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Bankkunden stehen vor einer Sberbank-Filiale in Prag Schlange.

© Michal Cizek/AFP

Swift-Ausschluss Russlands: Der Teufel liegt im Detail

Berlin will vermeiden, dass ein Swift-Ausschluss Russlands zu hart auf Deutschland zurückschlägt. Ein wunder Punkt: Überweisungen an Energielieferanten.

Eines steht in jedem Fall fest: Russlands Wirtschaft wird durch den Ausschluss zahlreicher Banken aus dem internationalen Zahlungssystem Swift weiter isoliert und geschwächt. Am Samstag hatten sich die EU-Staaten, die USA, Kanada und Großbritannien dazu entschlossen, Swift für zahlreiche russische Banken zu sperren.

Am Sonntag schloss sich auch Japan diesem Schritt an. In EU-Kommissionskreisen hieß es am Sonntag, dass ein Großteil des Geschäftsvolumens der russischen Banken von dem Swift-Ausschluss betroffen sein werde.

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Konkret bedeutet dies, dass die bisher von der EU gelisteten Finanzhäuser wie Alfa Bank, Bank Otkritie, Bank Rossija und Promswjasbank kein Geld mehr ins Ausland über Swift überweisen oder Überweisungen von dort erhalten können.

Nach den Worten von Regierungssprecher Steffen Hebestreit könnten darüber hinaus, „soweit erforderlich“, weitere russische Banken von Swift ausgeschlossen werden.

Probleme an Geldautomaten

Der Swift-Ausschluss ist die vorerst letzte Stufe mehrerer Strafmaßnahmen westlicher Staaten gegen den russischen Finanzsektor. So wurde in der zurückliegenden Woche zunächst der Zugang einer Reihe von russischen Banken zu den EU-Finanzmärkten gekappt.

Die Folgen wurde in den vergangenen Tagen bereits im russischen Alltag spürbar: Am Wochenende berichtete in Moskau ein Mann der dpa, dass er erst nach längerem Suchen in der Innenstadt der Hauptstadt einen Sberbank-Automaten habe finden können, der 7500 Rubel (rund 80 Euro) auswarf.

Die Sberbank ist das größte russische Finanzinstitut. Jeder zweite Russe verfügt dort über ein Konto, zahlreiche Gehalts- und Rentenzahlungen laufen über das Geldhaus.

Von der Leyen: „Gewaltige Kosten“ für die russische Wirtschaft

Nach den Worten von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen ist die Europäische Union weiterhin entschlossen, Russland angesichts des Überfalls auf die Ukraine „gewaltige Kosten“ aufzuerlegen. Dies werde dazu beitragen, Russland noch mehr vom internationalen Finanzsystem zu isolieren.

Es gehe darum, den russischen Präsidenten Wladimir Putin an der Finanzierung seiner Kriegsmaschinerie zu hindern, sagte sie. Dem Beschluss vom Samstagabend zufolge solle „eine gewisse Zahl russischer Banken“ aus dem Swift-System ausgeschlossen werden, erklärte die Kommissionschefin weiter. Details zu den betroffenen Geldhäusern nannte sie nicht.

Demnach wird es also auch in Zukunft einige Banken in Putins Reich geben, die nicht vom Swift-Bann betroffen sind. Die Regierung in Kiew wünscht sich aber noch weiter gehende Maßnahmen. Nach den Worten des ukrainischen Botschafters in Berlin, Andrij Melnyk, fordert die Ukraine die Bundesregierung auf, den Ausschluss aus dem Banken-Kommunikationsnetzwerk auf sämtliche russischen Geldinstitute auszuweiten.

Details müssen von allem 27 EU-Staaten abgesegnet werden

Wie von der Leyen weiter ausführte, werde der Swift-Ausschluss zu einer wirkungsvollen Blockade der russischen Ausfuhren und Einfuhren führen. Wie die Abkopplung Russlands von Swift genau gestaltet werden soll, wird derzeit in Brüssel mit Hochdruck ausgearbeitet. Im Detail geht es um die Umsetzung einer entsprechenden Rechtsverordnung, welche der Zustimmung sämtlicher 27 Mitgliedstaaten bedarf.

Auch Italiens Regierungschef Mario Draghi zögerte zunächst beim Swift-Ausschluss Russlands.
Auch Italiens Regierungschef Mario Draghi zögerte zunächst beim Swift-Ausschluss Russlands.

© Yves Herman/AFP

Allerdings war vor allem Staaten wie Deutschland und Italien, die besonders von Rohstoff-Importen aus Russland abhängig sind, stets klar, dass es sich bei einer Swift-Verbannung Russlands um ein zweischneidiges Schwert handelt. Europäische Unternehmen müssen Ausfälle in Milliardenhöhe befürchten.

Am Sonntag erklärte daher Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) bei der Sondersitzung des Bundestages, dass es keine umfassende Abkopplung Russlands von dem Banken-Netzwerk geben dürfe, die „breitflächig und ungezielt wirken“ und auch Europa hart treffen würde. „Nichts wäre gewonnen, wenn wir selbst in eine Energie- oder Wirtschaftskrise rutschen“, sagte Baerbock.

Der Hintergrund derartiger Überlegungen: In der Bundesregierung wird befürchtet, dass Putin die Lieferungen von Öl, Gas und Steinkohle stoppen könnte, sobald der Ausschluss aus dem Zahlungssystem wirksam ist. Denn ohne Swift können auch in Deutschland die Rechnungen für die Energieimporte nicht problemlos beglichen werden.

Swift lässt sich auch umgehen

Dass der bevorstehende Swift-Ausschluss auch für die deutsche Wirkung negative Auswirkungen haben wird, ist nach der Ansicht von Peter Adrian, Präsident des Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK), ein erwartbares Szenario. „Das wird natürlich auch spürbare Rückwirkungen auf uns hier in Deutschland haben. Auch die Folgen für unsere Energieversorgung müssen wir genau im Blick behalten“, sagte Adrian der Funke-Mediengruppe.

Allerdings gäbe es auch auf deutscher Seite durchaus Mittel und Wege, den Swift-Ausschluss zu umgehen, um die Einfuhr von Öl, Gas oder Steinkohle sicherzustellen. So wäre es denkbar, zur Begleichung der Energie-Rechnungen Geld auf anderem Wege an Banken zu überweisen, die keinen Swift-Zugang mehr haben.

Bevor das internationale Kommunikationsnetzwerk 1973 ins Leben gerufen wurde, waren grenzüberschreitende Überweisungen schließlich auch möglich. Um die von Baerbock befürchteten „Kollateralschäden“ zu vermeiden, wäre es beispielsweise machbar, Überweisungen für russische Banken per Telefon oder Mail anzuweisen.

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