin betätigen, weiß auch keiner. Schätzungen schwanken zwischen 14 Millionen und 31 Millionen. Beides gigantische Zahlen. Es geht um das Ehrenamt, um bürgerschaftliches Engagement, sei es für Menschen, Pflanzen oder Tiere, sei es für Kinder oder Alte, Kranke oder Arme, sei es für In- oder Ausländer, im Bereich Sport, Kultur oder im Rahmen der Kirchengemeinde. Ohne die Ehrenamtlichen, das ist Konsens, wäre mancherorts die gesellschaftliche Funktionsfähigkeit beeinträchtigt bis gar gefährdet. Man kann ihnen also gar nicht genug danken, was zum Tag des Ehrenamts an diesem Mittwoch mehr als sonst üblich geschehen wird. Alles gut also? Nicht ganz.

Das Ehrenamt, dem Gedanken nach ein großzügiger Akt der Nächstenliebe, spielt sich vor allem im sozialen Bereich ab – oder hätte je wer von ehrenamtlich tätigen Bauingenieuren gehört, die beispielsweise am BER so zupacken, dass der Flugbetrieb früher als geplant starten kann?

Im sozialen Sektor klagen die regulär Beschäftigten oft und zu Recht über schlechte Löhne. Das Ehrenamt verstärkt nun aber den Eindruck noch, die dort anfallenden Tätigkeiten seien für wenig Geld erbringbar, denn es hat sich eingebürgert, den nicht mehr wegzudenkenden Ehrenamtlichen etwas zu zahlen. Je höher die Summe wird – gerade hat die Bundesfamilienministerin exakt 402 Euro monatlich für das freiwillige soziale Jahr von unter 27-Jährigen angeregt –, desto interessanter wird das Ehrenamt als Nebenjob.

Soll Uneigennützigkeit zum Wesenskern gehören?

Aber genau das, ein Job, soll es nicht sein. Oder in den Worten der Caritas: „Alles, was bezahlt ist, ist kein Ehrenamt.“ Der katholische Sozialverband sieht die Gefahr einer „Monetarisierung“, die Gefahr also, dass vor allem finanzielle Anreize die Menschen ins Ehrenamt bringen. Umfragen zufolge steigt der Anteil derjenigen, die eine Vergütung des Ehrenamts befürworten. Die Caritas fordert deswegen, dass es einer begrifflichen Klärung bedürfe: Was ist ein Ehrenamt – und was ist soziales Engagement gegen kleines Geld?

Das freiwillige soziale oder ökologische Jahr, dass die Bundespolitik künftig besser fördern will, könnte dafür ein guter Anlass sein. Auch dort überwiegen Nützlichkeitsaspekte, wenn etwa darauf spekuliert wird, dass ein absolviertes Freiwilligenjahr den jungen Leuten perspektivisch bei der Bewerbung um einen Wunschjob hilft. Das ist alles gut und wichtig. Aber entspricht das dem Geist des Ehrenamts? Soll die Uneigennützigkeit zu dessen Wesenskern gehören, oder ist ein solcher Gedanke in einer durchkommerzialisierten und am Gelde hängenden Welt nicht haltbar?

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