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Regierungssprecher Steffen Seibert bei der Bundespressekonferenz. Auch hier wird zuweilen nur "vertraulich" gesprochen. Die Kameras sind dann aus.

© Axel Schmidt/ddp

Exklusiv

Transparenz: SPD fordert mehr Rechte auf Regierungsinformationen für Journalisten

Im Bundestag mehren sich die Rufe nach einem Presse-Auskunftsgesetz. Die gezielte Weitergabe "vertraulicher" Informationen soll dagegen erschwert werden.

Die Arbeit von Regierung, Parlament und Behörden soll für die Öffentlichkeit transparenter werden. Nach Grünen und FDP dringt jetzt auch die SPD auf eine Neuregelung des Presse-Auskunftsrechts für den Bund. „Wir haben einen neuen Entwurf erarbeitet, der derzeit abgestimmt wird. Anschließend werden wir auf unseren Koalitionspartner zugehen“, sagte der Sprecher für Kultur und Medien der SPD-Fraktion Martin Rabanus dem Tagesspiegel. Damit wächst der Druck auf die Union, die sich dem Anliegen seit Jahren verweigert. Rabanus erwartet jetzt ein Entgegenkommen: „Wir haben uns in der Koalitionsvereinbarung auf eine entsprechende Stärkung der Auskunftsrechte verständigt.“

Bisher ist der Auskunftsanspruch von Journalistinnen und Journalisten nur in den Pressegesetzen der Länder geregelt. Das Bundesverwaltungsgericht hatte diese jedoch 2013 gegenüber Bundesbehörden für unanwendbar erklärt und ein eigenes Gesetz gefordert. Vorläufig könne nur ein „Minimalstandard“ an Informationen gewährleistet werden, hieß es, den die Medien aufgrund der in der Verfassung geschützten Pressefreiheit beanspruchen dürften. Seitdem verweigern Behörden wiederkehrend Informationen mit dem Argument, sie müssten nur einem „Minimalstandard“ gerecht werden.

Die Fraktion will den Gleichbehandlungsgrundsatz stärken

Wesentlicher Punkt des Vorhabens soll zudem eine Klarstellung zu sogenannten Hintergrundgesprächen sein, bei denen Behörden wie das Kanzleramt oder auch der Bundesnachrichtendienst mit ausgewählten Journalisten in einen vertraulichen Austausch treten – während andere ausgeschlossen bleiben. „Ich sehe hier durchaus Handlungsbedarf“, sagte Rabanus. Der Entwurf werde einen konkreten Regelungsvorschlag dazu enthalten, um den Gleichbehandlungsgrundsatz sicherzustellen.

Die Grünen hatten bereits vor einigen Wochen einen Entwurf vorgestellt, der noch nicht parlamentarisch beraten wurde. Am Donnerstag zog die FDP-Fraktion mit einem entsprechenden Entschließungsantrag nach. Wenn die SPD-Fraktion ihre Vorlage intern abgestimmt hat, will die Fraktion an den Koalitionspartner herantreten.

Der Deutsche Journalistenverband begrüßt den Vorstoß: Informationen seien „kein Gnadenakt von Beamten mit Ärmelschonern, sondern ein Bestandteil gelebter Pressefreiheit“, sagte der Bundesvorsitzende Frank Überall.

Gerichte boten bisher nur einen "Minimalstandard" an Auskunftsrechten

Mit dem Entwurf werden Behörden wie etwa Bundesministerien oder Kanzleramt zu Auskünften verpflichtet, wenn keine berechtigten schutzwürdigen Interessen entgegenstehen. In Betracht kommen hier sicherheitsempfindliche Bereiche, die etwa Polizei oder Verfassungsschutz betreffen, laufende Beratungen oder die Gefahr, durch öffentliche Auskünfte laufende Verfahren zu erschweren. Dies sind die typischen Verweigerungsgründe nach den Landespressegesetzen, denen ein künftiges Bundesgesetz voraussichtlich nachgebildet sein wird. Bisher war nach Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur ein „Minimalstandard“ an Informationen garantiert.

Dennoch bleibt Stoff für Diskussionen. So fordern Grüne und FDP zusätzlich ein Akteneinsichtsrecht für Journalisten. Diese sind sonst auf das für jedermann geltende Informationsfreiheitsgesetz (IFG) angewiesen. Schon das Verfahren von Antrag bis Bescheid kostet Monate, Klageverfahren dauern Jahre. Insgesamt wollen Grüne und FDP gerichtliche Recherchehilfen beschleunigen. Die Aktualität der Anfrage soll nach dem Willen der FDP genügen, um Eilverfahren zu ermöglichen. Die Grünen senken die Hürde noch weiter; ihnen zufolge soll die Presse bei allen Informationsbegehren einen Anspruch auf bevorzugte Verfahren erhalten. Rechtskräftige Beschlüsse sind dann in wenigen Monaten zu erwarten.

Der Bundesnachrichtendienst will komplett geheim bleiben

Noch ist die Linie im Umgang mit sogenannten Hintergrundgesprächen unklar, bei den bestimmte Pressevertreter Zugang zu vertraulichen Behördeninformationen erhalten. Ausgeprägt ist diese umstrittene Praxis bisher etwa beim Bundesamt für Verfassungsschutz oder beim Bundesnachrichtendienst (BND). Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) pflegt solche Kontakte, zuletzt in größerer Runde Anfang der Woche beim Deutschen Presseclub in Berlin. Der Tagesspiegel hat zu diesem Vorgehen mehrere Auskunftsklagen erhoben, über die bisher noch nicht entschieden ist. Das Bundesverwaltungsgericht stellte jedoch bereits vor einem Jahr in einem Eilverfahren fest, dass eine derartige „selektive Informationsvermittlung“ jedenfalls beim BND künftig transparenter werden muss.

SPD und Grüne sind sich hier einig und verlangen eine Gleichbehandlung aller Pressevertreter: „Die Praxis exklusiver Informationsweitergaben, ist damit nicht zu vereinbaren“, sagt Grünen-Medienexpertin Tabea Rößner. Der medienpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion Thomas Hacker betont ebenfalls, dass es eine „bewusst selektive Auswahl von Journalisten“ nicht geben dürfe. Im Einzelfall könnten vertrauliche Kontakte für recherchierende Journalisten aber nötig sein, „um dem investigativen und überwachenden Auftrag nachzukommen“.

Fraglich ist auch, ob Geheimdienste generell von Informationspflichten ausgenommen werden, wie es der BND in einem Rechtsstreit mit dem Tagesspiegel verlangt. In der Union gibt es Sympathie für die in der Regierung verbreitete Haltung, Presse-Auskunftsrechte generell auf das IFG-Niveau des IFG zurückzustutzen. Dort ist der Nachrichtendienst komplett von der Informationspflichten ausgenommen

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