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Sie bleiben bei ihrer Linie: Robert Habeck, Olaf Scholz und Christian Lindner.

© imago/photothek/Florian Gaertner

Steuert der Etatstreit auf einen Machtkampf zu?: Ampelspitze geht mit unverändertem Beschluss ins Kabinett

Details werden klarer – Zugeständnisse fehlen: Wie die Regierung 17 Milliarden Euro im Etat und gut 12 Milliarden Euro im Klimafonds einsparen soll.

Der Etatstreit in der Ampelkoalition geht in die nächste Runde. Er nimmt nun auch Züge eines innerkoalitionären Machtkampfes an – zwischen der Koalitionsspitze, dem Kabinett und den Fraktionen von SPD, Grünen und FDP im Bundestag.

Am späten Dienstagnachmittag verschickte das Bundespresseamt die Pressemitteilung 280/23. Sie hat – ungewöhnlich für solche Dokumente – acht Seiten Umfang. Die Überschrift lautet „Zum Haushalt 2024“. Der Inhalt ist die politische Einigung der „Großen Drei“ der Koalition vom vergangenen Mittwoch.

Was Kanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) in der langen Nachtsitzung abschließend vereinbart hatten, soll nach der Mitteilung von Regierungssprecher Steffen Hebestreit nun an diesem Mittwoch in den Details dem Kabinett „zur Kenntnis gegeben“ werden. Eine Abstimmung erfolgt demnach nicht.

Die Details der Vereinbarung werden dem Kabinett zur Kenntnis gegeben.

Steffen Hebestreit, Regierungssprecher

Mitgeteilt wird, dass Lindner dabei sei, die Verabredung „technisch umzusetzen und gemeinsam mit den betroffenen Bundesministerien die nötigen Formulierungshilfen für den Deutschen Bundestag zügig zu erarbeiten“.

Abstriche von dem, was Scholz, Habeck und Lindner vorige Woche skizziert hatten und was vor allem am Wochenende zu heftigen Debatten zwischen den Koalitionsparteien geführt hat, sind nicht zu erkennen. Auch liegt die Deckungslücke im Etat weiter bei den 17 Milliarden Euro, die in der Vorwoche genannt worden waren.

Die Abschaffung klimaschädlicher Subventionen ist nach wie vor ein Hauptbestandteil des Beschlusses. Das trifft vor allem die Landwirtschaft, mit der Abschaffung der Begünstigung in der Kraftfahrzeugsteuer und der Steuerbegünstigung beim Agrardiesel. Das bringt Mehreinnahmen für den Bundesetat in Höhe von 920 Millionen Euro. Am Montag hatte es deswegen eine Großdemonstration des Bauernverbandes in Berlin gegeben, auf der sich Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) noch von der Maßnahme distanziert hatte.

Ticketabgabe statt Kerosinsteuer

Dazu kommt, dass ab 2024 etwa 650 Millionen Euro jährlich an zusätzlichen Einnahmen über „Anpassungen“ bei der Luftverkehrsabgabe generiert werden sollen, wie aus dem Bundesfinanzministerium verlautete. Der Anfangseffekt scheint aber geringer zu sein – für den Bundesetat 2024 wird er in der Regierungsmitteilung nur auf 70 Millionen Euro beziffert. Mit der Erhöhung dieser Ticketsteuer ist eine Steuer auf Kerosin auch bei Inlandsflügen vom Tisch.

Über die Kürzungen bei Einzelmaßnahmen und Einsparungen in mehreren Ministerien kommen insgesamt etwa neun Milliarden Euro zusammen. Die Kreditfinanzierung des Hilfsfonds zur Deckung von Ausgaben wegen der Flutkatastrophe an der Ahr macht 2,7 Milliarden Euro aus.

Zwei Großmaßnahmen

Der Rest der Lücke im Etat 2024 soll durch zwei Großmaßnahmen gedeckt werden. Zum einen plant die Regierung, 3,2 Milliarden Euro aus Rücklagen zu verwenden, die in den Sondervermögen stecken, die nicht vom Karlsruher Schuldenbremsen-Urteil betroffen sind. Dabei handelt es sich offenbar um Mittel aus dem Digitalfonds und dem Ganztagsschulprogramm.  

Weitere 2,3 Milliarden Euro an Sparpotenzial mobilisiert die Regierung, indem sie die Planung bei den Zinsausgaben für 2024 absenkt (offenkundig in Erwartung eines deutlich niedrigeren Leitzinses der Europäischen Zentralbank im Jahresverlauf). Zudem kalkuliert sie nun mit Minderausgaben in Höhe von 400 Millionen Euro für Hilfsmaßnahmen bei den Energiepreisen im Wirtschaftsstabilisierungsfonds.

Das zusätzliche Loch im Klima- und Transformationsfonds in Höhe von 12,7 Milliarden Euro soll einerseits über eine Verringerung der Programmausgaben gestopft werden. Das Auslaufen der Kaufprämie für E-Autos gehört hier dazu. Zum anderen wird der CO₂-Preis zum 1. Januar erhöht.

Fazit: Was dem Kabinett zur Kenntnisnahme vorliegen wird und was dann im Januar den Regierungsfraktionen zugeleitet werden soll, folgt weitgehend dem Beschluss vor einer Woche. Scholz, Habeck und Lindner haben sich damit festgelegt.

Die Frage wird jetzt sein, wie weit einzelne Minister und die Fraktionsführungen nun noch Änderungen durchsetzen können. Immerhin laufen alle Wünsche nunmehr darauf hinaus, diese „Chefvorlage“ wieder aufzudröseln – mit der Folge, dass Zweifel an der Führungsrolle der „Big Three“ lauter werden dürften. Im Extremfall liefe dies auf eine Vertrauensfrage des Kanzlers im Parlament hinaus.

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