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Ein deutscher Reisepass.

© dpa/Fabian Sommer

Streit doch noch beigelegt: Ampel einigt sich auf mehr Abschiebungen und schnellere Einbürgerungen

Das Asyl-Paket und das neue Staatsbürgerschaftsrecht sollten noch in diesem Jahr beschlossen werden. Durch neuen Zwist klappte das nicht. Nun gibt es zumindest eine politische Einigung.

Die Ampel-Koalition legt kurz vor Weihnachten den Streit um das Asyl-Paket und ein neues Staatsbürgerschaftsrecht bei. Das teilten die Fraktionschefs von SPD, FDP und Grünen am Mittwoch mit. Damit können beide Gesetzespakete im Januar 2024 beschlossen werden. Die Koalition will mehr Abschiebungen von Menschen, die sich illegal in Deutschland aufhalten. Außerdem sollen Einbürgerungen erleichtert und beschleunigt werden.

Beide Projekte waren schon von der Bundesregierung beschlossen worden. In den vergangenen Wochen hatten die drei Fraktionen im Parlament aber noch um diverse Details gerungen. Besonders die FDP wirkt nach den zähen Verhandlungen zufrieden. Der für den Bereich Inneres zuständige Vize-Fraktionschef der Liberalen, Konstantin Kuhle, sagte: „Wir schaffen mehr Ordnung und Kontrolle in der Migrationspolitik. Die praktische Abschiebung wird erleichtert. Fehlanreize im Sozialsystem werden reduziert.“

Asylbewerber bekommen viel später Bürgergeld

Der Abschiebegewahrsam soll, wie von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) geplant, von zehn auf 28 Tage verlängert werden. Die Grünen haben durchgesetzt, dass Menschen in Gewahrsam Zugang zu einem Anwalt bekommen. Dafür entfällt künftig die Ankündigung der Abschiebung oder des Gewahrsams.

Die Leistungen für Asylbewerber sollen sinken; Asylbewerber bekommen erst nach 36 Monaten (bisher 18) Zugang zu mehr Sozialleistungen wie dem Bürgergeld. Sie bleiben also eineinhalb Jahre in den geringeren Zahlungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. So sollen Migrations-Anreize verringert werden – besonders für Menschen aus Osteuropa, dem Westbalkan und Zentralasien. Ausweisungen sollen bei antisemitischen Straftaten künftig einfacher möglich sein.

Anti-Israel-Klausel kommt

Laut dem Vize-Fraktionschef der FDP, Konstantin Kuhle, bleibt es außerdem dabei, dass schnellere Einbürgerungen nur für all jene möglich sein sollen, die selbst für ihr Einkommen sorgen. Ausnahmen für unverschuldet von Sozialleistungen abhängige Menschen soll es demnach nicht geben. Darauf hatten SPD und Grüne gedrängt.

Allerdings wird es im Gesetz eine Klarstellung dahingehend geben, dass auch etwa Alleinerziehende oder Menschen mit Behinderung, die Bürgergeld beziehen, über eine Härtefallregel eine Chance auf Einbürgerung haben. Zudem wurden Ausschlussgründe für Einbürgerungen bei menschenverachtenden, judenfeindlichen Äußerungen verschärft. Der Begriff Israel taucht nicht im Gesetzestext auf.

Der Vize-Fraktionschef der Grünen, Konstantin von Notz, sagte dem Tagesspiegel: „Mit einem zeitgemäßen Staatsbürgerschaftsrecht erkennen wir endlich Lebensrealitäten an. Menschen, die dauerhaft hier leben, werden künftig schneller mitbestimmen und am sozialen wie politischen Leben in Deutschland teilhaben können.“ Einbürgerungen werden künftig schon nach fünf Jahren im Land möglich, auch die doppelte Staatsbürgerschaft wird eingeführt.

Klarstellung: Seenotretter sind keine Schleuser

Ursprünglich wollte die Koalition das Rückführungsverbesserungsgesetz und das neue Staatsbürgerschaftsrecht schon in diesem Jahr im Bundestag beschließen. Eine inhaltliche Einigung scheiterte aber in der letzten Sitzungswoche des Bundestags Mitte Dezember an unterschiedlichen Vorstellungen der drei Parteien.

SPD und Grüne wollten vor allem eine Ausnahmeregel für Einbürgerungen von Empfängern von Sozialhilfen, die unverschuldet in diese Lage geraten sind. Dagegen sperrte sich die FDP. Die FDP wiederum verhandelte über eine Israel-Klausel im Einbürgerungsrecht.

Selbst der Chef des Kanzleramtes schaltete sich ein

Die Grünen wollten Nachbesserungen bei der Seenotrettung, Abschiebungen und meldeten diverse rechtliche Bedenken an. Bei der Seenotrettung soll deshalb eine entsprechende Klarstellung im Aufenthaltsgesetz ergänzt werden – Verschärfungen des Schleusungsparagrafen gelten nur für den Landweg.

Zuletzt hatte sich sogar Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt in die Verhandlungen eingeschaltet. Weder die Fachpolitiker noch die Vize-Fraktionschefs hatten sich zuvor einigen können. Die Verhandlungen wurden teils als „äußerst zäh“ und „richtig scheiße“ beschrieben, weil immer neue Forderungen von verschiedenen Seiten auftauchten.

Die Einigung kommt für die Ampel-Koalition kurz vor Weihnachten zur richtigen Zeit. Zumindest ein Konflikt ist nun beigelegt. „Die Gesetze sind wesentliche Fortschrittsvorhaben der Ampel-Koalition und wir freuen uns sehr, hier zu einem geeinten Ergebnis gekommen zu sein“, sagte der Vize-Fraktionschef der SPD, Dirk Wiese. Menschen ohne Bleiberecht würden Deutschland in Zukunft schneller verlassen müssen, gleichzeitig könnten Millionen Menschen, die in Deutschland leben und arbeiten, nun schneller Deutsche werden, freute sich Wiese.

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