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Politik: Stolpe gewinnt in Karlsruhe: Stasi-Vorwurf ist verletzend

Karlsruhe - Der amtierender Bundesbauminister Manfred Stolpe (SPD) muss sich nicht mehr als jahrelanger Stasi-Mitarbeiter bezeichnen lassen. Das Bundesverfassungsgericht gab einer entsprechenden Verfassungsbeschwerde Stolpes statt (AZ: BvR 1696/98).

Karlsruhe - Der amtierender Bundesbauminister Manfred Stolpe (SPD) muss sich nicht mehr als jahrelanger Stasi-Mitarbeiter bezeichnen lassen. Das Bundesverfassungsgericht gab einer entsprechenden Verfassungsbeschwerde Stolpes statt (AZ: BvR 1696/98). Es hob ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) von 1998 auf, das den Stasi-Vorwurf als freie Meinungsäußerung gestattet hatte. Der Berliner CDU-Politiker Uwe Lehmann- Brauns hatte 1996 im ZDF gesagt, es sei „Tatsache, dass Herr Stolpe …, IM Sekretär, über 20 Jahre im Dienste des Staatssicherheitsdienstes tätig war“. Stolpe war in der DDR Konsistorialpräsident der Evangelischen Kirche. Er begrüßte das Urteil. Ein Sprecher erklärte: „Die Entscheidung ist eine späte Genugtuung.“

Stolpe hatte auf Unterlassung geklagt, wurde aber in letzter Instanz vom BGH in Karlsruhe abgewiesen, weil die Äußerung mehrdeutig sei. Im „Dienste der Staatssicherheit“ bedeute nicht zwangsläufig, eine Verpflichtungserklärung gegenüber der Stasi abgegeben zu haben. Tatsächlich war Stolpe bei der Stasi als IM geführt, eine Verpflichtungserklärung konnte jedoch nicht nachgewiesen werden. Kontakte wurden von Stolpe stets eingeräumt, um Freiräume für die oppositionelle Kirchenarbeit zu sichern.

Das BGH-Urteil verletze Stolpe in seinen Persönlichkeitsrechten, urteilten nun die Verfassungsrichter. Ein in die Zukunft gerichteter Unterlassungsantrag könne nicht allein wegen Mehrdeutigkeit der Äußerung abgelehnt werden. Denn der Äußernde habe die Möglichkeit, „sich eindeutiger auszudrücken“. Zwar dürfe man sich bei öffentlichen Behauptungen auf unwidersprochen gebliebene Zeitungsberichte stützen. Die Zusammenarbeit Stolpes mit der Stasi sei aber höchst umstritten gewesen. Wer sich bei solch ungesicherter Tatsachenlage eine „verletzende Sicht“ zu Eigen mache, müsse gleichzeitig zum Ausdruck bringen, dass der Sachverhalt nicht wirklich aufgeklärt sei.

Die Stasi-Unterlagenbehörde verwies darauf, dass sich das Urteil auf „eine Äußerung im politischen Meinungsstreit“ beziehe. Deshalb betreffe es das Handeln der Behörde nicht. Die Behörde habe 1992 in einem Gutachten festgestellt, IM „Sekretär“ sei über 20 Jahre hinweg „ein wichtiger IM im Bereich der evangelischen Kirche der DDR“ gewesen. Spätere Aktenfunde, zuletzt 2003, hätten diese Bewertung weiter untermauert. ukn/sc

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