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Genossinnen Sahra Wagenknecht (links), Katja Kipping Ende vergangener Woche bei der Klausurtagung der Bundestagsfraktion in Berlin.

© Jörg Carstensen/dpa

Studie im Auftrag der Fraktion: Viele potenzielle Linken-Wähler tendieren zu Grün

Die Linke wird von der AfD kaum Wähler abwerben können, wohl aber von den Grünen: Eine Studie stärkt Parteichefin Kipping im Machtkampf mit Sahra Wagenknecht.

Von Matthias Meisner

Nur jeder vierte potenzielle Linken-Wähler würde dieser Partei heute tatsächlich seine Stimme geben. Das geht aus einer Analyse des Forschungsinstituts Emnid hervor. Unter den potenziellen Linken-Wählern - aktuell sind es 22 Prozent - würden indes 31 Prozent die Grünen wählen, wenn am kommenden Sonntag Bundestagswahl wäre, mehr also als die Linkspartei selbst.

Unentschlossen sind vom maximalen Wählerpotenzial der Linkspartei aktuell 18 Prozent, je neun Prozent würden für SPD oder die Union stimmen, nur jeweils ein Prozent für AfD und FDP.

Die von der Fraktion in Auftrag gegebene Studie ist Munition für die Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger, die - anders als Fraktionschefin Sahra Wagenknecht - vor allem auf urbane, jüngere und studentische Milieus setzen. Wagenknecht dagegen hat immer wieder beklagt, dass ihre Partei Arbeiter und Arbeitslose vernachlässigt habe.

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Auch strebt die Fraktionschefin an, bisherige Wähler der AfD zur Linken zurückzuholen - eine Strategie, für die es laut Analyse der Meinungsforscher jedoch praktisch keine Chance mehr gibt. Der Austausch mit der AfD sei "zum Erliegen gekommen", heißt es in der Studie. Bei der vergangenen Bundestagswahl 2017 hatte die Linke noch in ähnlicher Größenordnung von der SPD gewonnen und an die AfD verloren. Damals ging es noch um rund 400.000 Wähler in beide Richtungen im Vergleich zu 2013.

2017 haben Arbeiter, Gewerkschafter und Arbeitslose häufiger die AfD als Die Linke gewählt. Konkret: Bei den Arbeitern stimmten 18 Prozent für die AfD und zehn Prozent für die Linkspartei, bei den Gewerkschaftern 15 Prozent für die AfD und zwölf Prozent für die Linkspartei. 17 Prozent der Arbeitslosen wählten die AfD, zwei Prozentpunkte weniger Die Linke.

Die Diskussion um die potenziellen Milieus der Partei ist einer der wesentlichen Konfliktpunkte bei den innerparteilichen Auseinandersetzungen der Linken. Wagenknecht hat gemeinsam mit ihrem Ehemann, Ex-Parteichef Oskar Lafontaine, die Sammlungsbewegung "Aufstehen" im September 2018 unter anderem ins Leben gerufen, um wieder stärker so genannte "Wutbürger" heranzukommen. "Aufstehen" erreicht eigenen Analysen dieser Gruppierung zufolge überproportional viele Mitglieder von SPD und Linkspartei, aber nur wenige Grünen-Mitglieder. Auch bis zu 100 AfD-Mitglieder haben sich als Unterstützer eingeschrieben.

Lösungskompetenz der Linken selbst von Anhängern schlecht bewertet

Der Analyse von Emnid zufolge liegt die Parteipräferenz für die Linke seit 2013 durchweg bei um zehn Prozent. Die Meinungsforscher werfen deshalb die Frage auf, ob die Linke deshalb eine "Partei ohne Dynamik" sei. Sie stellen auch fest, dass die Lösungskompetenz der Linkspartei relativ schlecht bewertet wird, selbst unter den eigenen Wählern. Als ähnlich miserabel gilt nur noch die generelle Lösungskompetenz der AfD. Wie auch die AfD mobilisiert die Linke prozentual etwa doppelt so viele Wähler im Osten im Vergleich zum Westen, bei den Grünen ist es umgekehrt. CDU und SPD haben dagegen eine gesamtdeutsche Wählerschaft.

Die Studie wurde vergangene Woche auf der Klausurtagung der Linken-Bundestagsfraktion vergangene Woche in Berlin vorgestellt. Das 15-seitige Papier liegt dem Tagesspiegel vor. Erstellt hat die Studie Torsten Schneider-Haase, der bei Emnid den Bereich Politikforschung leitet.

Wagenknecht will Fraktionschefin bleiben

Auf der Klausur der Fraktion hatten die 69 Abgeordneten aus eine kritische Abrechnung mit Wagenknecht weitgehend verzichtet. Sie selbst machte deutlich, dass sie bei der anstehenden Wahl der Fraktionsführung im Herbst erneut kandidieren will. Der genaue Termin der Wahl des Fraktionsvorstandes ist noch nicht festgelegt. Turnusgemäß müsste er noch vor der Landtagswahl in Thüringen stattfinden. Bei der dieser Wahl am 27. Oktober geht um um die für die Linke wichtige Frage, ob sie ihren Ministerpräsidenten-Posten - seit Dezember 2014 regiert Bodo Ramelow - verteidigen kann. Es ist nicht zu erwarten, dass die innerparteilichen Konflikte von Genossinnen und Genossen vor der Thüringen-Wahl auf die Spitze getrieben werden.

Wagenknecht verwahrt sich gegen Vorwürfe, sie würde Themen ähnlich wie die AfD besetzen. "Mir Fischen am rechten Rand vorzuwerfen, ist bösartig", wird sie von der "Rheinischen Post" zitiert. Aber "wenn wir Probleme nicht offen aussprechen, erleichtern wir es der AfD, diese Ängste zu instrumentalisieren".

Lafontaine gegen Abwerbung von Fachkräften

Lafontaine wiederum machte in einem Interview mit der "Saarbrücker Zeitung" erneut klar, dass es ihm und der Sammlungsbewegung "Aufstehen" auch um eine Neuausrichtung der Flüchtlingspolitik geht. Er sagte dem Blatt: "Wir sind durchaus für offene Grenzen, aber wir finden, dass die Grenzen nicht nur nach einer, sondern nach zwei Seiten offen sein sollten." Statt "die Milliarden lediglich für die Menschen auszugeben, die zu uns kommen", wolle "Aufstehen" auch, "dass ein Teil dieser Milliarden ausgegeben wird, um den Millionen Menschen in den Lagern und Hungergebieten zu helfen, die zu schwach oder zu arm sind, um nach Deutschland zu kommen". Der saarländische Linken-Fraktionschef wandte sich gegen die Abwerbung von Fachkräften aus armen Ländern: "Heute werden Ärzte und Krankenschwestern aus Afrika angeworben, um hier zu arbeiten, als gäbe es dort keine Kranken."

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