zum Hauptinhalt
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) spricht auf der Sommer-Pressekonferenz im Haus der Bundespressekonferenz.

© dpa/Michael Kappeler

Scholz in der Sommer-Pressekonferenz: Kanzler hält AfD-Umfragehoch für kurzzeitiges Phänomen

In einer Zeit der Unzufriedenheit mit der Regierungsarbeit trat Kanzler Scholz vor die Hauptstadtpresse. Er äußerte sich zu aktuellen innen- und außenpolitischen Fragen.

| Update:

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich in Berlin den Fragen der Hauptstadtpresse gestellt. Bei der traditionellen Sommer-Pressekonferenz äußerte sich der Kanzler zu aktuellen innen- und außenpolitischen Fragen.

Angesprochen auf das derzeitige Umfragehoch der AfD, antwortete Scholz: „Ich habe mich mit rechtspopulistischen Parteien ja schon lange auseinandergesetzt.“ Scholz rät angesichts der aktuellen Umfragen zu „Gelassenheit“. Eine „Normalisierung“ rechten Gedankenguts sehe er nicht.

Der Kanzler sagte zu den hohen Umfragewerten der AfD: „Es liegt daran, dass sich eben doch nicht so viele Bürgerinnen und Bürger so sicher sind, wie die Zukunft sein wird – gar nicht jetzt, sondern in zehn, 20 und 30 Jahren.“ Deswegen sei das von der Bundesregierung auf den Weg gebrachte Modernisierungsprogramm mit Innovationen für die Volkswirtschaft wichtig, weil dies die Botschaft vermittele: „Es wird gut ausgehen für jeden einzelnen und für jede einzelne von uns.“

„Ich bin ganz zuversichtlich, dass die AfD bei der nächsten Bundestagswahl nicht viel anders abschneiden wird, als bei der letzten“, sagte Scholz weiter. Aktuell liegen sie bei rund 20 Prozent und damit auf dem zweiten Platz hinter der Union.

Opposition ist weniger optimistisch

Für diese Aussage bekam der Kanzler prompt Gegenwind aus der Opposition. „Den Optimismus des Kanzlers in allen Ehren“, sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU) dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Aber mit Blick auf das gegenwärtige Regierungshandeln befürchte ich, dass die Umfragewerte der AfD so schnell nicht sinken.“

Frei forderte den Kanzler auf, die Stimmung in der Bevölkerung ernst zu nehmen. „Um den Rechtspopulisten den Wind aus den Segeln zu nehmen, muss Scholz die Sorgen der Bürger ernst nehmen“, betonte Frei. „Zu Recht werden Antworten auf Inflation, Deindustrialisierung und das Chaos beim Heizungsgesetz erwartet. Schönrederei hilft da nicht weiter.“

Modernisierung in Deutschland

Bundeskanzler Olaf Scholz sieht die Bundesregierung auf Kurs bei der Modernisierung Deutschlands. Es sei Fahrt aufgenommen worden, sagte der SPD-Politiker. Es gehe darum, den menschengemachten Klimawandel aufzuhalten. Das Tempo bei Veränderungen sei erheblich beschleunigt worden.

Scholz verwies auf das Ziel der Bundesregierung, dass 80 Prozent des Stroms im Jahr 2030 aus erneuerbaren Energien kommen soll – derzeit liegt der Anteil nach Branchenangaben bei mehr als der Hälfte. Dazu werde das Stromnetz ausgebaut und das Ladenetz für E-Autos, so Scholz. Er nannte auch den geplanten Bau wasserstofffähiger Gaskraftwerke und den Aufbau eines Wasserstoffnetzes. Der Kanzler sagte weiter, Investitionen für die Zukunft fänden in Deutschland statt.

Die Sommer-Pressekonferenz zum Nachsehen:

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Zum angedachten Industriestrompreis, den Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) durchsetzen will, äußerte sich Scholz zurückhaltend. Die europäische Regulierung lasse nicht viel zu, sagt der Kanzler. „Aber gucken darf man ja mal.“ Ein Baustein von Hilfen für die Industrie könnten langfristige Abnahmeverträge mit den Herstellern erneuerbarer Energien sein. Außerdem müssten die Übertragungsnetze zügig ausgebaut werden.

Angesprochen auf die neue China-Strategie der Bundesregierung erwartet Scholz, dass deutsche Unternehmen auch weiterhin in der Volksrepublik investieren und dorthin exportieren. In einigen Bereichen, etwa bei Fragen der Sicherheit, werde die Regierung aber genauer hinschauen.

Haushalt „auf der richtigen Umlaufbahn“

„Wir sind beim Haushalt wieder auf der richtigen Umlaufbahn“, sagt der Kanzler zu den schwierigen Verhandlungen der Ampel-Regierung zum Etat für nächstes Jahr. Viele hätten nicht erwartet, dass Deutschland trotz einer schwierigen Sondersituation mit dem Krieg in der Ukraine die Schuldenbremse wieder einhalten könne. Das sei aber ein richtiger Schritt.

Die Mindestlohnkommission forderte Scholz auf, künftig wieder einstimmige Entscheidungen über die Anhebung des Mindestlohns zu treffen. Dies sei gute Tradition gewesen. „Ich setze darauf, dass dies wieder gelingt“, sagt Scholz dazu, dass die Arbeitgeber die Arbeitnehmer diesmal überstimmt hatten. Der Mindestlohn wird Anfang 2024 auf 12,41 Euro und Anfang 2025 auf 12,82 Euro steigen.

Bundesregierung will Nato-Ziel erreichen

Scholz sagt auf Dauer zu, mindestens zwei Prozent der Wirtschaftsleistung in die Verteidigung zu stecken. 2024 werde dies erstmals erreicht, mit Mitteln aus dem Haushalt und dem Sonderfonds zur Ertüchtigung der Bundeswehr. „Das wird auch so bleiben, wenn das Sondervermögen aufgebracht ist.“ Auch bei den Nato-Partnern werde dies in kurzer Zeit erreichbar sein.

Die Nato wird nach Angaben von Scholz trotz einer engeren Zusammenarbeit mit asiatischen Partner ein transatlantisches Bündnis bleiben. Man werde die Zusammenarbeit mit Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland aber weiter vertiefen, sagt er mit Blick auf die Debatte einer möglichen Nato-Erweiterung.

Weiter Unterstützung für die Ukraine

Scholz sagt der Ukraine zudem weitere finanzielle Unterstützung zu. Der Verteidigungsetat der Regierung in Kiew sei nach dem russischen Angriff jetzt in etwa so hoch wie der Gesamthaushalt vor dem Krieg. Das könne die Ukraine nicht alleine tragen.

Scholz habe derzeit keine konkreten Pläne für ein erneutes Telefonat mit Russlands Präsident Wladimir Putin. „Ich werde selbstverständlich auch mal wieder mit ihm reden“, sagt er. „Als Mensch, als Bürger, als Deutscher, als Europäer wünsche ich mir, dass die Ukraine Erfolg hat“, fügt er mit Blick auf die Verteidigung der Ukraine gegen den russischen Angriff hinzu.

Die USA haben Deutschland laut Kanzler vorab über die Lieferung der umstrittenen Streumunition an die Ukraine informiert. Dies sei eine souveräne Entscheidung anderer Staaten, die er nicht zu kommentieren habe. Deutschland habe die Konvention gegen Streumunition anders als die USA, Russland und die Ukraine unterzeichnet und werde diese Munition nicht beschaffen und einsetzen. Die US-Regierung habe die Lieferung auch damit begründet, dass es einen Mangel an anderer Munition für die Ukraine gebe.

Scholz lobt Kompromiss beim Heizungsgesetz – Kritik am Streit

Die Lage für Scholz vor der Sommer-Pressekonferenz ist nicht rosig für ihn: Umfragen zufolge ist eine deutliche Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger mit der Arbeit der Bundesregierung unzufrieden. Scholz' SPD kommt in den Erhebungen auf weniger als 20 Prozent und liegt hinter Union und AfD nur auf dem dritten Platz. Auch die Koalitionspartner Grüne und FDP schwächeln in den Umfragen.

Das öffentliche Bild der Ampel-Regierung ist häufig von Streit geprägt, zuletzt etwa über das Heizungsgesetz. Der Ampel-Kompromiss zum regierungsintern lange heftig umstrittenen Heizungsgesetz bringt Deutschland Scholz zufolge nach vorne. Es sei eine gute Lösung. Wichtig sei vor allem gewesen, Vorgaben zum Heizungsaustausch mit einer verbindlichen Wärmeplanung in den Kommunen zu verbinden.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Die Bürger sollten beim nächsten Heizungstausch Scholz zufolge künftige Preisentwicklungen mitdenken. Die Preise für Öl- und Gasheizungen würden wahrscheinlich steigen. Mit erneuerbaren Energien betriebene Heizungen dürften dagegen über die Zeit günstiger werden.

Die öffentlich ausgetragenen Streitigkeiten in der Ampel-Koalition kritisiert der Kanzler. „Es ist ja kein Geheimnis: dass da so laut diskutiert worden ist, gefällt weder mir noch irgendwem sonst.“

Vor Scholz hatte bereits Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) jährlich im Sommer im Saal mit der berühmten blauen Wand Rede und Antwort gestanden. Die Bundespressekonferenz ist ein Verein der Hauptstadtkorrespondenten in Berlin. Er veranstaltet Pressekonferenzen, bei denen die Befragten Gäste sind. Für Scholz ist es die zweite Sommer-Pressekonferenz seit seinem Amtsantritt als Kanzler.

Angesprochen auf die anstehende Sommerpause sagte Scholz: „Ich freue mich darauf, dass ich in Urlaub fahre. Aber es ist nicht so, dass, wenn es jetzt nicht möglich wäre, ich das nicht hinkriegte.“ Um den Ausschreitungen in deutschen Freibädern Herr zu werden, fordert er mehr Polizeipräsenz. Er selber sei zuletzt „im Freibad (...) in Rahlstedt-Großlohe“ schwimmen gewesen. „Das ist also über 40 Jahre her.“

Scholz will weiterhin „harten Ton“ gegenüber Störern anschlagen

Scholz will außerdem auch in Zukunft einen harten Ton gegenüber Menschen anschlagen, die seine Veranstaltungen stören. Bei manchen Redeauftritten erlebe er „unglaubliche Beleidigungen, auch gestisch, in einer Art und Weise, die man nicht nett finden muss“, sagte Scholz am Freitag bei seiner Sommer-Pressekonferenz in Berlin.

Der Kanzler berichtete von Leuten, die „hingehen, um eine Veranstaltung, wo ganz viele kommen um zuzuhören, sprengen wollen“. In einer solchen Situation „gibt es ja viele Wege, damit umzugehen - aber einer ist sofort zurückzulangen“, sagte Scholz. Dies behalte er sich ausdrücklich vor: Bei Störungen „warte ich gar nicht erst ab, sondern ich spreche das gleich direkt an“, sagte er.

Scholz bezog sich dabei auch auf einen öffentlichen Wutausbruch, mit dem er im vergangenen Monat auf Störer bei einem Redeauftritt in Brandenburg reagiert hatte. Der Kanzler beteuerte am Freitag, dass er nicht so kühl sei, wie er oft dargestellt werde. Vielmehr sei er durchaus „ein bisschen facettenreich“, sagte er - und verwies darauf, dass er seine politische Laufbahn „als Versammlungsredner begonnen hat und nicht so, wie Sie mich oft kennen“. (Tsp/AFP/epd/Reuters/dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false