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Justiz- und Verbraucherschutzkommissarin Jourová hat ein massives Problem mit Facebook.

© John Thys/AFP

Streit mit Brüssel: EU-Kommissarin Jourová bezeichnet Facebook als „Dreckschleuder“

Die EU-Kommission verliert die Geduld mit Facebook. Der Vorwurf: Das Unternehmen verschweigt den Usern im Kleingedruckten die kommerzielle Nutzung der Daten.

Während einer Pressekonferenz berichtete EU-Justizkommissarin Vera Jourová jüngst über ihre eigenen Facebook-Erfahrungen. Außerdem kritisierte sie, dass der Technologieriese die EU-Verbrauchervorschriften weiterhin nicht einhält. Auf die Frage von EurActiv, warum sie kein Facebook-Konto mehr habe, antwortete die tschechische Kommissarin: „Für kurze Zeit hatte ich ein Konto bei Facebook. Das war eine Dreckschleuder. Ich hätte einen solchen Ansturm von Hass nicht erwartet. Ich entschied mich, das Konto wieder zu kündigen, weil mir klar wurde, dass es in Europa wohl weniger Hass geben wird, wenn ich das tue.“

Darüber hinaus warnte Jourová erneut, dass Facebook mit schweren Sanktionen zu rechnen habe, wenn sich das Unternehmen nicht an die EU-Verbraucherregelungen halte.

In einem Statement der Kommission vom Februar war mitgeteilt worden, dass Facebook die Art und Weise, wie Nutzer über eine mögliche Entfernung von Inhalten informiert werden, anpassen müsse. Außerdem sei Facebooks Darstellung von Nutzungsverträgen nicht transparent genug.

„Meine Geduld hat ihre Grenzen erreicht,“ sagte Jourová. „Facebook hat mir zwar versichert, dass sie die verbleibenden irreführenden Nutzungsbedingungen bis Dezember endlich anpassen werden – aber das dauert schon viel zu lange.“ Die Justizkommissarin erklärte weiter, es sei jetzt Zeit „für Taten“. „Wenn die Änderungen bis Ende des Jahres nicht vollständig umgesetzt sind, fordere ich die Verbraucherbehörden auf, schnell zu handeln und das Unternehmen entsprechend zu bestrafen.“

EU-Kommission hält Geschäftsbedingungen für irreführend

Ein Facebook-Sprecher hingegen erklärte gegenüber EurActiv, die Nutzungsbedingungen des Unternehmens seien im April aktualisiert worden. Die von der Kommission vorgeschlagenen Änderungen seien dabei bereits größtenteils übernommen worden. Jourova will dies allerdings nicht so stehen lassen. Die Aktualisierung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch Facebook im April sei „irreführend“ gewesen, erklärte sie. „Facebook teilt den Verbrauchern nun mit, dass ihre Daten und Inhalte nur dazu verwendet werden, ihr ’Gesamterlebnis’ zu verbessern, und erwähnt nicht, dass das Unternehmen diese Daten für kommerzielle Zwecke verwendet,“ heißt es in einer Erklärung aus Jourovás Büro.

Während Facebook also möglicherweise mit Strafmaßnahmen der Kommission rechnen muss, erhielt die Vermietungs-Plattform AirBnB von Jourová vorsichtiges Lob. Zuvor hatte sich das Unternehmen verpflichtet, die notwendigen Änderungen vorzunehmen, um die EU-Verbraucherrichtlinie einzuhalten.

Dazu gehört es, klarzustellen, ob eine Privatperson oder ein Unternehmer eine Unterkunft anbietet. Außerdem soll die Preistransparenz bei Buchungen verbessert werden, damit die Nutzer die Gesamtkosten der Buchungen, einschließlich zusätzlicher Gebühren wie Service- und Reinigungskosten, leichter überblicken und nachvollziehen können. AirBnB hat bis Ende des Jahres Zeit, diese Änderungen, zu denen das Unternehmen sich verpflichtet hat, auf allen EU-Sprachversionen ihrer Website vorzunehmen.

Die Verbraucherschutzbehörden in der gesamten EU sind befugt, Unternehmen wegen Verstößen gegen die EU-Vorschriften zu bestrafen. Sie werden dementsprechend im kommenden Jahr mögliche Sanktionen prüfen, sollte sich herausstellen, dass AirBnB und Facebook die Vorschriften nicht ausreichend eingehalten haben.

Die Kommission scheint jedoch aktuell nicht in der Stimmung zu sein, noch lange darauf zu warten, dass Facebook endlich den EU-Vorschriften entspricht: „Ich werde langsam ziemlich ungeduldig,“ betonte Jourová mehrfach. „Wir sind seit fast zwei Jahren im Dialog mit Facebook. Die Fortschritte reichen mir nicht aus, ich will Ergebnisse sehen.“

Übersetzung: Tim Steins.

Erschienen bei EurActiv.

Das europapolitische Onlinemagazin EurActiv und der Tagesspiegel kooperieren miteinander.

Samuel Stolton

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