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Bundestagswahl 2021: Anna Kassautzki (SPD) folgt auf Angela Merkel im Wahlkreis Vorpommern, Rügen, Greifswald.

© imago/Eibner

27-Jährige durchbricht 30 Jahre CDU-Dominanz: SPD-Politikerin Kassautzki wird „Merkel-Nachfolgerin“

Anna Kassautzki sorgt für eine Überraschung bei der Bundestagswahl. Die SPD-Politikerin gewinnt den ehemaligen Wahlkreis von Kanzlerin Merkel.

Von Thomas Sabin

Vorpommern, Rügen, Greifswald: Das ist Merkel-Land. Lange Zeit war das jedenfalls im Wahlkreis 15 der Status quo. Die scheidende Bundeskanzlerin beherrschte den Wahlkreis im Nordosten Mecklenburg-Vorpommerns, acht Mal wurde sie hier direkt in den Bundestag gewählt. Und seit 30 Jahren ist die Region durchgängig schwarz gefärbt – ein Wahlkreis, der CDU-dominiert war.

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Doch im Jahr 2021, seit dem 26. September, weht an der Ostseeküste ein anderer Wind. Vorpommern, Rügen, Greifswald: Das ist jetzt Kassautzki-Land. Die 27-jährige SPD-Politikerin Anna Kassautzki konnte ihren CDU-Kontrahenten Georg Günther bei der Bundestagswahl 2021 ausstechen.

„Es erfüllt mich mit Demut“, sagte sie dem Nachrichtenportal „watson“. Der Nachrichtenagentur dpa sagte sie: „Ich fühle mich unfassbar geehrt. Es war eine Teamleistung, die wir da gebracht haben.“ Den Wahlabend selbst empfand Kassautzki als „Krimi“.

Vor dem 26. September waren jedoch viele Augen zunächst auf Günther gerichtet. Er wurde zum „Merkel-Nachfolgen“ stilisiert. Der 33-Jährige war es, der den Wahlkreis für weitere Jahre schwarz färben sollte.

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Der Finanzamtsangestellte führte einen modernen Wahlkampf. Mit seinem virtuellen Wahlkreisbüro, dem Slogan „Überraschend anders“ und einem eigenen Logo, das er auf Jutebeutel, Einkaufsmarken und Feuerzeuge druckte, scheiterte er aber letztlich. Für Günther stimmten 20,4 Prozent. Kassautzki erlangte 25,1 Prozent der Erststimmen.

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Kassautzki, 1993 in Heidelberg geboren und in Leusel bei Alsfeld (Hessen) aufgewachsen, ist gelernte Staatswissenschaftlerin und absolvierte ihr Studium in Passau (Bayern). Das anschließende Masterstudium zog sie nach Greifswald.

Mit 13 Jahren ist sie nach eigenen Angaben das erste Mal politisch aktiv geworden und Mitglied der Antifaschistischen Bildungsinitiative e.V.. Auf ihrer Website berichtet sie von starken rechten Strukturen „bei uns auf dem Land, die ich nicht unwidersprochen gewähren lassen wollte.“

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Von 2010 bis 2012 war sie Vorsitzende des Kreisjugendparlaments des hessischen Vogelsbergkreises. Ihr seien schon damals politische Mitsprache und der Einsatz für Menschen auf dem Land wichtig gewesen, schreibt sie.

Frieden, Europa und Demokratie

Mit 19 trat Kassautzki in die SPD ein. Zuletzt arbeitete sie für den Landtagsabgeordneten Christian Pegel und ist Leiterin des Familienservice der Universität Greifswald. Aktuell ist sie Kreisvorsitzende der Jusos, der Parteijugend der SPD, in Vorpommern-Greifswald und beratendes Mitglied im SPD-Ortsverein Greifswald und SPD-Kreisvorstand, teilt sie auf ihrer Website mit.

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Für Kassautzki waren Frieden, Europa und Demokratie eine Selbstverständlichkeit, schreibt sie. Ein Gefühl der Sicherheit, wie sie es früher hatte, gebe es heute immer weniger. Dafür macht sie einige Probleme verantwortlich, die große Entscheidungen fordern: Anschläge rechter Gruppen, ein zerstrittenes Europa, Feinde der Demokratie im Parlament oder eine aufgeheizte gesellschaftliche Stimmung.

„Unser Planet steht vor dem Kollaps, die Digitalisierung unserer Arbeit und unseres Lebens schreitet immer weiter (scheinbar planlos) fort und das Gefälle zwischen Stadt und Land wächst immer weiter“, klagt Kassautzki an. Ungerechtigkeit mache sie wütend. Besonders die Schere zwischen Arm und Reich, die immer weiter auseinandergeht, treibt sie um.

Jetzt zieht sie in den Bundestag ein. Das Direktmandat sei nicht nur „ein großes Erbe, sondern es gehe auch um die Menschen im Wahlkreis“. Kassautzki wolle gute Politik machen, sagte sie „watson“. Ihr Motto ist klar: „Meckern alleine bringt uns nicht weiter.“

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