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Keine Maske, nirgends. Urlauber in einer Schlange am Flughafen Düsseldorf.

© Ina Fassbender, AFP

Steigende Corona-Inzidenzen zum Ferienbeginn: Keine Masken, keine Testpflicht – keine Kontrolle

Je mehr Menschen sich infizieren, desto weniger scheinen Angst vor Ansteckung zu haben. Im dritten Jahr der Pandemie heißt die Devise: Es reicht. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Malte Lehming

Wenn das Coronavirus sich etwas wünschen könnte, stünden drei Dinge ganz weit oben auf seiner Liste: Mobilität, Regellosigkeit, Leichtsinn. Pünktlich zum Ferienbeginn und unterstützt von der Festivalsaison wird dem Virus all das geliefert: Die Sommerwelle ist da. Es wird gereist, die meisten Vorschriften sind entfallen, der Rest wird nicht kontrolliert.

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Das wiederum heißt: Die Zahl der Neuinfektionen steigt rapide an, die Inzidenz liegt bei knapp 700, Experten schätzen, dass die tatsächliche Zahl der Infizierten mindestens doppelt so hoch ist, weil viele gar keinen PCR-Test mehr machen. Außerdem müssen bundesweit Kliniken geschlossen werden, weil das Personal krankheitsbedingt ausfällt.

Die offizielle Datenlage deckt sich mit der persönlichen Erfahrung. Um einen herum reiht sich eine Positiv-Meldung an die andere. Was, du auch? Gute Besserung! Trotzdem sind viele fest entschlossen, sich ihren Urlaub nicht vermiesen zu lassen. Reise und Hotel sind gebucht, der Pool wartet.

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Keine Impfnachweise, keine Masken, keine Testpflicht: Wer will da schon hohe Stornogebühren bezahlen, nur weil am siebten Tag der Infektion immer noch dieser zweite blöde Teststreifen zu sehen ist?

Das Virus kann erneut mutieren

Ähnlich ist es bei Konzerten und anderen Massenveranstaltungen. Je mehr Menschen sich infizieren, desto weniger scheinen noch Angst vor einer Ansteckung zu haben. Ein paar Tage Fieber, Hals- und Kopfschmerzen: Das geht vorbei, oder? Corona hat, gemessen an den Maßnahmen dagegen und dem eigenen Verhalten, offenbar seinen Schrecken verloren. Es dominiert der Wille, sich die Macht über die Lebensgestaltung zurückzuerobern. Im dritten Jahr der Pandemie heißt die Devise: Es reicht.

Doch ob es reicht, entscheidet in erster Linie das Virus. Es kann erneut mutieren, weiterhin hochansteckend sein, aber auch sehr schwere Krankheitsverläufe verursachen. Angesichts dieser Perspektive muss die Politik auf alles gefasst und auf alles vorbereitet sein. Wer vorab irgendwelche Maßnahmen – ob Lockdowns oder Schulschließungen – kategorisch ausschließt, handelt verantwortungslos. In den Zustand der Unwissenheit hinein sollte niemand zu wissen vorgeben, was nicht geht.

Der Schutz durch eine Impfung ist zeitlich begrenzt

Drei Entwicklungen bestimmen, wie hart im Notfall reagiert werden muss: die Zahl der Toten, der Intensivbettenbelegung und der Long-Covid-Patienten. Mag auch das Gros der Erkrankungen glimpflich verlaufen, so dürfen doch die extremen Verläufe und zum Teil gravierenden Langzeitfolgen nicht aus dem Blick geraten. Hingegen haben reine Inzidenzwerte und Impfquoten an Aussagekraft verloren.

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Auch Geboosterte können sich infizieren und andere anstecken. Der Schutz durch eine Impfung ist zeitlich begrenzt. Eine tagesaktuelle Testpflicht könnte künftig sinnvoller sein als ein Impfnachweis.

Spätestens im Herbst wird sich zeigen, ob die Gesellschaft durch die Dauer der Pandemie reifer geworden ist. Die Sensibilität gegenüber den sozialen Folgen drastischer Maßnahmen dürfte zugenommen haben. Kinder und Jugendliche voneinander zu isolieren, sollte allenfalls noch als allerletztes Mittel in Erwägung gezogen werden.

Andererseits mahnen die Informationen über das Post-Covid-Syndrom: Jede Infektion birgt erhebliche gesundheitliche Risiken. Das zu verdrängen, wäre fahrlässig.

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