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Premier Rishi Sunak will mit schmerzhaften Einschnitten Vertrauen in Großbritannien zurückgewinnen.

© Foto: AFP/Andy Bailey

Sunaks scharfer Sparkurs: Neuer britischer Premier steuert bei Finanzen radikal um

Steuern hoch, Ausgaben runter: Der neue Chef in London macht nach dem finanzpolitischen Desaster seiner Vorgängerin Truss eine komplette Kehrtwende.

Mit massiven Steuererhöhungen sowie Ausgabenkürzungen will die neue konservative Regierung von Premier Rishi Sunak das Vertrauen in Großbritannien wiederherstellen. Finanzminister Jeremy Hunt sprach bei der Vorlage seines Nachtrag-Haushaltes am Donnerstag im Londoner Unterhaus von „schwierigen Entscheidungen“, mit denen er Stabilität zurückgewinnen sowie Wachstum fördern wolle. Die Turbulenzen unter der Vorgänger-Regierung von Liz Truss hätten gezeigt, dass „ungedeckte Steuersenkungen ebenso riskant seien wie ungedeckte Staatsausgaben“.

Hunt bestätigte die düsteren Aussichten für die tief in der Rezession steckende britische Volkswirtschaft. Die derzeit bei 11,1 Prozent liegende Teuerungsrate werde frühestens Mitte nächsten Jahres fallen, die Arbeitslosigkeit in den kommenden Monaten steigen, Wirtschaftswachstum sei erst 2024 wieder zu erwarten. Die Staatsschuld lag Mitte dieses Jahres dem Statistikamt ONS zufolge bei 99,6 Prozent – mit steigender Tendenz.

Seit Sunaks Amtsübernahme vor drei Wochen sind die seit 2010 regierenden Konservativen auf Schadensbegrenzung konzentriert. Es gehe darum, sagte der 42-Jährige Regierungschef, „die Stabilität und das Vertrauen in die britische Volkswirtschaft“ wiederherzustellen.

Wir haben unser Ansehen beschädigt.

Zentralbank-Gouverneur Andrew Bailey

Denn, so Sunak, die globale Reputation des Königreiches habe „einen Rückschlag erlitten“. Unverblümter drückte sich am Mittwoch der normalerweise vorsichtige Zentralbank-Gouverneur aus: „Wir haben unser Ansehen beschädigt“, teilte Andrew Bailey dem Finanzausschuss des Unterhauses mit.

Hunts Regierungserklärung stellt eine komplette Abkehr von der Wirtschafts- und Finanzpolitik der Kurzzeit-Premierministerin Truss dar. Deren Schatzkanzler Kwasi Kwarteng hatte Ende September mit dem größten Steuersenkungspaket der vergangenen 50 Jahre die Wirtschaft anzukurbeln versucht.

Die damit einhergehende massive Neuverschuldung ließ die Zinsen für britische Staatsanleihen in die Höhe schießen, das Pfund rauschte in den Keller. Die Bank of England musste durch Anleihenkäufe die Bondmärkte stabilisieren und damit eine knapp bevorstehende Finanzkrise von Pensionsfonds verhindern.

Finanzminister Jeremy Hunt präsentierte den Sparplan.

© Foto: AFP/Justin Tallis

Um aus der politischen Defensive zu kommen, feuerte Truss Mitte Oktober ihren Vertrauten Kwarteng und berief den langjährigen früheren Gesundheits- und Außenminister ins Amt des Schatzkanzlers – wenige Tage später musste sie selbst zurücktreten.

Zwar wäre Hunt gewiss nicht die erste Wahl des neuen Premiers Sunak für die entscheidend wichtige Position des Finanzministers gewesen. Weil Hunt aber binnen weniger Tage sämtliche Entscheidungen seines Vorgängers korrigierte und damit das Vertrauen der Finanzmärkte zurückgewonnen hatte, blieb dem neuen Premier nichts Anderes übrig, als den 56-Jährigen im Amt zu belassen.

45
Prozent Gewinnsteuer zahlen ab Januar auch die Energieerzeuger, was auch kleinere Windkraftfirmen betrifft.

Für den Haushalt stützte sich Hunt am Donnerstag nicht nur auf detaillierte Prognosen der Budgetbehörde OBR, deren Expertise Kwarteng gescheut hatte. Ausdrücklich sprach der Finanzminister auch der Zentralbank sein Vertrauen aus, deren Unabhängigkeit die Vorgänger-Regierung hatte beschneiden wollen.

Um die Staatsfinanzen zu stabilisieren, gibt es weniger Geld als geplant für Verteidigung und Entwicklungshilfe. Auch Schulen und Gesundheitswesen müssen mit kleineren Budgets zurechtkommen. Gleichzeitig bittet Hunt Bürger und Unternehmen zur Kasse. So wird die Profitsteuer für Energie-Giganten wie BP und Shell von 25 auf 35 Prozent erhöht.

Sogar 45 Prozent Gewinnsteuer zahlen ab Januar auch die Energieerzeuger, was auch kleinere Windkraftfirmen betrifft. Zudem hält die Regierung an der stufenweisen Erhöhung der Unternehmenssteuern auf 25 Prozent fest.

Während den Spitzensatz von 45 Prozent der Einkommensteuer bisher nur Bezieher von Jahreseinkommen über 150.000 Pfund (171.300 Euro) bezahlten, werden künftig schon jene einbezogen, die jährlich mehr als 125.140 Pfund (142.961 Euro) verdienen. Die Obergrenzen für die niedrigeren Steuersätze von 20 und 40 Prozent sowie den Freibetrag von 12.570 Pfund (14.358 Euro) bleiben auf Jahre eingefroren, wodurch Millionen von Niedriglohnbeziehern mehr bezahlen müssen.

Zudem gibt Hunt den Kommunalbehörden größeren Spielraum für deren Lokalsteuer. Weil damit unter anderem die Fürsorge für Alte und Pflegebedürftige finanziert werden und deren Zahl stetig zunimmt, dürften viele Bürger, vor allem Immobilienbesitzer, auch dabei deutlich mehr bezahlen. Sozialhilfeempfänger und Rentner dagegen erhalten wie bisher an die Inflationsrate angepasste Bezüge.

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