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Eigene Farben: Die Katalanen kämpfen seit Jahren für einen unabhängigen Staat. Das Bild zeigt eine Demonstration in Barcelona.

© AFP

Katalonien: Spaniens Schotten

Je näher das schottische Unabhängigkeitsreferendum rückt, um so lauter wird auch im rebellischen Katalonien in Nordspanien für einen eigenen Staat getrommelt. „Jetzt ist die Stunde gekommen“, schallt es durch die Region, in der 7,5 Millionen Menschen wohnen. Am Donnerstag ist Großkampftag.

Am Donnerstag, dem katalanischen „Nationalfeiertag“, wollen die Katalanen mit einer riesigen Demonstration aller Welt zeigen, wie groß ihr Freiheitswille ist. Und damit klar machen, dass sie sich auch durch die Drohung der spanischen Regierung, die Volksabstimmung am 9. November zu verbieten, nicht einschüchtern lassen.
Schon vor dem großen Tag wehten katalanische Fahnen an vielen Balkonen und Fenstern in der regionalen Hauptstadt Barcelona. T-Shirts in den Regionalfarben und mit aufgedruckten Parolen wie „Unabhängigkeit“ wurden auf der Rambla, der berühmten Flaniermeile der Stadt, verkauft. Das wirtschaftsstarke Katalonien, das seine eigene Kultur und Sprache pflegt, rüstete sich schon seit Wochen für den großen Tag der „Diada“ am 11. September. Jenen Tag, an dem Hunderttausende den Unabhängigkeitswillen der Region bekräftigen wollen.
Mehr als 450.000 Menschen haben sich bei der Unabhängigkeitsplattform, der „Assemblea Nacional Catalana“ (Katalanische Nationalversammlung), für diesen Protesttag angemeldet. Sie wollen auf den beiden Hauptverkehrsadern Barcelonas, die im Zentrum V-förmig zusammenlaufen, ein riesiges Victory-Zeichen formieren. Parallel sollen vor den 947 Rathäusern der Mittelmeerregion, zu welcher auch die Urlaubsküste Costa Brava gehört, lautstarke Freiheitsrufe ertönen. Insgesamt werden mehr als eine Million Unabhängigkeitsbefürworter auf den Straßen erwartet.

Dieser „Katalonientag“, der von Jahr zu Jahr mit mehr Enthusiasmus begangen wird, erinnert an die verlorene Schlacht der katalanischen Truppen am 11. September 1714 gegen die königlichen spanischen Soldaten. Die Niederlage bedeutete das Ende der damaligen katalanischen Selbstverwaltung und die Eingliederung der Region in das spanische Königreich. Genau 300 Jahre ist dies her und deswegen soll der 11. September 2014 nun auch der „definitive“ Auftakt für den katalanischen Unabhängigkeitskampf im 21. Jahrhundert werden.
Dass die Schotten schon am 18. September über ihre Selbständigkeit abstimmen, passt dabei gut ins Konzept und soll dem katalanischen „Freiheitstag“ zusätzliche Aufmerksamkeit verschaffen. Der Countdown läuft inzwischen auch in Katalonien: Am 9. November wollen die Katalanen abstimmen. Auch wenn das katalanische Referendum im Gegensatz zum schottischen nicht rechtlich bindend sein soll. Mit der Abstimmung wolle man vielmehr „wissen, was die Leute denken“, sagte der katalanische Regierungschef Artur Mas, oberster Stratege der Unabhängigkeitsbewegung, um so die weitere politische Marschrichtung festlegen zu können.
Doch schon diese „konsultative Volksbefragung“ stößt auf harten Widerstand bei Spaniens konservativem Regierungschef Mariano Rajoy, der ankündigte, die Abstimmung „mit allen Mitteln“ zu verhindern. „Das Referendum ist illegal und wird nicht stattfinden.“ Rajoy kann sich dabei auf Spaniens Parlament stützen: Fast 90 Prozent der Abgeordneten hatten im Frühjahr den Antrag Kataloniens, die Bürger über die Unabhängigkeit befragen zu dürfen, abgeschmettert. Ohne Erlaubnis des spanischen Parlaments sind regionale Volksabstimmungen in Spanien nicht möglich.

Vor diesem Hintergrund hat eine politische Pokerpartie begonnen, bei der gerade Katalonien am Zug ist. Die katalanische Protest-Kraftprobe am 11. September dient dazu, den Druck auf Spaniens Regierung zu erhöhen. Diese wird bald mit ihrer stärksten Waffe zurückschlagen: Und zwar mit dem Verfassungsgericht, das Katalonien bereits das Recht absprach, einseitig einen eigenen Staat auszurufen. Die Verfassungshüter warten derzeit nur noch auf die offizielle Klage der spanischen Regierung, um dann vermutlich umgehend die katalanische Volksabstimmung zu verbieten. Doch mit diesem Schlagabtausch dürfte die poli<SB320,100,230>tische Schlacht nicht beendet sein. Kataloniens Chef-Separatist Artur Mas stimmte sein Volk bereits auf einen langen und hürdenreichen Weg ein: „Wir krümmen weder den Rücken, noch senken wir den Kopf“, vielmehr komme es jetzt darauf an, „seinen Mann zu stehen“.

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